Den Aufbruch wagenKnapp 300 Katholiken demonstrierten vor dem Dom in Köln
Lesezeit 3 Minuten
Köln – Die dunklen Wolken über dem Maternushaus hatten durchaus etwas Symbolträchtiges – oder wehte da ein frischer Wind? Über 200 Menschen nach Polizeischätzung, über 300 nach Veranstalterangaben, versammelten sich am Samstag an der Kardinal-Frings-Straße, um für eine Veränderung der katholischen Kirche zu demonstrieren. Gut möglich, dass die beiden vom Papst entsandten Visitatoren, die im angrenzenden Tagungszentrum logieren, von diesem „Aufbruch nach Köln“ etwas mitbekamen.
Den Impuls für die friedliche Demonstration hatte der Dormagener Pfarrer Klaus Koltermann gegeben. Als erster Geistlicher forderte er ungeachtet persönlicher Folgen den Rücktritt von Rainer Maria Kardinal Woelki. Dem Kölner Erzbischof wird vorgeworfen, bis heute keine moralische Verantwortung für den Missbrauch in der katholischen Kirche übernommen zu haben. Nach einem unter Verschluss gehaltenen Gutachten entlastete ihn eine veröffentlichte zweite Studie juristisch. Aber diese Art der Aufarbeitung genügte vielen Katholikinnen und Katholiken nicht, sie verlangen, dass Woelki moralische Verantwortung übernimmt.
Gemeinsame Demonstration mit „Maria 2.0“
„Ich muss nach Köln gehen“, dachte Pfarrer Koltermann nach einer Predigt über Zumutung und Aufbruch. Der Fußwallfahrt schlossen sich rund 60 Mitglieder seiner Gemeinde St. Pankratius Nievenheim an. Nach dem Fußmarsch sagte der Pfarrer, dies sei auch für ihn eine neue Glaubenserfahrung.
„Es geht auch darum, etwas von sich zu fordern, mitzumachen, um am Ende etwas zu bewirken. Am Kölner Börsenplatz trafen die Gläubigen unter anderem auf Mitglieder der Initiative Maria 2.0, sodass schließlich am Samstag eine große Pilgergruppe unter tosendem Applaus am Bischofssitz eintraf.
Marianne Arndt, Gemeindereferentin in Höhenberg/Vingst und Mitorganisatorin des Protestmarsches, begrüßte Gruppen, unter anderem aus Düsseldorf, Aachen, Bonn, Bergisch Gladbach, Wuppertal oder Neviges. Frauengemeinschaften hielten das Purpurkreuz der Reformbewegung hoch, andere zeigten die Regenbogenfahne als Zeichen der Forderung nach einer Kirche der Vielfalt.
Ein Hirte, kein Kirchenfunktionär
„Meine Kirche ist mir nicht egal. Veränderung. Gemeinsam. Jetzt!“ oder „Als Bischof wünsche ich mir einen Hirten, keinen Kirchenfunktionär“ stand auf den Plakaten. „Vertrauen verloren! Verantwortung übernehmen! Zurücktreten!“, bekundeten die Demonstranten.
Der versetzte Hochschulpfarrer Klaus Thranberend sprach zur Situation der Katholischen Hochschulgemeinde, die nach der Veröffentlichung eines liberalen Positionspapiers unter Druck geraten war.
Den Soundtrack zur Demonstration lieferten die geistliche Popband „Church Rocking“ und die Kölner Turmbläser mit Songs von „I’m gonna lay down my burden“ (Ich lege meine Last nieder), „Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde“ bis zu kölschen Lobgesängen auf den Zusammenhalt wie „Drink doch ene met“ und „En unserem Veedel“. Zum Abschluss wurde eine Menschenkette vom Edith-Stein-Denkmal bis zum Maternushaus gebildet. Oder wie Marianne Arndt sagte: „Eine Menschenbrücke nach Rom, denn wir brauchen den aufrichtigen, guten, wachen Geist der Entscheidungsträger, die jetzt zu uns gekommen sind.“