Die Regeln beim Schwarze-Peter-Spiel sind simpel: Wer die gleichnamige Karte als letztes in der Hand hält, hat verloren. Übertragen auf den Streit um den Ausbau des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln deutet vieles darauf hin, dass der Club den Schwarzen Peter in der Hand hält: Seine millionenschweren Pläne am Geißbockheim im Äußeren Grüngürtel kann er ziemlich sicher vergessen. Er hat zwar einen Beschluss des Stadtrates vom 18. Juni zur Änderung des Flächennutzungsplans und zum Bebauungsplan – aber keinen Pachtvertrag für die städtische Fläche und auch keine Aussicht darauf. Denn seit der Kommunalwahl am 13. September findet sich anders als im Juni im Stadtrat keine Mehrheit, Grüne und Co. dominieren dort nun und lehnen den Pachtvertrag ab.
Es geht um ein neues zweigeschossiges Nachwuchs-Leistungszentrum am Geißbockheim, drei neue Kunstrasenplätze und vier Kleinspielfelder auf den unbebauten Gleueler Wiesen. Seit 2014 läuft das Verfahren, der Club will rund 25 bis 30 Millionen Euro investieren.
Petelkau: „Das hat der FC als Projektträger versäumt“
Auch eine Woche nach Bekanntwerden des Fauxpas um die Pacht ist unklar: Wer hat nicht aufgepasst? Oder kam nur die Wahl dazwischen? Es wird rauer, zumal das vor der Gründung stehende Bündnis im Stadtrat aus Grünen, CDU und Volt faktisch einen Stopp in Sachen Ausbau beschlossen hat. Das Trio will keinem Pachtvertrag zustimmen. Um im Schwarze-Peter-Bild zu bleiben: Der FC hat aktuell ziemlich miese Karten.
Beispielsweise sagt CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau: „Bei anderen Projekten ist es üblich, dass zunächst die Grundstücksangelegenheiten geklärt werden und dann Baurecht geschaffen wird. Das hat der FC als Projektträger versäumt.“ Eine klare Schuldzuweisung. Petelkau verweist auf die 43 Stimmen von CDU, SPD und FDP im Rat, „wir wären auf die AfD (4 Sitze, Anmerkung der Redaktion) angewiesen und das machen wir nicht“. Im Juni vereinten die drei 57 Sitze auf sich.
Aber hat der Effzeh tatsächlich etwas versäumt? Hätte er darauf drängen müssen, dass der Stadtrat zwischen 18. Juni und 13. September über den Pachtvertrag abstimmt? Geschäftsführer Alexander Wehrle betont, nur die Verwaltung könne den Pachtvertrag in den Rat geben: „Deswegen bin ich schon irritiert, wenn ich lese, dass wir als Verein Fehler gemacht haben sollen.“ Der Club habe alle Forderungen der Verwaltung 1:1 umgesetzt. Und: „Wenn die Verwaltung gewollt hätte, dass wir einen Pachtvertrag bis zur Kommunalwahl abschließen, hätten wir das selbstverständlich unterstützt. Aber es wurde ausdrücklich gesagt: Bevor die Bezirksregierung nicht über den Flächennutzungsplan entschieden hat, sollte es keine Ratsabstimmung zum damals bereits vorliegenden und ausverhandelten Pachtvertrag geben. Darauf haben wir vertraut.“
Zu wenig Zeit für die Genehmigung
Das Problem: Nach dem Ratsbeschluss am 18. Juni musste die Stadt die Genehmigung bei der Bezirksregierung einholen, dort ging der Antrag aber erst am 17. August ein, also nur knapp vier Wochen vor der Kommunalwahl – zu wenig Zeit für eine Genehmigung sowie anschließend drei Kölner Polit-Gremien über den Pachtvertrag entscheiden zu lassen. Letztlich dauerte es viel länger, die Bezirksregierung genehmigte erst am 16. November, also zwei Monate nach der Wahl. Zu spät für den Pachtvertrag. Stadtsprecher Alexander Vogel sagt: „Aus Sicht der Verwaltung war es wichtig, die Entscheidung der Bezirksregierung abzuwarten.“
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Im gemeinsamen städtebaulichen Vertrag zwischen Stadt und FC über den Ausbau heißt es laut Verwaltung, dass der Pachtvertrag nach dem Satzungsbeschluss abgeschlossen werden soll. Das war im Juni. Doch in dem Passus ist kein konkreter Zeitpunkt genannt, sondern nur von „nach“ die Rede. Im Rathaus heißt es, der Club habe besser aufpassen müssen. Wehrle besteht auf den Ratsbeschluss, eine Alternative in Marsdorf im Westen lehnt er ab: „Das ist der völlig falsche Zeitpunkt, darüber öffentlich zu diskutieren.“
Trotz des fehlenden Pachtvertrages hat die Bürgerinitiative „Grüngürtel für Alle“ am Donnerstag Klage gegen den Bebauungsplan vor dem Oberverwaltungsgericht Münster eingereicht. Denn seit Mittwoch sind beide Pläne theoretisch wirksam – nur eben nutzlos ohne Pachtvertrag. Aber der kann laut des Sprechers der Initiative, Friedmund Skorzenski, theoretisch nachgeholt werden, etwa wenn CDU und Grüne mal kein Bündnis mehr bilden. Skorzenski sagt: „Wir wollen jetzt ein für alle mal die Wiesen für die nächsten hundert Jahre für alle Kölner sichern.“
Millionendefizit durch verringerte Stadionpacht des 1. FC Köln
1,5 Millionen Euro Zuschuss soll der Finanzausschuss der Stadt am Montag genehmigen, um die Liquidität der städtischen Sportstätten GmbH zu sichern. Dies ist die Folge der reduzierten Pachtzahlung des 1. FC Köln für die Nutzung des Rheinenergie-Stadions (wir berichteten). Weil der FC seit April nur ein Viertel der Summe überweist und das Veranstaltungsgeschäft durch die Corona-Pandemie brach liegt, benötigen die Sportstätten als Stadionbetreiber diesen außerplanmäßigen Zuschuss.
Im Haushalt wird per se ein Verlust der Sportstätten GmbH einkalkuliert. Dieses Jahr liegt der vorgesehene Verlustausgleich bei 4,3 Millionen Euro. Sollte der Finanzausschuss der Extrazahlung zustimmen, wäre diese Summe um 2,3 Millionen Euro überzogen worden. Weil es aber noch ein Finanzpolster aus dem Vorjahr gibt, liegt die sogenannte „Haushaltsermächtigung“ bei insgesamt 7,4 Millionen Euro, dieser Betrag ist noch nicht überschritten worden. Martin Schoser (CDU), Aufsichtsratschef der Sportstätten, hält die Lage deshalb noch „nicht für existenzbedrohend“. Denn im Falle eines Abstiegs des Clubs fiele die Stadionpacht deutlich geringer aus, auch das müsse die Stadt stets einkalkulieren. Allerdings pocht die Politik auf eine Einigung und rügt die geringe Pachtzahlung des Fußball-Bundesligisten.
Der 1. FC Köln hat die Sportstätten schriftlich am 12. Mai über die Schwierigkeiten bei der Pachtzahlung informiert. Seit Ende April laufen Gespräche. „Wir haben uns aber nur auf einen Modus geeinigt, es gibt noch keine Ergebnisse“, sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle der Rundschau. Sportstätten-Geschäftsführer Lutz Wingerath verweist auf „vereinbartes Stillschweigen“, solange die Gespräche laufen.
Eine Einigung zwischen dem FC und den Sportstätten ist bislang nicht in Sicht. „Wir wollen den FC unterstützen. Diese Hilfe muss aber beihilfekonform sein“, sagt CDU-Chef Bernd Petelkau, also wie viel Geld die Stadt ihrer Tochter geben darf ohne gegen EU-Recht zu verstoßen.
Auch die SPD hofft auf eine Verständigung, denn „ auch die Stadt hat mit den schweren Folgen ausbleibender Steuereinnahmen in diesen Zeiten zu kämpfen“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten und mahnt eine „zeitnahe Lösung“ an. Manfred Richter (Grüne) betont, an einer Eskalation habe niemand ein Interesse. „Wir sind langjährige und vertraute Partner“, sagt er, auch seine Partei sei an einer „einvernehmlichen Lösung“ interessiert. (tho/fu/mft/mhe)