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„Fass ohne Boden“Soll die Opernsanierung in Köln gestoppt werden?

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Szene aus dem neuen Theaterstück „Grmpf“ des Kölner Schauspiels über das Desaster der Bühnensanierung.

Schleifchen drum, aber lange noch nicht fertig: eine Szene aus dem neuen Theaterstück „Grmpf“ des Kölner Schauspiels über das Desaster der Bühnensanierung.

Nach den jüngsten Hiobsbotschaften zur weiteren Verzögerung und Kostenexplosion bei der Sanierung der Kölner Bühnen mehren sich die Rufe nach einem Stopp des Projekts.

Es war ein Tag, an dem denkwürdige Sätze fielen. Zum Beispiel, dass die Baufirmen „seit dieser Woche“ wüssten, wie sie ihr Personal einsetzen sollen. Oder dass die Koordination auf der vor zwölf Jahren begonnenen Baustelle „überhaupt gar nicht mehr funktioniert habe“. Was Baudezernent Markus Greitemann und Projektleiter Jürgen Marc Volm am Dienstag im Betriebsausschuss Bühnen des Kölner Stadtrats über die Sanierung von Oper und Schauspielhaus am Offenbachplatz berichteten, ließ die anwesenden Kulturpolitiker mit einer Mischung aus Entsetzen, Fassungslosigkeit, Verärgerung und Ratlosigkeit zurück.

Jörg Kobel (Die Linke) sagte: „Ich habe jetzt drei Jahre lang die Märchenstunde bei Bernd Streitberger gehört und sollte alles glauben. Und ich weiß nicht, Herr Greitemann, warum ich Ihnen glauben soll. Wie soll ich glauben, was Sie sagen, wenn ich drei Jahre lang belogen wurde?“ Das Bühnendesaster zeige: „Die Verwaltung lässt sich nicht kontrollieren. Ich habe das Gefühl, diese Stadt wird zunehmend unregierbarer.“

Nach der Nachricht, dass die Baustelle nicht vor Ende 2025 fertig wird und die Sanierung, Stand jetzt, samt Finanzierung fast 1,5 Milliarden Euro kostet, ist das Vertrauen der Kölner Politik in die Verantwortlichen zutiefst erschüttert. Die Zweifel, ob die Baustelle überhaupt jemals fertiggestellt wird, wachsen. Die Rufe, das Projekt zu stoppen, mehren sich. Oder ist es Galgenhumor? Das Kölner Schauspiel hat das Bühnendesaster bereits in der neuen Revue „Grmpf“ künstlerisch verarbeitet.

Kölner Bühnen: Auch die CDU bringt Baustopp ins Spiel

Bereits 2017 hatte die Kölner SPD die Bühnensanierung als „Fass ohne Boden“ bezeichnet und betont, es dürfe „Kein blindes ‚Weiter so!‘“ geben. Man müsse Alternativen prüfen, etwa einen Neubau an anderer Stelle oder eine Ertüchtigung des Interims. Am Dienstag forderte SPD-Kulturexpertin Maria Helmis-Arend erneut, die Baustelle vorerst ruhend zu stellen und eine „Exit-Strategie“ zu entwickeln.

Anders als früher war sie mit dieser Forderung nicht allein. Neben Walter Wortmann (Die Fraktion) sprach sich jetzt auch CDU-Ratsherr Ralph Elster im Ausschuss dafür aus, die Opernsanierung notfalls zu beenden. Er sagte: „Wenn das Projekt noch mal 500 Millionen Euro kosten sollte“, dann müsse „der Stadtrat überlegen, zusammen mit dem Stadtvorstand, ob wir das Projekt stoppen. Das ist auf alle Fälle eine Option, die gedacht werden muss. Und die können wir nicht einfach vom Tisch wischen, indem wir jetzt einfach genauso weitermachen wie 2016, sondern da muss wirklich darüber nachgedacht werden, was das für Konsequenzen hat.“

Auf Nachfrage der Rundschau sagte Elster, die Projektleitung müsse der Politik noch in diesem Jahr verlässliche Informationen geben, wann die Bühnen fertig werden und wann sie eröffnet werden können. „Was überhaupt nicht geht ist, dass man jetzt einfach so weiter macht, um uns dann Mitte 2025 zu sagen, es dauert noch länger und kostet noch ein paar hundert Millionen mehr. Das ist nicht tragbar.“

Man sei jetzt praktisch am selben Punkt wie 2016 und höre dieselben Erklärungsversuche. „Damals wie heute wurde die Baustelle wegen mangelhafter Planung und Koordination vor die Wand gefahren.“ Genau wie damals habe die Stadt Unsummen ausgegeben für Leistungen ohne Wert, die wieder zurückgebaut werden müssen. Jetzt sei man acht Jahre weiter und wisse immer noch nicht wirklich, wann und zu welchem Preis die Sanierung abgeschlossen werden könne.

Baufirmen für Bühnendesaster in Regress nehmen?

Wie FDP-Ratsherr Lorenz Deutsch forderte auch Elster, die Stadt müsse Baufirmen für Mängel in Regress nehmen. Viele Probleme seien verursacht worden durch Projektsteuerer, die gar nicht vor Ort auf der Baustelle waren, sondern nach Papierlage Meldungen über den Baufortschritt abgegeben hätten. Sie gehörten aus dem Projekt entfernt. Die Baustelle koste jeden Monat Millionen, und manche Projektbeteiligte hätten offenbar kein Interesse daran, dass der Bau fertiggestellt werde.

Aber was würde aus dem denkmalgeschützten Opernhaus, wenn man die Sanierung tatsächlich stoppen würde? Dieses Problem lasse sich lösen, ist Elster überzeugt. Es sei möglicherweise das kleinere Übel. Doch Greitemann habe im Ausschuss ja gesagt, die Oper könne fertig gebaut werden. Nun müsse er liefern. Lorenz Deutsch sagte, es sei nicht richtig, dem Projekt jetzt aus einer Gefühlslage heraus den Stecker zu ziehen. Wenn klar sei, dass der Bau fertiggestellt werden könne, sei er nicht bereit, ein Projekt zu stoppen, in das die Stadt bereits 700 Millionen Euro investiert habe.