Corona-PandemieKommt das Aus für kostenlose Bürgertests in Köln?
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Köln – Die Corona-Fallzahlen steigen wieder leicht, genau wie die Zahl der Corona-Patienten in Kölner Krankenhäusern. In Portugal klettern die Zahlen durch die Omikron-Variante BA.5 rasant in die Höhe, Experten rechnen durch die Verbreitung der Variante auch hierzulande mit weiter steigenden Zahlen. Und nun läuft nach aktuellem Stand Ende Juni die Corona-Testverordnung des Bundes aus. Ändert sich daran nichts, bedeutet das: Kostenlose Bürgertests gibt es ab Juli nicht mehr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich zwar bereits für eine Verlängerung der Testverordnung ausgesprochen, eine Entscheidung steht aber noch aus. Was würde ein Wegfall der kostenlosen Tests bedeuten?
Welchen Standpunkt vertritt die Stadt?
Die Stadt sieht die kostenlosen Bürgertests weiterhin als „wichtigen Baustein“ in der Pandemiebekämpfung. „Deshalb plädiert das Gesundheitsamt dafür, einen Grundbestand an Testzentren, die auch eine PCR-Testung anbieten, über den 30. Juni hinaus zu finanzieren“, teilt eine Stadtsprecherin auf Anfrage mit. Das einzige städtische Testangebot der Stadt ist das Zentrum im Gesundheitsamt. Auch wenn kostenlose Bürgertests wegfielen, würde es geöffnet bleiben.
Labor: Omikron BA.5 breitet sich aus
30 Prozent der positiven PCR-Tests, die das Kölner Labor Dr. Wisplinghoff in der vergangenen Woche ausgewertet hat, fallen mittlerweile auf die Omikron-Variante BA.5 des Coronavirus’. Die Variante sorgt aktuell in Portugal für rasant steigende Fallzahlen.
492 Arztpraxen führen in Köln laut Stadt aktuell noch Corona-Tests durch. Somit entfallen gut 60 Prozent der aktiven Teststellen auf die Praxen. Dazu kommen 54 Apotheken und 285 private Testzentren. Die meisten Teststellen verzeichnete die Stadt mit 871 am 6. April. (sim)
Was erwarten die privaten Teststellen?
Martin von der Hocht, Geschäftsführer des Anbieters Coronapoint, hat noch Hoffnung, dass er auch ab Juli weiterhin kostenlose Bürgertests anbieten kann. „Nach dem letztjährigen Fehler wird das Thema sicherlich nochmals überdacht“, glaubt er. „Das Chaos aus dem November sollte uns eine Leere sein.“ Im Oktober 2021 hatte der Bund die kostenlosen Tests abgeschafft, gut einen Monat später kam der Rückzieher. Teststellen-Betreiber mussten erneut auf die Suche nach Personal gehen, um den Betrieb wieder hochzufahren. Noch einmal werde so etwas „nicht wirklich funktionieren“, sagt von der Holst. Die Testnachfrage steige schon wieder. Ein Trend, der wohl in Richtung Sommerferien anhalten werde. „Immer mehr Länder verlangen wieder Tests bei der Einreise“, sagt von der Hocht.
Auch Dr. Katharina Sprenger sieht das mögliche Ende der kostenlosen Bürgertests kritisch. „Wir werden den Anstieg der Infektionszahlen durch die hohe Dunkelziffer dann erst sehr spät bemerken“, sagt die medizinische Leiterin der Corona-Ambulanz Köln, nahe des Zülpicher Platz. „Fallen die Infizierten erst im Krankenhaus auf, ist es zu spät für eindämmende Maßnahmen.“ Zu Hochzeiten kamen pro Tag 500 Menschen zum Test, mittlerweile sind es 50 bis 90. Davon seien dann aber manchmal die Hälfte positiv. „Tests werden meiner Wahrnehmung nach im Moment fast nur durchgeführt, wenn die Menschen den Eindruck haben, krank zu sein oder mit Kranken Kontakt gehabt zu haben“, sagt Sprenger.
Was sagen die Apotheken?
„Ohne Bürgertests geht es nicht“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. „Wenn wir uns erst für den Herbst vorbereiten, sind wir zu spät. Wir müssen uns auf eine Sommerwelle vorbereiten.“ Mit dem Auftreten der Omikron-Variante BA.5 stiegen die Testzahlen in den Apotheken zuletzt wieder, genau wie die Positivraten. „Es ist keine Entwarnung angesagt, sondern das Gegenteil“, sagt Preis.
Beim Schutz der Bevölkerung sei die Eigenverantwortung zuletzt immer wichtiger geworden. Dazu gehöre auch das selbstständige Testen, sagt Preis. „Wir brauchen jetzt eine Planungssicherheit“, fordert Preis. Denn klar ist: Sollten Testkapazitäten Ende Juni heruntergefahren werden, ließen diese sich nicht so schnell wieder hochfahren. Denn dazu müssten die Apotheken erneut Mitarbeiter finden oder Flächen anmieten.
Wie geht es in den Arztpraxen weiter?
Auch das ist noch ungewiss. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) sieht noch viele Fragezeichen. „Wichtig wären aus Sicht der Praxen für die kommenden Wochen und mit Blick auf den Herbst klare und rechtzeitig durch den Bund vorab kommunizierte Maßgaben, sowohl für das Impf- als auch für das Testgeschehen“, sagt KV-Sprecher Christopher Schneider. Präventive Testangebote seien vor allem für besonders gefährdete Gruppen und auch für das Praxispersonal wichtig. Die KV ist sich aber auch bewusst, dass die Modifizierung der Teststrategie keine einfache Aufgabe ist. Denn dafür sei relevant, welche Virus-Variante im Herbst vorherrschen werde. Und das kann momentan niemand vorhersehen.