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Sechs Faktoren haben EinflussGleiches Brutto, anderes Netto – Warum der Lohn oft schwankt

Lesezeit 4 Minuten
Nanu, was ist denn mit dem Entgelt passiert? Der monatliche Auszahlbetrag des Arbeitgebers kann sich immer mal ändern - verschiedene Faktoren sind dafür ursächlich.

Nanu, was ist denn mit dem Entgelt passiert? Der monatliche Auszahlbetrag des Arbeitgebers kann sich immer mal ändern - verschiedene Faktoren sind dafür ursächlich.

Auch wenn es sich in der Regel nur um wenige Cents oder Euros dreht: Das monatliche Nettogehalt kann zuweilen schwanken. Nur warum ist das eigentlich so, wenn sich brutto gar nichts verändert?

Verändert sich der Betrag, den Ihnen Ihr Arbeitgeber überweist gelegentlich - und zwar, obwohl Sie keine variablen Gehaltsbestandteile haben und sich Ihr Bruttogehalt auch nicht verändert? Was auf den ersten Blick verwundern kann, hat auf den zweiten ganz plausible Gründe. Diese 6 Faktoren haben Monat für Monat Einfluss auf die Höhe Ihres Nettogehalts:

Faktor 1: Steuerlicher Grundfreibetrag

Ein großer Batzen, den Arbeitgeber für das Finanzamt vom Bruttogehalt abziehen, ist die Lohnsteuer. Allerdings gibt es für jeden Beschäftigten einen jährlichen Grundfreibetrag bei der Steuer. Lediglich Einkommen, das diese Grenze übersteigt, muss versteuert werden. Erst zum Jahreswechsel ist der Freibetrag von 11.784 Euro auf 12.096 Euro gestiegen. 

„Wenn sich der Grundfreibetrag erhöht, fällt bei Beschäftigten weniger Lohnsteuer an. Arbeitgeber berücksichtigen das und überweisen automatisch ein höheres Nettogehalt“, erklärt Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands Lohnsteuerhilfevereine (BVL).

Faktor 2: Steuerprogression

Zusammen mit dem Grundfreibetrag wurde der Steuertarif angepasst. Das hat den Vorteil, dass sich die Grenzen, ab wann ein höherer Steuersatz fällig wird, etwas verschoben haben, erklärt Isabell Pohlmann, Steuerexpertin bei der Stiftung Warentest. „Die Änderungen führen insgesamt dazu, dass für den gleichen Bruttoverdienst wie im Vorjahr nun etwas weniger Lohnsteuer fällig wird.“

Faktor 3: Sozialversicherungsbeiträge

Vom Gehaltszettel kennt jeder auch die Abzüge für verschiedene Sozialversicherungen: die Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenbeiträge und Arbeitslosenversicherung. Sobald sich deren Beitragssatz verändert, hat also auch das Auswirkungen auf die Höhe des Nettolohns.

So haben zum Januar viele gesetzliche Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag erhöht. Diesen dürfen die Krankenversicherer individuell festlegen. Die Spanne reicht von 1,84 bis 4,4 Prozent. „Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen unterscheiden sich deutlich. Wer zu einer günstigeren Kasse wechselt, spart - und sieht das gleich beim Nettolohn“, so Pohlmann.

Auch der Beitragssatz für die Pflegeversicherung ist um 0,2 Prozentpunkte gestiegen. Das dürfte den meisten auf ihrem Lohnzettel aber kaum auffallen. Einen größeren Effekt auf dessen Höhe hat dagegen die Geburt eines Kindes. Kinderlose teilen sich derzeit 4,2 Prozent an Pflegekassen-Beiträgen mit ihrem Arbeitgeber, Eltern mit einem Kind 3,6 Prozent. Wer mehr Kinder hat und für diese Kindergeld bezieht, zahlt einen noch niedrigeren Beitrag.

Faktor 4: Beitragsbemessungsgrenzen

Sozialversicherungsbeiträge werden immer nur bis zu einer gewissen Einkommensgrenze berechnet. Wer ein höheres Einkommen bezieht, muss irgendwann nicht noch höhere Beiträge entrichten. Allerdings werden diese sogenannten Beitragsbemessungsgrenzen regelmäßig angehoben. Im Januar stiegen sie für die Krankenkasse auf 5.5120,50 Euro pro Monat, für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung auf 8.050 Euro monatlich. 

Das kann sich auf das Nettoeinkommen von Gutverdienern auswirken. „Wer mit seinem Verdienst knapp über der alten Verdienstgrenze gelegen hat, kann durch die Erhöhung wieder darunter rutschen – und dadurch mehr Beiträge zahlen“, weiß Pohlmann.

Faktor 5: Steuerklassen

Es gibt sechs verschiedene Steuerklassen, die unterschiedlich hohe Lohnsteuerabzüge zur Folge haben. Wer die Steuerklasse wechselt, kann damit die Höhe des Nettolohns beeinflussen. Möglich ist das allerdings nur für Ehepaare und Alleinerziehende. 

Bei Letzteren wirkt sich ein Steuerklassenwechsel erheblich aus, sagt Steuerexperte Nöll. „Alleinerziehende können in die Steuerklasse II wechseln, wenn sie alleine mit ihrem Kind im Haushalt leben.“ Lebt im Haushalt keine weitere volljährige Person, erhalten Alleinerziehende einen Steuerfreibetrag, der die Lohnsteuer deutlich drückt. Der Entlastungsbetrag liegt 2025 bei 4.260 Euro im Jahr und erhöht sich für jedes weitere Kind um 240 Euro.

Ehepartner werden nach der Hochzeit vom Finanzamt automatisch in die Steuerklasse IV eingeordnet. Sie können jedoch auch IV mit Faktor beantragen oder die Steuerklassenkombination III und V. Dann wird die Lohnsteuerlast anders zwischen den Ehepartnern verteilt.

Besonders groß ist der Effekt, wenn die Partner deutlich unterschiedlich verdienen. „Der Besserverdienende spart in Steuerklasse III monatlich mehr Lohnsteuer als der Partner in Klasse V zusätzlich zahlen muss. Unterm Strich kommt netto so monatlich mehr raus“, sagt Nöll. Allerdings gibt er zu bedenken, dass in der Einkommensteuererklärung final abgerechnet wird. Insgesamt verändert sich die Steuerlast für das Paar nicht. Deshalb kann es zu Nachzahlungen kommen.

Faktor 6: Lohnsteuerfreibeträge

Arbeitnehmer können zusätzlich etwas tun, um ihr monatliches Netto zu erhöhen. Es gibt die Möglichkeit, vom Finanzamt zusätzliche Lohnsteuerfreibeträge eintragen zu lassen. Auch dann fällt weniger Lohnsteuer an, wodurch vom Gehalt jeden Monat mehr übrigbleibt. 

Möglich ist das für Kosten, die sich sowieso von der Steuer absetzen lassen, wie Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben. Nur dass Arbeitnehmer damit dann nicht bis zur Steuererklärung warten muss. „Sinnvoll kann das zum Beispiel für Personen sein, die weit zur Arbeit pendeln müssen und dadurch hohe Fahrtkosten haben“, so Nöll.

Die Hürde bei jobbedingten Ausgaben ist aber recht hoch. Denn die Werbungskostenpauschale in Höhe von 1.230 Euro wird jedem Arbeitnehmer sowieso gutgeschrieben. Die Grenze, ab der ein Freibetrag eingetragen werden kann, muss 600 Euro darüber liegen. 1.830 Euro an Kosten im Jahr müssen also zum Beispiel fürs Pendeln schon anfallen, wenn der Freibetrag allein mit dieser Ausgabe begründet wird. (dpa)