236 Tage lang gab es keine Fährverbindung zwischen Köln-Langel und Leverkusen-Hitdorf mehr. Am Montag wurde das neue Fährschiff „St. Michael“ feierlich in Betrieb genommen.
Erste offizielle FahrtNeue Fähre „St. Michael“ nimmt Betrieb im Kölner Norden auf
Ein leichtes Zittern geht durch den Rumpf der „St. Michael“, als Schiffsführer Tan Minh Nguyen (53) die drei Dieselmotoren der Fähre startet. Ihr leises Brummen kündigt den Moment an, auf den viele Menschen im Kölner Norden und in Leverkusen so lange gewartet haben. Um 14.28 Uhr setzt sich das Fährschiff langsam in Bewegung, verlässt den Anleger in Hitdorf, steuert hinaus auf den Fluss und rüber auf die andere Rheinseite in Langel.
Es ist das erste Mal seit der Havarie des alten Fährschiffs „Fritz Middelanis“ am 5. Dezember 2023, dass hier wieder Passagiere über den Rhein befördert werden. Für Autos ist an diesem Montag noch kein Platz auf der Fähre, denn an Deck herrscht Volksfeststimmung. Es gibt einen Imbiss und einen Getränkestand, der Männerchor Hitdorf gibt zu Akkordeonklängen ein Ständchen zum Besten. Zahllose Schaulustige bestaunen das Schiff, das schon 70 Jahre auf dem Buckel hat und seinem Vorgänger nicht von ungefähr sehr ähnlich sieht. Denn genau wie die mittlerweile schrottreife „Fritz Middelanis“, Baujahr 1962, entstand die 1954 gebaute „St. Michael“ auf der Clausen-Werft in Oberwinter.
„Das ist ein echter Freudentag für uns. Wie schön, dass wir wieder eine Fähre haben. Das bedeutet uns so viel. Wir sind ja schon als Kinder mit der Fähre gefahren“, freuen sich Heidi Schaufenberg (59) und ihr Mann Frank (64) aus Rheindorf. Hunderte Menschen haben sich am Fähranleger auf der Hitdorfer Seite versammelt, um das Spektakel der Jungfernfahrt mitzuerleben. Mit dabei ist auch Farbenproduzent Jens Werner (57). „Mit der Fähre zu fahren, ist Entschleunigung pur. Ich nutze sie sehr gerne und so oft wie möglich“, sagt er.
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Auch Margriet Frank (59) von der „Hitdorfer Fährgarde“ ist dabei, die im Karneval das Hitdorfer Dreigestirn begleitet. „Wir haben für den Erhalt der Fähre demonstriert, und es hat etwas genützt. Das ist heute ein Tag zum Feiern“, sagt sie. Ohne die Fähre zwischen Hitdorf und Langel habe etwas sehr Wichtiges gefehlt. „Und überhaupt: Wie hätten wir uns als Fährgarde denn nennen sollen, so ganz ohne Fähre?“, so Frank.
Unternehmer spendete 100.000 Euro für den Erhalt der Fähre
Zwischenzeitlich sah es so aus, als ob die Fährverbindung im Kölner Norden nach dem Aus für die „Fritz Middelanis“ dauerhaft eingestellt würde. Doch auf beiden Seiten des Rheins forderten viele Bürger den Erhalt der Auto- und Personenfähre, Hunderte demonstrierten dafür. Schließlich beschloss der Rat der Stadt Leverkusen den Kauf der gebrauchten Fähre „St. Michael“. Der andere 50-Prozent-Gesellschafter der Fährgesellschaft, die Kölner Stadtwerketochter Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK), erklärte sich bereit, die Hälfte des Kaufpreises zu übernehmen und die Betriebsverluste der Fähre bis Ende 2025 zur Hälfte zu tragen (wir berichteten).
„Die Havarie war für uns alle ein Schock“, betont Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) bei der feierlichen Einweihung des Fährschiffs. „Seit Jahrzehnten sind unsere benachbarten Städte Köln und Leverkusen durch die Fähre miteinander verbunden. Sie ist ein Herzstück unserer Nachbarschaft, ein Herzstück des Schiffsverkehrs auf dem Rhein.“ Es sei immer klar gewesen, dass die Fährverbindung schnellstmöglich wieder aufgenommen werden müsse. Möglich geworden sei dies auch durch das Engagement des Hitdorfer Unternehmers Heinz Brinkschulte (91), der für den Erhalt der Fähre 100.000 Euro spendete.
Gerührt nimmt Heinz Brinkschulte das Lob entgegen, ehe er sich an Bord der „St. Michael“ für seinen Einsatz zum Erhalt der Fähre in das Goldene Buch der Stadt Leverkusen eintragen darf, was die Menge mit einem spontanen „Hoch soll er leben“ quittiert. Vor ihm habe man zuletzt die Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit einem Eintrag geehrt, erläutert OB Uwe Richrath.
Vor der ersten Überfahrt nach Langel segnet der Leverkusener Stadtdechant Heinz-Peter Teller das Fährschiff mit Weihwasser und bittet um allzeit gute und sichere Fahrt. Der Zeremonie wohnen auch der Kölner Bürgermeister Ralph Elster (CDU) und Politiker aus dem Kölner Norden bei.
Es sei super, dass er seinen Arbeitsplatz wieder habe, freut sich Schiffsführer Tan Minh Nguyen, der seit 27 Jahren die Fähre Langel/Hitdorf steuert. Das neue Schiff laufe sehr zuverlässig. Heike Breuer (60) aus Langel und ihr Mann Heinz (75) sind ebenfalls begeistert. „Toll, dass die Fähre wieder da ist.“ Auch sie haben für ihren Erhalt demonstriert. Aufgefallen ist ihnen, dass der Rat der Stadt Leverkusen in der Angelegenheit viel schneller Nägel mit Köpfen gemacht habe. „Die Kölner haben ja lange gezögert.“
Kapazität und Preise
Die Fähre „St. Michael“ kann 250 Personen und 18 Pkw befördern. Sie transportiert Kraftfahrzeuge bis maximal 32 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, darunter Lkw, Busse und Landmaschinen. 2,00 Euro kostet die einfache Fahrt für Erwachsene. Kinder von 6 bis 14 Jahren zahlen 50 Cent. Mit dem Fahrrad oder E-Scooter kostet es für Erwachsene 3,00 Euro, für Kinder 1,50 Euro. Motorradfahrer zahlen 3,50 Euro.
Für Pkw bis 2,8 Tonnen werden 4,00 Euro pro Überfahrt fällig. Der Preis gilt inklusive des Fahrers, Mitfahrer zahlen extra. Für Lkw bis 7,5 Tonnen und Traktoren ohne Anhänger müssen 11 Euro gezahlt werden. Bei Kraftfahrzeugen bis 12 Tonnen sind es 17 Euro, über 12 Tonnen 27 Euro.
Wegen Personalmangels verkehrt die Fähre derzeit nach einem reduzierten Sonderfahrplan. In dieser Woche fährt sie täglich zwischen 6 und 14 Uhr mit noch eingeschränkter Taktung, am Wochenende voraussichtlich bis 17 Uhr. Ab dem 5. August wird die Taktung nach Angaben der Stadt Leverkusen schrittweise erhöht. Weitere Informationen zur Fähre finden Sie hier. (fu)