Das Desaster um die erneute Verzögerung und Kostenexplosion bei der Sanierung der Kölner Oper am Offenbachplatz beschäftigte am Dienstag den Betriebsausschuss Bühnen.
Politik in Köln will AntwortenDas sagen die neuen Chefsanierer zum Bühnendesaster
Im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die fast zwei Stunden dauerte, bezogen Kölns Baudezernent Markus Greitemann und Projektleiter Jürgen Marc Volm, beide seit 1. Juli verantwortlich, vor den Kulturpolitikern im Betriebsausschuss Bühnen Stellung. Wie berichtet, soll die Sanierung der Bühnen am Offenbachplatz, Stand jetzt, erst Ende 2025 abgeschlossen werden. Die Kosten steigen inklusive Finanzierung auf fast 1,5 Milliarden Euro.
Greitemann betonte: „Unsere Energie, unser Fokus und unsere Konzentration liegen auf der Fertigstellung der Bühnen. Und unser Engagement liegt darin, Lösungen zu erarbeiten auf der Baustelle, damit wir die Fertigstellung auch herbeiführen können.“
Man habe „größtes Verständnis für den Unmut und die Enttäuschung in der Stadtgesellschaft“, sagte der Baudezernent. Darüber, welche Fehler in der Vergangenheit unter dem früheren Technischen Betriebsleiter Bernd Streitberger gemacht wurden, wollte er sich nicht äußern. Wie man vor sechs Monaten auf die Idee gekommen sei zu sagen, dass die Baustelle in sechs Monaten fertig sei – das könne er nicht beantworten, so Greitemann. Man habe die Baustelle jetzt neu organisiert, und „seit dieser Woche“ wüssten die Baufirmen, wie sie ihr Personal einsetzen sollen.
Bühnendesaster in Köln: Kommunikation war „sehr schlecht“
Volm erinnerte daran, man habe „durch Einzelvergaben mehr als 40 Firmen auf der Baustelle, die alle koordiniert und gesteuert werden müssen“. Er sagte: „Wir haben immer wieder festgestellt, dass an etlichen Stellen Vorleistungen zurückgebaut werden mussten, weil Brandschutzvorschriften nicht eingehalten wurden, Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten wurden, Sachverständigenanzeigen, Mängelanzeigen von Sachverständigen nicht berücksichtigt wurden und einfach Bereiche zugemacht wurden, die dann hinterher wieder mühsam aufgemacht werden mussten.“
Die Kommunikation in dem Projekt sei „sehr schlecht“ gewesen, die Koordination habe „überhaupt gar nicht mehr funktioniert“, so Volm. „Wahnsinnig viel in diesem Projekt ist unterhalb der Oberfläche wie bei einem Eisberg gewesen. Wir haben nur die Spitze gesehen. Alles was drunter war, war dem Auge verborgen.“ In den letzten acht Wochen habe man versucht, „alles, was unter der Wasseroberfläche ist, sichtbar zu machen und nach oben zu befördern, damit wir mal wissen, was wir überhaupt abarbeiten müssen“.
Seit Montag treffe man sich jeden Morgen um 8 Uhr mit allen 50 Fachbauleitern, um die Arbeit der Firmen zu steuern, so Volm. „Und es läuft momentan ganz gut an, kann ich schon mal vermelden.“ In seiner Präsentation zeigte er Fotos des Besprechungsraums mit einer großen weißen Wand, auf der zahllose bunte „Post-it“-Klebezettel die noch zu erledigenden Aufgaben markieren.
Die Kulturpolitiker zeigten sich von den Ausführungen nicht überzeugt. Mehrfach kamen Vergleiche zum ersten katastrophalen Scheitern der Bühnensanierung im Jahr 2015 auf sowie die Frage, warum man jetzt noch glauben solle, dass es diesmal klappen werde. Brigitta von Bülow (Grüne) nannte die Entwicklung „unerträglich“. Sie sei erschüttert, wenn es von den Beigeordneten heiße, man wolle nicht mehr auf die Vergangenheit schauen. Denn das sei man den Kölnern schuldig, auch mit Blick auf die schwierige Haushaltslage. Man müsse „ernst nehmen, dass auf diese Weise die Kultureinrichtungen in Verruf geraten, die Politik in Verruf gerät und auch die Verwaltung“.
Politik erwägt, Bühnensanierung in Köln zu stoppen
Ralph Elster (CDU) sagte, Streitberger habe bis zum Schluss „diese Kuchendiagramme“ gezeigt, das habe „sehr professionell“ ausgesehen, aber natürlich sei „jedem im Ausschuss aufgefallen, dass da irgendwie nichts fertig geworden ist. Das war immer das Gleiche.“ Elster unterstrich: „Wenn das Projekt noch mal 500 Millionen Euro kosten sollte“, dann müsse „der Stadtrat überlegen, zusammen mit dem Stadtvorstand, ob wir das Projekt stoppen. Das ist auf alle Fälle eine Option, die gedacht werden muss. Und die können wir nicht einfach vom Tisch wischen, indem wir jetzt einfach genauso weitermachen wie 2016, sondern da muss wirklich darüber nachgedacht werden, was das für Konsequenzen hat.“
„Unsere Geduld wurde von den Verantwortlichen deutlich überstrapaziert“, sagte Maria Helmis-Arend (SPD). Ihre Fraktion habe das Vertrauen verloren, dass die Oper wirklich fertiggestellt werden könne. Wenn das nicht der Fall sei, müsse man die Baustelle jetzt stilllegen und ernsthaft Alternativen prüfen. Insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass es „eine extreme soziale Schieflage in vielen Bereichen unserer Stadt gebe“.
Lorenz Deutsch (FDP) nannte das Bühnendesaster „kafkaesk“. Man habe die Baustelle 2015 für vier, fünf Jahre ruhen lassen, um sich Zeit für eine vernünftige Planung zu nehmen, doch jetzt habe sich herausgestellt, dass diese Planung nicht funktioniere. Das sei „erschütternd“. Die Erläuterungen von Greitemann und Volm bezeichnete Deutsch als „Textbausteine“, wie man sie aus der Aufarbeitung der ersten gescheiterten Sanierung von 2015 kenne. Die Frage sei auch, ob die Stadt eigentlich Regressansprüche gegen die Baufirmen geltend mache.
Kölner Oper: Spielzeit 2025/26 wird komplett im Staatenhaus geplant
Kulturdezernent Stefan Charles sagte, man müsse dem neuen Team jetzt auch die Zeit geben, ihre Neuorganisation umzusetzen. „Heute den Stecker zu ziehen oder heute zu sagen, wir halten diese Baustelle an, finde ich, ist der falsche Zeitpunkt.“ Greitemann beteuerte, die Bühnen seien „baulich fertigstellbar“. Opernintendant Hein Mulders stärkte ihm den Rücken. „Mir ist klar, dass man jetzt in der Endphase ist. Ich habe vollstes Vertrauen.“ In den Jahren mit Streitberger habe er „wenig verstanden, um es mal mild auszudrücken, und überhaupt keine Einsicht bekommen“. Jetzt, mit Greitemann und Volm am Ruder, verstehe er „alles“.
Mit Blick auf den weiterhin unklaren Eröffnungstermin sagte Mulders, er werde die Opernspielzeit 2025/26 komplett im Staatenhaus planen. In der laufenden Saison müsse man wegen der Bauverzögerung einige Produktionen umstellen. Schauspielintendant Kay Voges appellierte an die Politik, im Haushalt die Kosten der Bühnensanierung vom Bühnenbetrieb zu trennen, damit die Kultur nicht unter dem Baudesaster leiden müsse. Auch Charles betonte, wenn zusätzliche Kosten auf der Baustelle entstehen, sollte das in der Zukunft nicht zulasten des Spielbetriebes oder der Kultur gehen.