Das Fanal Kalker TunnelSo will Köln Sanierungen künftig besser planen
Köln – „Wir liegen im Zeitplan. Die Substanz ist besser als wir dachten. “ Es war im September 2016, als auf der Baustelle des Kalker Tunnels diese Sätze fielen. Da war gerade die erste von vier Sanierungsphasen abgeschlossen. Und nur wenige Monate später musste der zuständige Amtsleiter der Kölner Stadtverwaltung, der die beiden Sätze damals mit dem Brustton der Überzeugung aussprach, erkennen, er lag daneben. So gewaltig, dass die im Jahr 2018 abgeschlossene Sanierung des Kalker Tunnels einen Wendepunkt markieren soll.
Ascan Egerer will Bausubstanz gründlicher untersuchen lassen
Was sich damals ereignete, soll sich nicht mehr wiederholen. Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer, seit vergangenem November im Amt, will fortan bei Sanierungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken gründlicher sondieren lassen.
Es ist ein beachtenswerter Sinneswandel, den Kölns Verkehrsdezernent erstmals in einer Verwaltungsvorlage zum Verlauf von Tunnelsanierungen in Köln andeutete und auf Nachfrage der Rundschau präzisiert: „Die Sanierungsmaßnahmen der Ingenieurbauwerke Tunnel Kalk und Mülheimer Brücke haben deutlich gezeigt, dass eine umfassendere Bestandsanalyse bereits im Zuge der Planungen erforderlich ist.“
Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe
- Wegen Rheindüker-Baustelle Bus-Umleitung der Linie 147 – Niehler Fahrgäste wollen Wartehäuschen
- Silvesterfoto im Schaugewächshaus Was Köln im Jahr 2025 alles blüht
- Sperrung in der Südstadt Herrenloser Koffer an KVB-Haltestelle legte Verkehr lahm - Entwarnung
- Entschärfer auf dem Weg Herrenloser Koffer an KVB-Haltestelle Schönhauser Straße
- Seit 1. Weihnachtstag verschwunden KVB-Mitarbeiter entdecken vermisste 70-jährige Kölnerin
- Rückblick 2024 So lief es bei den Kölner Verkehrs-Betrieben
- Arena, Flughafen, Parks Der Dom? „Völlig überbewertet“ - Kölner Orte und ihre Google-Bewertungen
Bisher hat die Stadtverwaltung bei größeren Sanierungen gerne von der „lernenden Baustelle“ gesprochen. Gerade bei älteren Bauwerken sei halt nicht immer absehbar, was sich hinter der Fassade verberge. Im Kalker Tunnel bemühte der Amtsleiter damals den Vergleich mit einer Wohnzimmersanierung. Wie es um die Wand stehe, sei erst ersichtlich, wenn die Tapete runterkomme. So auch bei der laufenden Sanierung der Mülheimer Brücke (siehe Infotext auf Seite 3). Von „einer Wundertüte“ sprach der Leiter der Projektgruppe Brückensanierung, Vjeran Buric.
Lückenhafte Sondierungen im Vorfeld
Dabei verwundert es nur, dass oftmals im Laufe der Arbeiten „unerwartete Probleme“ auftauchen, die eigentlich ins Auge hätten stechen müssen. Was den Zeitplan im Kalker Tunnel erstmals in Wanken brachte, waren schlecht verarbeitete Fugen, die offen zutage lagen. Bei der Mülheimer Brücke wurde im Laufe der Sanierung unter anderem entdeckt, dass die freiliegende Gleisanlage der KVB auf dem Bauwerk bis zum Zerfall verrostet ist. Weil so etwas eigentlich nur durchgehen kann, wenn sehr lückenhaft sondiert wurde, spricht Egerer in einer Vorlage für den Verkehrsausschuss nun von einem „deutlich höheren Mehraufwand“, der bei der Analyse erforderlich sei.
Der neue Verkehrsdezernent will offensichtlich nicht in die gleiche Not wie seine Vorgänger kommen. Von Baustelle zu Baustelle mussten die verkünden: Es dauert länger und wird teurer. Dann doch lieber Konsequenzen im Vorfeld. Natürlich würden sich die Kosten der Planung durch eine gründlichere Sondierung „etwas erhöhen“, sagt er. Zusätzliche Verkehrseinschränkungen seien im Zuge der aufwendigeren Bauwerksanalysen und Probeentnahmen nicht zu vermeiden. Dafür aber: „Bei einer umfassenderen Bestandsbetrachtung im Zuge der Planung werden die Baukosten und die Dauer der Baumaßnahmen zukünftig realistischer einschätzbar sein.“
Kommentar zum Tunnel in Kalk: Jetzt bitte auch pfeifen
von Ingo Schmitz
Endlich ist im Verkehrsdezernat angekommen, was Experten in Rundschau-Interviews schon mehrfach forderten: Bauwerke wie Brücken und Tunnel müssen bei der Sanierungsplanung viel gründlicher sondiert werden, als es bisher in in Köln noch Praxis ist. Damit sollte Schluss sein mit Ausreden wie: Alte Bauwerke sind wie Wundertüten.
Die Rechnung des neuen Verkehrsdezernenten Ascan Egerer dürfte aufgehen. Lieber im Vorfeld etwas mehr Geld in die Hand nehmen, als mit Baufirmen bei laufender Sanierung teure Mehrleistungen nachzuverhandeln. Besser von Anfang an sagen, die Baustelle wird vier Jahre Bestand haben, als Jahr für Jahr Verzögerungen einräumen müssen. Konsequent umgesetzt schont ein gründlicheres Sondieren also den Geldbeutel der Stadtverwaltung und die Nerven der Verkehrsteilnehmer.
Aber: Wer den Mund spitzt, muss auch pfeifen. Von nun muss sich jede Sanierung im Arbeitsbereich Egerers an seiner eigenen Vorgabe messen lassen. Verzögerungen und Verteuerungen bei Brücken und Tunneln fallen ihm fortan tonnenschwer auf die Füße.
Ihre Meinung an: koeln@kr-redaktion
Daten und Fakten zur Sanierung Kalker Tunnel & Mülheimer Brücke
540 Meter lang ist der Kalker Tunnel zwischen Zoobrücke und dem Autobahnkreuz Köln-Ost. Im Jahr 2014 war die Sanierung gestartet, sie sollte ursprünglich mal 20 Monate dauern. Daraus wurde nichts, es kam zu Verzögerungen wegen Problemen beim Bau, unter anderem bildeten sich Blasen im Spritzbeton. Mittlerweile ist die Sanierung fertig.
53,13 Millionen Euro betrugen am Ende die Kosten, ursprünglich waren mal rund 30 Millionen angesetzt. Die prognostizierten Sanierungskosten von 33,48 Millionen mussten um 19,65 Millionen nach oben korrigiert werden. Die Stadt hatte sich außergerichtlich mit dem Unternehmen geeinigt.
2018 begann die Stadt mit der Sanierung der 682,50 Meter langen Mülheimer Brücke, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden war. Auch hier gab es etliche Probleme, die Stadt fand immer mehr Probleme während der Sanierung.
187 Millionen Euro beträgt die aktuelle Kostenschätzung, die aber eigentlich schon überholt ist, die Veröffentlichung der nächsten Erhöhung steht seit Monaten bevor. Und statt einst 2022 gilt nun: Vor Ende 2025 ist die Sanierung nicht beendet. (mhe)