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Gamescom 2023Verbandschef sieht Deutschland im internationalen Vergleich „mitten in einer Aufholjagd“

Lesezeit 4 Minuten
Messebesucher testen Spiele auf der Gamescom.

Treffpunkt der Gamer ab 23. August in Köln: die Gamescom

1200 Aussteller werden bei der Gamescom in Köln erwartet. Was sind die Trends? Und wie schaffen die deutschen Entwickler den Sprung an die Weltspitze?

Wo stehen die deutschen Spiele-Entwickler im internationalen Vergleich?

Wir sind mitten in einer Aufholjagd. Die Zahl der Beschäftigten ist seit 2020 um 19 Prozent gestiegen, die der Unternehmen sogar um 46 Prozent. Das starke Wachstum war möglich, weil es endlich eine Förderung für die Branche gab, die international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen sicherstellt. Wir haben aber noch Nachholbedarf. In Kanada etwa gibt es drei Mal so viele Spieleentwickler wie in Deutschland, dabei hat das Land nur halb so viele Einwohner. Da wurde die Zukunftsbranche Games schon vor über zehn Jahren unterstützt.

Gibt es etwas, was deutsche Spieleentwickler besonders gut können?

Unsere Stärke in Deutschland ist eine großartige Kombination aus Kreativität, Know-How und Technologie. Eine weitere Stärke ist auch die regionale Vielfalt. Es gibt mehrere große Produktionsstandorte: Berlin, Hamburg, NRW oder München sowie viel dazwischen. NRW sticht derzeit etwas heraus und hat aktuell Bayern als besten Games-Standort abgelöst.

Wir wollen als Games-Standort Deutschland ganz nach oben.

Wie weit ist der Weg zur Weltspitze?

Das ist noch ein Stück. Und wenn es nach uns aber auch nach der Games-Strategie der Bundesregierung geht, wollen wir als Games-Standort Deutschland ganz nach oben vordringen. Der Games-Markt ist zum Glück stark in Bewegung. Und noch längst sind nicht alle Felle verteilt. Da die Games-Branche immer wieder neue Technologien voranbringt, um daraus ganz neue Spiele-Erfahrungen zu machen, ergeben sich auch immer wieder neue Chancen vorne mitzuspielen.

Sie fordern eine stärkere Förderung, um aufholen zu können.

Ja, die Fördermittel müssen mit dem gewünschten Wachstum mitwachsen und dürfen nicht wie im aktuellen Haushaltsentwurf geplant im kommenden Jahr plötzlich auf 48,7 Millionen Euro sinken. Wenn die Zahl und Größe der Games-Projekte und -Unternehmen steigen sollen, muss auch das entsprechende Budget dafür hinterlegt sein. 125 Millionen Euro wären 2024 nötig. Und es sollte eine Kombination aus der bestehenden und einer steuerlichen Förderung geben.

Die Indie Area auf der Gamescom wird so groß sein wie nie.

Was schwebt ihnen da vor?

Im Unterschied zum derzeitigen Modell, bei dem die Fördertöpfe plötzlich leer sein können, schafft ein steuerliches Fördermodell wirklich planbare und verlässliche Rahmenbedingungen. Deshalb arbeiten die meisten wesentlichen Standorte weltweit genau damit, um die Branche nachhaltig zu stärken und anzusiedeln. Spieleproduktionen finden vor Ort statt. Siedelt sich ein Studio an, bleibt es dort für viele Jahre. Und 80 Prozent der Angestellten sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Durch das aktuelle Hin und Her bei der Förderung droht aber ein Kostennachteil im Vergleich zu anderen Standorten von 30 Prozent. Auf so einer volatilen Grundlage entscheidet sich kein großes Unternehmen nach Deutschland zu kommen. Darum brauchen wir eine Weiterentwicklung bei der Förderung: Der aktuelle Fonds in Kombination mit der steuerlichen Förderung schafft die Verlässlichkeit, die Deutschland braucht, um international wettbewerbsfähig zu sein.

Sie betonen, dass die Spielebranche auch anderen Branchen Impulse geben kann.

Künstliche Intelligenz nutzen und entwickeln wir in der Games-Branche schon seit Jahrzehnten. Technologien wie Virtual Reality, die maßgeblich durch Games mitgestaltet wurden, werden etwa bei der Aufzug-Wartung genutzt, so dass der Techniker beim Einsatz unterstützt und so auch die Wartungszeit reduziert werden kann. 3D-Simulationen helfen bei der Ausbildung in ICEs oder bei der Turbinen-Entwicklung. Um diese Verbindungen geht es auch beim Gamescom-Congress ebenso wie um die kulturelle Bedeutung und die Nutzung der Potenziale von Games in der Bildung.

Welche Highlights erwarten die Computerspieler?

In diesem Jahr kommen viele Spiele-Blockbuster auf den Markt – Spiele, auf die Gamerinnen und Gamer lange gewartet haben, weil aufgrund der Corona-Pandemie viele Entwicklungen verzögert wurden. Gleichzeitig ist unsere Indie Area so groß wie noch nie. Hier stellen unabhängige Entwicklerinnen und Entwickler, also Indie Studios, aus und hier können kreative und ungewöhnliche Spiele zuerst ausprobiert werden.


Die Messe

Über 1220 Austeller kommen zur Gamescom. Vertreten sind die Konsolen Nintendo und Microsoft Xbox, während Sony mit seiner Playstation fehlt. Die Videospiel-Unternehmen Bandai Namco, Giants, Bethesda oder Ubisoft sind vertreten und viele andere mehr. Unter anderem werden die Spiele Tekken, Cyberpunk 2077, Mortal Combat, Star Ocean oder Tactica präsentiert oder können ausprobiert werden. Vertreten sind auch die Streaming-Dienste Netflix, Amazon Proe oder Walt Disney. Einen Einblick gibt die Opening Night am Dienstag, die auch über Stream verfolgt werden kann.


Zur Person

Felix Falk, geboren 1979, ist seit dem 1. Februar 2018 Geschäftsführer des Verbands game. Zuvor war er in derselben Funktion bereits für den BIU tätig und setzte hierbei den Zusammenschluss der Verbände um. Von 2009 bis 2016 war er Geschäftsführer der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Als stellvertretender Vorsitzender der International Age Rating Coalition (IARC) entwickelte er unter anderem den globalen Kennzeichnungsstandard für Online-Spiele und Apps mit. (raz)