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„Alltag ist bunter und schöner“Wie im Kölner Seniorenheim Ostern gefeiert wird

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Endlich wieder was los: Dr. Rosemarie B. und Karl U.  freuen sich ausgesprochen über ihren tierischen Besuch. 

Königspudel Barney hat das Herz von Dr. Rosemarie B. im Sturm erobert. Strahlend sitzt die 79-Jährige auf der Bank in der Grünanlage der Diakonie Michaelshoven, den stattlichen Hund mit den grauen Locken neben sich. Der ist ebenso wie die Eselchen Knut, Samu und Django mit Holger Peters „Tierzeit“ nach Sürth gekommen. Hier wurden die Vierbeiner von den Bewohnerinnen und Bewohnern „fast schon zu stürmisch begrüßt“, erzählt Peters schmunzelnd.

Über ein Jahr lang, seit dem ersten Lockdown im Frühjahr, durfte aufgrund der Pandemie außer dem Personal und den Angehörigen niemand auf das Gelände. Weder Peters „Tierzeit“ noch der nicht minder beliebte Tanzlehrer Dennis. Und auch nicht die 30 ehrenamtlichen Helfer, die Freizeitaktivitäten anbieten oder demenzkranke Menschen individuell betreuen. Seit kurzem sind bis auf drei alle 160 Bewohner der Senioreneinrichtungen Thomas-Müntzer- und Albert-Schweitzer-Haus geimpft. Ebenso wie 65 Prozent des Pflegepersonals.

„ Der Alltag ist wieder bunter und schöner“

„Endlich!“, freut sich Dina Mroczowski vom Sozialen Dienst der Einrichtung. „Jetzt ist wieder mehr erlaubt, drauf haben die Menschen hier lange gewartet. Der Alltag ist wieder bunter und schöner geworden.“ Denn für zahlreiche Bewohner ersetzen die Ehrenamtler sogar die Familie, sagt die engagierte 41-Jährige. „Manche haben keine Angehörigen. Oder es gibt keinen Kontakt mehr. Für sie war das lange Besuchsverbot ihrer ehrenamtlichen Bezugspersonen besonders schwer.“

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Glücklich ist auch Winfried Z. Als Angehöriger darf er seine Frau Helga zwar schon seit dem Sommer wieder besuchen, erinnert sich aber noch gut an Ostern im harten Lockdown. Vor einem Jahr konnte er wochenlang nicht mehr zu seiner an Demenz erkrankten Frau, ihr nur zuwinken, wenn sie auf den Balkon gebracht wurde. „Sie hat mich aus der Ferne nicht erkannt. Das war eine sehr harte Zeit“, sagt der 84-Jährige. Heute ist er wieder jeden Tag mehrere Stunden lang bei ihr; 60 Jahre sind die beiden verheiratet. Oft sind sie gemeinsam im Park. Da blühen gerade jede Menge Osterglocken. „Jetzt ist die schreckliche Zeit endlich vorbei, in der ich immer Angst hatte, meine Frau oder andere hier im Heim anzustecken“, sagt der ehemalige Offizier der Luftwaffe. Die Erleichterung sieht man ihm an.

Freude an gemeinsamen Aktionen

Die ist auch bei Lieselotte Stein, Gerti Henk und Anna Leitenberger deutlich spürbar. Die befreundeten Bewohnerinnen des Albert-Schweitzer-Hauses inspizieren gerade Osterkörbchen, die Studentinnen der Macromedia Hochschule gespendet haben. Und freuen sich, dass es ab sofort wieder gemeinsame Gartenaktionen gibt. Und dass die Friseurin ebenso wieder in die Zimmer kommen darf wie die kostenlose Kleiderkammer und das rollende Büdchen. Außerdem ist für Ostersonntag der Auftritt eines Musikers im Atrium geplant.

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Für gut befunden: Über  gespendeten Osterkörbchen freuen sich Lieselotte Stein, Gerdi Henk, D.  Mroczowski und Anna Leitenberger (v.l.).

Weil Gottesdienste noch nicht besucht werden können, zeichnet Pastorin Verena Miehe den Ostergottesdienst auf. Doch vorher steht noch das gemeinsame Eierfärben an. Auch das war im Vorjahr verboten. „Ich kann das zwar nicht mehr ohne Hilfe, aber egal. Ich komme auf jeden Fall“, versichert Anna Leitenberger (92).

Weniger Sorge nach der Impfung

Lieselotte Stein freut sich ganz besonders darüber, dass der Osterbesuch von Sohn und Enkelin nach erfolgter Impfung mit weniger Sorge verbunden ist. Die 97-Jährige hat lange als Buchbinderin für den Heinen-Verlag gearbeitet. Ihre tägliche Morgenlektüre ist die Kölnische Rundschau. „Auch, wenn ich in meinem Alter schonmal die Lupe zur Hilfe nehmen muss“, sagt sie lächelnd. Und falls das nicht mehr gehen sollte, gibt es immer noch die „Zeitungsrunde“, in der Ehrenamtliche aus Tageszeitungen vorlesen – auch sie soll bald wieder angeboten werden.

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Liebevoll kümmert sich Winfried Z. um seine an Demenz erkrankte Frau Helga. Jetzt sind beide geimpft, Nähe ist jetzt wieder  möglich.

Trotz der hohen Impfquote und der geringen Zahl an Corona-Erkrankungen bleibt man in den beiden Häusern vorsichtig. „Auf den Fluren sind weiter Masken Pflicht, Besucher dürfen nicht in die Gruppenräume“, so Sprecherin Melani Köruglu.

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Optimistische Zukunftspläne schmieden ist allerdings erlaubt. Denn ausgesprochen gerne erinnert sich Gerdi Henk an ihren letzten Ausflug vor dem Lockdown. „Da war ich mit Marcel, einem Pfleger, im Stadion. Mit dem Rollstuhl ganz vorne in der ersten Reihe“, schwärmt die 86-Jährige. Seit 1966 hält sie dem 1. FC Köln die Treue. Auch in den vielen schlechten Zeiten, das ist ihr wichtig. „Wenn Corona vorbei ist, will ich sofort noch mal auf die Tribüne. Bei einem Heimspiel vom FC!“