In Neuehrenfeld wird gefeiert: Zwei Straßen organisieren nacheinander Veranstaltungen zum 100-Jährigen. Im Viertel verändert sich viel.
Veranstaltungen im AugustNeuehrenfelder Viertel feiert 100-Jähriges – zur Geschichte des Barbaraviertels
„Reizende Vorgärten“ und ein „besonderer lieblicher Anblick“: Die Tondernstraße wurde schon kurz nach ihrer Fertigstellung gerühmt. Genau 100 Jahre ist das her. Sowohl in der Tondernstraße als auch in der parallel verlaufenden Apenrader Straße wird das Straßenjubiläum Anfang August gefeiert.
„Wir wollen das eher gemütlich gestalten für die Anwohner“, sagt Heribert Franke, der die Feier am Samstag, 5. August, in der Tondernstraße mit organisiert. Eine Woche später, Samstag, 12. August, haben die Menschen aus der Apenrader Straße Ähnliches vor. Hier treffen sich Anwohnerinnen und Anwohner ohnehin regelmäßig auf ihrem „mobilen Dorfplatz“, der im monatlichen Rhythmus seinen Standort innerhalb der Straße verändert. Neue Formen der Zusammenkunft probt man auch in der Kirche St. Barbara, deren Bau am Ansgarplatz vor 100 Jahren beschlossen wurde.
Erst in den 50er Jahren wurde Neuehrenfeld gegründet
Das ehemalige Lehmgruben- und Ziegelofengebiet bis zum Blücherpark wurde vorwiegend von der Ehrenfelder Arbeiter-Wohnungsgenossenschaft erschlossen. Hinzu kamen eine Sportanlage, eine Kirche und eine Schule. Noch bevor die ersten Familien einzogen, fand in den Straßennamen der ersten Häuserzeilen bereits hochaktuelle Geopolitik ihren Widerhall. Mitte 1920 hatte es im obersten Norden Deutschlands in mehreren Gemeinden nahe Flensburg Volksabstimmungen über die künftige Staatszugehörigkeit gegeben. Am Ende wollten die Menschen in Nordschleswig lieber zum Königreich Dänemark gehören. Für die Kölner Stadtverwaltung Anlass genug, die ehemals deutschen Städte im Straßenverzeichnis zu verewigen.
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Die Menschen, die in die Tondern-, Apenrader-, Hadersleber-, Rothenkruger-, Ballumer- und Gravensteiner Straße ihre neue Heimat finden sollten, plagten sehr wahrscheinlich andere Sorgen als der damals beklagte „Verlust“ von Ortschaften hoch oben im Norden. Um 1923 herrschte eine Inflation mit aberwitzigen Preisen. In Sachen Zugehörigkeit hat das Viertel seine eigenen Erfahrungen. Das Gebiet hieß eigentlich Kolonie Ossendorf. Kirchlicherseits gehörte es zur Gemeinde St. Peter, Ehrenfeld. Das zuständige Postamt war Bickendorf. Erst Mitte der 1950er Jahre wurde der Stadtteil Neuehrenfeld gebildet, zu dem es heute zählt.
Als Patronin für die katholische Kirche wurde die Heilige Barbara ausgewählt als Erinnerung an die Barbarakapelle in Ossendorf, die zwischen 1400 und 1849 an der Frohnhofstraße stand. Nach dem Kirchbauverein bildeten sich rasch weitere Vereinigungen, wie Mütterkreis, Chor oder Jugendgruppen, die bei der Einweihung Ende 1928 eine beeindruckende Prozession bildeten. In gerade mal zehn Monaten war der Sakralbau fertig geworden.
Das bis heute architektonisch ungewöhnliche Souterrain der Kirche war der Geländeform geschuldet. Das Baugebiet wies an vielen Stellen noch Gruben auf, die durch die Ziegelproduktion entstanden waren.
Heutige Barbarakirche soll umgestaltet werden
100 Jahre später gibt es neue Pläne für die kirchlichen Räume am Ansgarplatz – unten wie oben. Die Unterkirche ist als Standort für das Archiv des Erzbistums vorgesehen. Die dort untergebrachte Pfarrbücherei und der Pfarrsaal sollen Ersatz in der heutigen Kirche bekommen. Dort ist auch ein Gastronomiebereich mit Trödelladen, ein Veranstaltungsbereich für kulturelle Angebote, Besuchertoiletten und nicht zuletzt auch ein Raum für Gottesdienste vorgesehen.
Zu den treibenden Kräften gehört der Arbeitskreis Kulturkirche Ehrenfeld. Seit Anfang des Jahres hat er schon mit unterschiedlichsten Veranstaltungen, wie rein geselligen Treffs bei Bier und Grillwurst, karnevalistischen Abenden, Konzerten und einem Talkabend über Fußball die Kirche voll bekommen. „Wir fragen da gar nicht, ob jemand Kirchensteuer zahlt oder nicht“, betont Vorsitzender Andreas Pauly.
Vielmehr komme es darauf an, für die Menschen einen Ort der Begegnung zu schaffen. Dabei werde vieles erprobt, wodurch das Kulturprogramm recht bunt wirkt. Ein regelmäßiger Dämmerschoppen auf dem Kirchplatz soll am Donnerstag, 3. August, Premiere haben. Gefühlt ist es ein Auftakt zu den die 100-Jahrs-Feierlichkeiten im Viertel. Das aber ist reiner Zufall.