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„Gefälligkeitsgutachten“ zu Missbrauch?Strafrechtler Gercke weist Vorwürfe zurück

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Björn Gercke

Strafrechtler Björn Gercke

Köln – Ist das Kölner Missbrauchgutachten der Kanzlei Gercke Wollschläge mangelhaft, trägt es gar „viele Merkmale eines Gefälligkeitsgutachtens“? Der Kölner Strafrechtler Björn Gercke weist entsprechende Kritik des Mainzer Rechtsprofessors Jörg Scheinfeld und zweier weiterer Juristen scharf zurück.

Kern des Streits ist die „Geschäftsherrenhaftung“, nach der Manager unter bestimmten Bedingungen für Straftaten ihrer Mitarbeiter verantwortlich sind. Dies müsse auch im Raum der Kirchen gelten, argumentieren Scheinfeld, seine Mitarbeiterin Sarah Gade und sein früherer Mitarbeiter Christian Roßmüller in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“. Scheinfeld gehört dem Beirat des „Instituts für Weltanschauungrecht“ der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung an.

Strafrechtlich verantwortlich

Scheinfeld und seine Mitarbeiter meinen, ein Manager sei strafrechtlich verantwortlich, wenn er von Delikten seiner Mitarbeiter erfahre, nicht einschreite und neue Delikte geschähen. Laut Gercke sind die Kriterien des Bundesgerichtshofs (BGH) hierfür strenger – und das habe man ausführlich dargelegt. Es sei also „schlicht falsch“, wenn seiner Kanzlei vorgeworfen werde, sie habe die BGH-Rechtsprechung nicht oder nur selektiv berücksichtigt: „Kein ernst zu nehmender Jurist hat unser Gutachten deshalb in dieser Hinsichtlich bis heute kritisiert.“Gercke zitiert den BGH mit der Aussage, ein „Geschäftsherr“ könne nicht für eine „insgesamt straffreie Lebensführung seiner Mitarbeiter während der Arbeitszeitverantwortlich gemacht“ werden. Viele der beschuldigten Kleriker hätten ihre Übergriffe zudem bei Freizeitveranstaltungen oder privaten Treffen begangen – also nicht bei der Dienstausübung.

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Auch wenn Gercke keine „Geschäftsherrenhaftung“ erkannte, hat er 75 Pflichtverletzungen kirchlicher Amtsträger festgestellt. Er habe mehr solche Verstöße und auch mehr Verantwortliche benannt als die Arbeit der Münchner Kanzlei WSW, die von Scheinfeld und seinen Mitautoren gelobt wird, betonte Gercke zum Thema „Gefälligkeitsgutachten“. Prominente Würdenträger hätten daraufhin ihren Amtsverzicht angeboten – dies spreche wohl für sich.