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Erstmals Frauen im roten TalarDas sind die ersten Kölner Domschweizerinnen

Lesezeit 3 Minuten

Am Ziel ihrer Träume: Hedi Michels (v.l.), Andrea Petzenhauser, Susanne Rückes und Claudia Drolshagen. Die ersten Domschweizerinnen.

Köln – Sie war 15, als sie sich unsterblich verliebte. Damals traf sich die Bayerin Andrea Petzold mit Freundinnen in Köln. „Da war klar, hier ziehe ich hin“, sagt die heute 35-Jährige. Ihrer Mama wegen blieb sie vorerst noch in der weiß-blauen Heimat. Doch als die Mutter im vergangenen Jahr verstarb, hielt sie nichts mehr. Zu Weihnachten zog sie in das geliebte Köln. Und nun hat ihre Liebe die wohl höchste Weihe erfahren. Andrea Petzold steht mit drei weiteren Frauen im roten Talar im Dom. Blitzlichtgewitter. Erstmals in der Geschichte der Kathedrale gibt es Frauen im Gewand der Domschweizer. Erstmals gibt es Domschweizerinnen.

Kein leichter Weg

Dass der Weg zu diesem historischen Moment kein leichter war, will Dompropst Gerd Bachner nicht verschweigen. „Ich habe lange darauf hingearbeitet. Manchmal muss man reden, reden, reden...“ Zu guter Letzt haben seine Argumente verfangen. Das Domkapitel hat entschieden, eine Männerdomäne zu durchbrechen. Ob die Entscheidung einstimmig war, darüber herrscht traditionell Stillschweigen. Nach außen hin wird sie jedenfalls einmütig vertreten.

50 Bewerbungen hat das Domkapitel auf die Stellenausschreibungen bekommen. 40 waren von Frauen, zehn von Männern. Zwei Männer und vier Frauen wurden eingestellt. Doch in diesem Moment geht es nur um Hedi Michels, Claudia Drolshagen, Susanne Rückes und Andrea Petzenhauser. Es ist ein emotionaler Moment. Hedi Michels verschlägt es bei der Antwort auf die Frage, was das nun für ein Gefühl für sie sei, die Sprache. „Stolz. Ich bin so stolz, hier im Dom zu stehen. Ich bin glücklich ...“ Dann muss die 58-Jährige tief durchatmen, um Herr über ihre Tränen zu werden. Um dieses Glück wahr werden zu lassen, hat sie ihren Dienst als Krankenschwester am Vinzenz-Palotti-Hospital in Bergisch Gladbach reduziert. 24 Stunden im Monat zwackt sie für ihren neuen Dienst im Dom ab. Was sie mitbringen musste, um im Vorstellungsgespräch zu bestehen? „Mich selbst.“

„Toll seht ihr aus“

Susanne Rückes (52) war Sekretärin beim Caritasverband. „Ich wollte mich verändern. Weg vom Schreibtisch, hin zu den Menschen.“ Was ihr der Dom bedeutet? „Heimat.“ Claudia Drolshagen (55) blickt auf 25 Jahren als kaufmännische Angestellte zurück. Nun hat sie der Anziehung nachgegeben, die der Dom schon immer auf sie ausübtet: „Wenn die Domglocken läuten, ist das für mich ein Gänsehautmoment.“

Andrea Petzenhauser arbeitet 40 Stunden in der Woche als Wirtschaftsjuristin . Um sich den Traum von der Domschweizerin zu erfüllen, übernimmt sie vor allem die Frühschicht an Samstagen. „Wenn ich morgens um 5.45 Uhr die Sonne durch die Domfenster aufgehen sehe, dann relativiert sich alles.“ Geld nennt keine als Beweggrund. Dennoch wird der Job bezahlt. 13,67 Euro gibt es in der Stunde.

Und wie nehmen die Domschweizer ihre neuen Kolleginnen auf? Nach einem Fototermin vor dem Dom betreten die Frauen erstmals im Talar die Kathedrale. Am Westportal wird eine von ihnen von einem Kollegen umarmt: „Toll seht ihr aus.“

Maria 2.0, so nennt sich der Kirchenstreik , in dem sich zurzeit katholische Frauen auch in Köln befinden. Sie wollen Gleichberechtigung in der Kirche bis hin zu Weiheämtern. Bachner will das nicht mit den Domschweizerinnen vermischen: „Manches können wir am Dom entscheiden. Manches muss in Rom entschieden werden.“

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Wenn also die Domschweitzerinnen auch nicht der erste Schritt zu Frauen im Priesteramt sind, so sind sie auf jeden Fall ein weiterer Schritt zu einer neuen Willkommenskultur im Dom. Vor wenigen Wochen wurden Lautsprecherdurchsagen zur Mittagsandacht eingeführt, mit der alle Besucher zum Gebet geladen werden, nun die Frauen als „Visitenkarte des Doms“, wie Bachner sie nennt. Und noch viele Schritte werden folgen“, verspricht der Dompropst.