Tausende Kraniche ziehen derzeit auf ihrem Weg von Skandinavien nach Süden. Doch warum fliegen sie dabei direkt über die Großstadt Köln? Das hat Gründe.
Naturschauspiel am HimmelWieso Kraniche ausgerechnet über Köln fliegen
Ein ergreifendes Schauspiel hat viele Kölnerinnen und Kölner in den letzten Tagen Innehalten und Staunen lassen. Schwärme mit mehreren Zehntausend Kranichen flogen über Köln, in immer neuen Keilformationen, von ihrem Ziel wie magisch angezogen. Das liegt im Süden von Spanien und Portugal, und für einige auch in Nordafrika. Aufgebrochen sind die grazilen scheuen Vögel erst vor wenigen Tagen im Norden Skandinaviens.
Aber warum sind immer wieder neue Formationen der Zugvögel ausgerechnet am Himmel über Köln zu sehen? Hobby-Ornithologe Bastian Rixen vom Naturschutzbund (Nabu) Köln kennt den Grund. „Kraniche orientieren sich an Landmarken. Einer ihrer Orientierungspunkte ist der Kölner Dom. Ein anderer ist der Rhein.“ Und ebenso wichtig: Wenn die Kraniche über Köln fliegen, suchen sie auch nach Aufwinden, die es über Großstädten, die wärmer sind als ihre Umgebung, häufig gibt. Diese Aufwinde tragen sie mit geringerem Kraftaufwand in größere Höhen. Deshalb seien sie immer wieder auch für eine kurze Zeit über Autobahnen zu sehen, so Rixen.
Letzte Rast auf Rügen
Ihre letzte längere Rast haben die meisten Zugvögel, die jetzt über Köln zu sehen waren, im Gebiet der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern oder auf der Insel Rügen gemacht. „Dort ist das Nahrungsangebot sehr gut und die Tiere sind völlig ungestört“, sagt Rixen. Denn Kraft brauchen die Kraniche für ihre zehn- bis vierzehntägige Reise. Pro Tag fliegen sie bis zu 500 Kilometer und sind dabei 80 bis 90 Stundenkilometer schnell. „Sie fliegen auch bei Nieselregen, aber das kostet mehr Kraft als ein Flug bei klarem Wetter, ebenso wie sinkende Temperaturen während ihres Zugs“, so Rixen.
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Deshalb haben es die rund 400.000 Kraniche, die bisher nach Schätzungen des Nabu aus Skandinavien auf den großen Vogelzug gegangen sind auch eilig, anzukommen. Bei starkem Regen oder Sturm müssen sie am Boden bleiben. Oder sie kommen nicht weg aus ihren immer kälter werdenden Brutgebieten – so wie im Vorjahr, als sie erst Mitte November über Köln zu sehen waren. Das ist vor allem für die im Juni oder Juli geborenen Jungvögel sehr strapaziös, auch wenn sie die anstrengende und gefährliche Reise an der Seite ihrer Elternvögel im Familienverbund hinter sich bringen.
Hörbare Laute der Kraniche über Köln
Während des Flugs verständigen sich die Kraniche auch für die faszinierten Betrachter am Boden deutlich hörbar über Rufe – vor allem bei schlechtem Wetter und nachts. „Damit signalisieren sie den anderen Vögeln in der Keilformation, wo sie exakt sind und vermeiden Kollisionen und Verletzungen“, schildert Rixen.
Was von unten so mühelos aussieht, gelingt nur, wenn sich die Vögel regelmäßig an den sehr kräftezehrenden Spitzenpositionen abwechseln. Und: „Exakt in Formation zu fliegen, das schaffen nicht alle Vögel über Stunden gleich gut. Deshalb wird die optimale Keilformation manchmal unterbrochen, es bilden sich kleinere Fluggruppen heraus“, erklärt der Hobby-Ornithologe und Geograph. „Ein Grund dafür können aber auch Windverhältnisse sein, die sich ändern.“
Rast machen die Kraniche allerding erst jenseits der französischen Grenze, in möglichst dünn besiedelten Arealen – so etwa am vergangenen Wochenende am „Lac du Der“ in der Region Champagne-Ardenne mehr als 400 Kilometer westlich von Köln.
Anders als Störche, deren Zugdrang durch die ausbleibenden Winter deutlich abgenommen hat, so dass viel auch in ihrem Brutgebiet Deutschland überwintern, verlassen viele Gänsearten Skandinavien weiterhin im Winter. Zu sehen sind über Köln aber lediglich vereinzelte Schwärme von Graugänsen. „Alle anderen Arten haben ihr Winterquartier nördlich von Köln am Niederrhein“, sagt Bastian Rixen.
Symbol für Klugheit, Wachsamkeit und Glück
Noch ist der Zug der Kraniche nicht vorbei. Sie können vereinzelt auch im Dezember beobachtet werden. Eines gilt aber immer, wenn die Kraniche, die in vielen Kulturen ein Symbol für Klugheit, Wachsamkeit und Glück sind, in einem Schwarm niedergegangen sind, um Kraft zu schöpfen. „Man darf sie dann auf keinen Fall stören und sollte mehrere hundert Meter von ihnen entfernt bleiben“, bittet Bastian Rixen eindringlich. „Denn diese beeindruckenden Zugvögel brauchen ihre gesamte Kraft, um ihr Ziel im Süden auch wirklich zu erreichen.“
Mehr über den Flug der Kraniche und die Schutzprojekte des Nabu gibt es im Internet.