Berufstätige Eltern können „Kinderkrankentage“ einreichen, wenn ihr Kind krank ist. Eine neue Regelung macht das deutlich einfacher.
Höhe, Tage, GründeWas sich 2024 beim Kinderkrankengeld ändert – das müssen Eltern wissen
Magen-Darm, Mandelentzündung, Fieber, Corona, grippaler Infekt, RSV – das Karussell der Infektionskrankheiten dreht sich wieder und gerade Kleinkinder fahren gerne mal eine Extra-Runde mit. Der Galgenhumor ist an dieser Stelle übrigens Absicht. Denn kaum ein Elternteil erlebt zurzeit mal eine „normale“ Woche. Und wenn die Kleinen ausnahmsweise nicht krank sind, schnupft und hustet der Erzieher oder die Tagesmutter, die Kita hat eingeschränkte Öffnungszeiten oder das Personal streikt. Kleiner Lichtblick in diesen Tagen: Für eine Kinderkrankschreibung müssen Eltern immerhin nicht mehr extra in die Kinderarztpraxis gehen – das ist nun auch telefonisch möglich.
Dennoch: Der Berg an Arbeit indes wächst, Projekte müssen vor Jahresende abgeschlossen, Deadlines eingehalten werden. Doch welche Möglichkeiten haben berufstätige Eltern, wenn ihr Kind nicht betreut werden kann – entweder weil es selbst krank ist oder die Kita geschlossen hat? Und was ändert sich noch im kommenden Jahr?
Was, wenn das Kind krank ist?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, Eltern erkrankter Kinder freizustellen. Mancher Arbeitnehmende erhält dann auch den Lohn weiter. Die meisten jedoch reichen in solchen Fällen „Kinderkrankentage“ ein. Jeder Elternteil hat Anspruch auf 30 Kinderkrankentage, bei mehreren Kindern höchstens 65 Tage, Alleinerziehende auf 60 für ein Kind und 130 für mehrere Kinder. Die Tage wurden während Corona aufgestockt, ab 2024 werden sie aber wieder heruntergeschraubt – auf 15 pro Elternteil beziehungsweise 30 bei Alleinerziehenden. Aufgepasst: Die Regelung mit dem Kinderkrankengeld gilt nur für gesetzlich Versicherte. Ausschlaggebend ist nicht, wie der Elternteil versichert ist, sondern ob das Kind gesetzlich versichert ist.
Alles zum Thema Stiftung Warentest
- Stiftung Warentest Nur wenige Halsschmerzmittel überzeugen
- Stiftung Warentest Nassrasierer-Test – welcher ist hautschonend und preiswert?
- Top-Anlage oder Totalausfall? Was Anleger über Crowdinvesting in Immobilien wissen sollten
- Stiftung Warentest Diese Filterkaffees haben im Test überzeugt
- Stiftung Warentest Tiefgekühlte Salami-Pizzen – Gut im Geschmack aber Unmengen an Fett und Salz
- Stiftung Warentest bewertet Das sind die besten Mineralwasser mit Sprudel in Deutschland
- Buderus wird Testsieger Stiftung Warentest: Vier von fünf Wärmepumpen sind „gut“
Wieviel Kinderkrankengeld bekommt man?
Für Kinderkrankentage braucht man eine Bescheinigung von der Kinderarztpraxis. Diese wird noch nicht automatisch an die Krankenkasse übermittelt, sondern muss eingereicht werden. „Um Zeit zu sparen, macht man das am besten online oder über die Krankenkassen-App“, sagt Alisa Kostenow, Expertin für das Thema gesetzliche Krankenversicherung bei der Stiftung Warentest. Oder ganz klassisch per Post. An diesen Tagen erhält der oder die Arbeitnehmerin dann kein Geld vom Arbeitgeber, sondern von der gesetzlichen Krankenkasse – und zwar 90 Prozent des Nettolohns. Wer sich das ausrechnet und trotzdem verdutzt über die Summe ist, dem sei gesagt, dass die Berechnung dahinter kompliziert ist: „Davon werden noch Sozialversicherungsbeiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Teils werden aber auch Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld berücksichtigt“, erklärt Kostenow. Der Höchstsatz pro Tag liegt 2023 bei 116,38 Euro.
Wie bekomme ich diese Bescheinigung?
Eltern können die ärztliche Bescheinigung nun an auch telefonisch und ohne extra Praxisbesuch erhalten. Möglich sind Bescheinigungen zum Bezug von Kinderkrankengeld für maximal fünf Tage, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen nach einer Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mitgeteilt hatte. Bedingung ist demnach auch, dass das Kind dem Arzt oder der Ärztin bekannt ist und sie die telefonische Ausstellung als vertretbar ansehen.
Wie ist es im Homeoffice?
Wer die Möglichkeit auf Homeoffice hat, kann mit krankem Kind übrigens nicht von seinem Arbeitgeber dazu gedrängt werden, trotzdem zu arbeiten. „Man kann aber anbieten, ein bisschen zu arbeiten, zum Beispiel wenn das Kind gerade schläft“, sagt Alisa Kostenow. „Das ist anders, als wenn man selbst krank ist, denn dann darf man ja gar nicht arbeiten.“
Kann man die Tage aufteilen?
Beide Elternteile können sich die Betreuung natürlich aufteilen. Man kann den Kinderarzt bitten, für jeden Tag eine einzelne Bescheinigung auszustellen, sodass jeweils der- oder diejenige die Bescheinigung einreichen kann, der/die an dem Tag das Kind betreut. Nicht möglich ist jedoch, dass Vater und Mutter jeweils einen halben Tag arbeiten und für den restlichen halben Tag Kinderkrankengeld bekommen. Die Bescheinigung braucht man ab dem ersten Tag, an dem man wegen Krankheit des Kindes nicht arbeiten kann – was schnell in Stress für alle Beteiligten ausarten kann, wenn man morgens mit dem kranken Kind noch in die Arztpraxis hetzen muss. Deswegen hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Herbst angekündigt, dass Eltern ab 2024 erst ab dem vierten Krankheitstag des Kindes eine Bescheinigung vom Kinderarzt brauchen. „Mehr wissen wir dazu aber auch nicht“, sagt Christian Elspas, Pressesprecher bei der Techniker Krankenkasse in NRW. „Wie wir als Krankenkasse diese Regelung umsetzen sollen, ist noch völlig unklar.“ Denn: Die Krankenkasse braucht für ihre Zahlungsanweisung einen verlässlichen Beleg, dass das Kind krank ist – und die stellt eigentlich der Kinderarzt aus.
Welche Möglichkeiten haben Privatversicherte?
Komplizierter wird es bei Privatversicherten. Diese haben generell keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld. Unter Umständen gibt es aber spezielle Tarife mit Krankentagegeld für Kinder. Dazu sollte man sich individuell beraten lassen. Beamtinnen und Beamte, die ja teils privat und teils über die sogenannte Beihilfe versichert sind, erhalten ebenfalls kein Kinderkrankengeld. Sie haben aber die Möglichkeit, Kinderkrankentage in Anspruch zu nehmen, während derer die Besoldung weiter gewährt wird. Die Anzahl ist abhängig vom Bruttoeinkommen und liegt entweder bei vier oder zehn Tagen pro Kind.
Was tun, wenn die Eltern unterschiedlich versichert sind?
Richtig kompliziert wird es, wenn Kind und Elternteil unterschiedlich versichert sind. Ein Beispiel: Der Vater ist verbeamteter Lehrer und privat versichert, das Kind über den Vater ebenfalls privat versichert, die Mutter ist gesetzlich versichert. Wird das Kind krank und die Mutter möchte es betreuen, hat sie keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld – denn ihr Kind ist ja nicht gesetzlich versichert. „In dem Fall müsste sie dann mit dem Arbeitgeber sprechen, ob trotzdem eine Lohnfortzahlung möglich ist“, erläutert Alisa Kostenow von der Stiftung Warentest. Und im Zweifelsfall wird sich die Mutter wohl einfach selbst krankmelden.
Und wenn die Erzieherin krank ist?
Auch diesen Fall gibt es derzeit oft: Die Tagespflegeperson oder Erzieherin wird krank, in der Kita herrscht Personalmangel oder es wird gestreikt. Das Kind ist also endlich mal fit, bleibt aber trotzdem zu Hause. Wie stellt man dann die Betreuung sicher? Kinderkrankentage kann man dann nicht einsetzen – denn das Kind ist ja nicht krank. Zu Corona-Hochzeiten war das anders, sagt Alisa Kostenow, da konnte man die Tage bei pandemiebedingten Kita- oder Schulschließungen nehmen, das ist noch bis Ende 2023 möglich. „Bei Streik oder normaler Erkältungswelle in der Kita müssen die Eltern sich aber selbst kümmern“, so die Expertin. Also: Großeltern oder Freunde bitten aufzupassen, sich mit anderen Eltern aus der Kita zusammenschließen und abwechselnd die Kinder betreuen, Arbeit, wenn möglich, ins Wochenende oder den Abend auslagern – oder im Zweifelsfall einen Babysitter zahlen.
Was gilt im Falle eines Streiks?
Für den Fall eines Streiks ist die Lage ein wenig anders. Hier regelt Paragraf 275 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) es so: Gibt es gar keine andere Möglichkeit, als das Kind selbst zu betreuen (siehe oben), können Arbeitnehmende die Leistungspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verweigern. In diesem Fall müssen sie auch keine Angst vor Kündigung haben – sogar das Geld wird für eine gewisse Zeit weitergezahlt. Dieser Paragraf kann aber durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag ungültig sein. Dann ist wiederum eine individuelle Absprache mit dem Arbeitgeber nötig. Und im Zweifelsfall läuft es dann auf eine Situation hinaus, die viele Eltern aus Corona-Zeiten nur zu gut kennen: Arbeiten mit dem Laptop am Küchentisch – mit einem quengeligen und gelangweilten Kind als Kollegen. (mit dpa)