Köln – Nach dem Betonplattenunfall auf der A 3 bei Köln-Dellbrück, bei der eine 66-Jährige ums Leben gekommen war, stehen die Lärmschutzwände auf den NRW-Autobahnen unter ganz besonderer Beobachtung. Im November 2020 hatte sich dort eine tonnenschwere Platte aus einer Schallschutzmauer gelöst und die 66-Jährige in ihrem Auto erschlagen. Nun haben Experten bei einer Lärmschutz-Wand im Flughafen-Tunnel auf der A 44 bei Meerbusch „Unregelmäßigkeiten im Beton“ festgestellt. An diesem Wochenende soll bereits der Abschnitt in Fahrtrichtung Mönchengladbach absperrt werden – erste Vorarbeiten gab es bereits am Freitag.
Sonderprüfung nach tödlichem Unfall in Köln-Dellbrück
„Wir haben nach dem tragischen Vorfall in Köln eine Sonderprüfung auch in der Nordröhre des A 44-Tunnels durchgeführt und Schäden festgestellt“, sagte Rainer Nolte von der Rheinland-Niederlassung „Die Autobahn“. Ähnliche Prüfungen gebe es seit mehreren Wochen auf sieben Autobahnabschnitten in Nordrhein-Westfalen. Mängel seien beispielsweise an Lärmschutz-Elementen auf der A 44 bei Lank-Latum und auf der A 59 in Mercator-Tunnel in Duisburg festgestellt und die Bauteile entfernt worden. „Die Überprüfungen sind nun abgeschlossen“, sagte Nolte gegenüber der Rundschau.
Element mit „ähnlicher“ Machart wie auf A3
Zu dem fehlerhaften Lärmschutz-Element auf der A 44 sagte der Sprecher: „Erst nach dem genaueren Angucken kann man sagen, ob wirklich eine Gefahr bestanden hätte oder nicht“. Nach einer ersten Einschätzung handelte es sich bei dem Element um eine „ähnliche“ Machart wie bei dem tragischen Zwischenfall an der A3 in Köln. Um jegliches Risiko auszuschließen, werde das Bauteil nun entfernt. „Bei nur dem geringstem Verdacht handeln wir. Es ist ein sehr sensibles Thema“, ergänzte der Sprecher.
Das könnte Sie auch interessieren:
Dass dies ein sensibles Thema ist, zeigt auch die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft. Es ist noch immer nicht abzusehen, wann der Gutachter seine Expertise vorlegt. „Es ist ein komplexer Fall. Wir können kein Zeitpunkt für die abschließende Erstellung des Gutachtens nennen“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer der Rundschau. Es sei ähnlich komplex, wie ein medizinisches Gutachten – und dies dauern in der Regel lange.
Der Unfall in Köln
Massive Fehler der Baufirmen und des damals zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW waren dem Unfall in Köln-Dellbrück vorausgegangen. Mitarbeiter der Baufirmen hatten sieben Betonplatten mit selbst zusammengeschweißten, viel zu schwachen Halterungen montiert, weil der Platz für die eigentlich geplante Sicherung fehlte. An vielen anderen hatten sie das vorgeschriebene Halterungssystem eigenmächtig verändert. Straßen.NRW hatte die improvisierten Halterungen ohne statischen Nachweis abgenommen und auch nach einer ersten Hauptprüfung 2013, als sich die spätere Unglücksplatte bereits um fünf Zentimeter geneigt hatte, nicht reagiert. Eine weitere Hauptuntersuchung 2019 wurde ausgesetzt, weil zu dem Zeitpunkt bereits weitere 10000 Prüfungen von Bauwerken überfällig waren. Allein auf der A3 bei Köln müssen nun 200 Elemente neu gesichert werden. Auch an der A59 bei Duisburg gab es entsprechende Arbeiten.
Eigentlich sollte die Expertise Ende des Jahres 2020 vorliegen. Ein Grund für die Verzögerung: Es müssen noch umfangreiche zu den Akten genommene Dokumente überprüft werden. Dabei handelt es sich um „mehrere Dutzend Ordner“. Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt. Es stellte sich heraus, dass beim Einbau der abgestürzte Platte massive Fehler gemacht wurden.
Kein Ende ist auch bei der Sperrung von zwei Fahrspuren entlang der Schallschutzwand bei Köln-Dellbrück zu sehen. Vermutlich bis ins Frühjahr oder Sommer werden dort zusätzliche Halterungen angebracht, um ein mögliches Abstürzen zu verhindern.