Fährverbindung im Kölner NordenSt. Michael soll neue Hitdorfer Fähre werden

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Der geschlossene Fähranleger in Leverkusen-Hitdorf

Seit sieben Monaten geschlossen: der Anleger der Fähre Langel/Hitdorf in Leverkusen-Hitdorf

Der Leverkusener Stadtrat beschließt den Kauf eines Schiffs vom Oberrhein. Die HGK will 2026 aus dem Fährbetrieb aussteigen.

Seit sieben Monaten gibt es keine Fährverbindung im Kölner Norden mehr, aber das soll sich bald ändern. Der Leverkusener Stadtrat hat am Montag einstimmig beschlossen, dass die Fährgesellschaft „Rheinfähre Köln-Langel/Hitdorf GmbH“ die 70 Jahre alte Auto- und Personenfähre „St. Michael“ kaufen soll. Die Gesellschaft gehört zur Hälfte der Stadt Leverkusen und der Häfen und Güterverkehr Köln (HGK).

Das 1954 gebaute Fährschiff „St. Michael“ soll Ersatz bieten für die „Fritz Middelanis“, die seit 1962 zwischen Langel und Hitdorf verkehrte und seit einer Havarie am 5. Dezember 2023 außer Betrieb ist. Sie liegt derzeit im Niehler Hafen, ist laut HGK irreparabel und wird voraussichtlich verschrottet.

Unternehmer spendete 100 000 Euro

Seit ihrem Ausfall hatten sich Bürger und Politiker in Leverkusen und im Kölner Norden immer wieder für den Erhalt der Fährverbindung eingesetzt. Der Hitdorfer Unternehmer Heinz Brinkschulte spendete sogar 100.000 Euro für die Fähre.

Angesichts der Eröffnung der neuen Leverkusener Autobahnbrücke im Januar hatte Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) zunächst eine kleinere, elektrisch betriebene Fähre für Fußgänger und Radfahrer ins Spiel gebracht. Doch als Bürger den Erhalt der Autofähre forderten, nahm er sich dieser Aufgabe an.

Vor zwei Wochen beschlossen die Gesellschafter der Fährgesellschaft, also die HGK und die Stadt Leverkusen, die Fährverbindung schnellstmöglich wieder aufzunehmen. Vorige Woche Mittwoch reiste der Fährgeschäftsführer Bernd Hibst gemeinsam mit einem Sachverständigen und einem Fährführer nach Oestrich-Winkel am Oberrhein bei Ingelheim, wo die Fähre „St. Michael“ zurzeit liegt.

Über den Zustand der Schiffs sagte Hibst am Montag in der Ratssitzung: „Der Eindruck war bei allen Beteiligten wirklich gut.“ Die Fähre verfüge über ein aktuelles Zertifikat der Schiffsuntersuchungskommission, sozusagen der „Tüv“ für Schiffe, und dürfe „noch vier Jahre so gefahren werden“. Der Gutachter habe wortwörtlich gesagt: „Diese Fähre passt aus meiner Sicht sehr gut zu Ihnen.“

Rheinfähre Köln: „Probebetrieb auf Mietbasis“

Am Schiff seien noch Kleinigkeiten zu erledigen, darüber werde nun ein Gutachten erstellt. Auch die Eignung des Schiffs für die Hitdorfer Fährstelle werde noch untersucht, so Hibst. Im Vorfeld hatte die Stadt Leverkusen erklärt, es müssten Anpassungen an den vorhandenen Rampen vorgenommen werden.

Bei der Besichtigung seien die Motoren fünf Stunden gelaufen und auch unter Last getestet worden, erläuterte Hibst. Die Fähre solle nun in einem „Probebetrieb auf Mietbasis“ unter Realbedingungen mit großen Traktoren und Autos an Bord erprobt werden. „Danach sollte hinreichend Klarheit bestehen, dass man in den Kaufvertrag eintreten kann“, so Hibst.

Die Autofähre St. Michael

Die Auto- und Personenfähre St. Michael soll als Rheinfähre im Kölner Norden eingesetzt werden.

Nach Angaben des derzeitigen Eigentümers, der „M+S Schifffahrt und Fähren GmbH“, hat die Fähre „St. Michael“ eine Tragkraft von 60 Tonnen, sie kann maximal 250 Personen und 18 Pkw befördern. Das Schiff ist 35 Meter lang und 12,25 Meter breit und verfügt über drei Propellerantriebe mit rund 360 PS. Obwohl älter als die „Fritz Middelanis“, soll es sich technisch in einem besseren Zustand befinden. Laut Michael Maul, Geschäftsführer der „M+S Schifffahrt und Fähren GmbH“, wurde die „St. Michael“  auf derselben Werft gebaut wie die „Fritz Middelanis“. Es war die heute nicht mehr existierende Clausen-Werft in Oberwinter, die sich nach dem Krieg auf den Bau von Autoschnellfähren spezialisiert hatte. Die beiden Schiffe seien baulich sehr ähnlich, so Maul. Die „St. Michael“ habe aber etwas andere Landeklappen, deshalb seien in Hitdorf geringe Anpassungen an den Rampen erforderlich.

Die neue Fähre soll schnellstmöglich nach Hitdorf geholt werden, doch nun gibt es ein neues Problem. Zwei der sechs Angestellten der Fährgesellschaft haben gekündigt – ein Fährführer und ein Kassierer. Der Verlust sei „schmerzlich“, sagte Hibst. Man werde den Fährbetrieb zunächst nur in reduzierter Form aufnehmen können, aber unverzüglich neues Personal ausschreiben.

HGK-Sprecher Christian Lorenz erklärte auf Anfrage: „Die HGK AG hat mit der Stadt Leverkusen vereinbart, zunächst in einem Testlauf zu prüfen, ob die Fähre St. Michael für den Betrieb zwischen Köln-Langel und Leverkusen-Hitdorf geeignet ist.“ Auch solle geklärt werden, ob für den Betrieb weitere Maßnahmen, etwa im Bereich der Anlegestellen, erforderlich seien.

In der Gesellschafterversammlung vor zwei Wochen hatte die HGK sich bereit erklärt, den Kauf der „St. Michael“ und die Betriebsverluste der Fähre in den Jahren 2024 bis 2025 zur Hälfte zu übernehmen. Dafür sicherte sie sich das Recht zu, ihre Anteile an der Fährgesellschaft 2026 zu einem symbolischen Preis an die Stadt Leverkusen zu übertragen und so aus dem defizitären Geschäft auszusteigen. Dazu sagte Lorenz: „Diese Absicht besteht, sofern ein wirtschaftlicher Betrieb auch in Zukunft nicht darstellbar ist. Dazu bedarf es aber der Abstimmung mit den zuständigen Gremien.“

Fraglich ist, ob die Stadt Leverkusen ab 2026 allein für die Verluste der Fähre aufkommen wird. Sie sollen zuletzt rund 300 000 Euro pro Jahr betragen haben, Tendenz steigend. OB Richrath sagte, für den Betrieb könne eine Genossenschaft eine Lösung sein. Er hoffe zudem auf eine Beteiligung der Stadt Köln an den Kosten. „Ich kann mir Hitdorf ohne Fähre nicht vorstellen.“

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