Die Rettungsarbeiten nach der massiven Umweltkatastrophe in Libyen laufen weiter. Die humanitäre Lage ist dramatisch.
20.000 Tote in Darna befürchtetDutzende Kinder nach Katastrophe in Libyen erkrankt – Sorge vor Cholera-Ausbruch
In Libyen sind nach den Überschwemmungen in der schwer betroffenen Stadt Darna laut Medienberichten mehrere Dutzend Kinder durch verschmutztes Wasser erkrankt. Das sagte der Leiter des Nationalen Zentrums für Krankheitsbekämpfung, Haider al-Sajih, der Nachrichtenseite „Al-Wasat“ am Freitag.
Die 55 Kinder stammten aus Familien, die durch die Fluten vertrieben wurden. In der Stadt habe sich Trinkwasser mit Abwasser gemischt. Die Lage in dem Katastrophengebiet blieb weiter unübersichtlich.
Am Freitag startete ein Flugzeug mit medizinischer Ausrüstung und Lebensmitteln aus der Hauptstadt Tripolis im Westen. Dem dortigen Gesundheitsministerium zufolge wurden auch Container mit Arzneimitteln in Richtung Osten geschickt. Libyen ist faktisch gespalten mit zwei verfeindeten Regierungen im Westen sowie im Osten des Landes.
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Katastrophe in Libyen: Retter suchen weiterhin nach den Opfern
Retter suchten weiterhin nach Opfern unter Trümmern, an der Küste und im Meer. Auch aus dem benachbarten Ägypten wurden Hilfsgüter auf dem Land- und Seeweg nach Libyen geschickt. Auf den Lastwagen stand in großer Aufschrift: „Vom ägyptischen Volk an das libysche Volk.“
Das Mitglied eines militärisch-medizinischen Konvois in Darna, Hischam al-Malti, beschrieb die allgemeine Lage unterdessen als katastrophal. Die Rettung sei durch die Ankunft internationaler Helfer zwar beschleunigt worden. Dennoch würden sich Leichen nach den bereits vergangenen Tagen seit den Überschwemmungen rasch zersetzen. Weil die Verstorbenen rasch beerdigt würden, werde die Identifizierung der Opfer vernachlässigt und es damit erschwert, auf eine abschließende und verlässliche Zahl der Todesopfer zu kommen.
Zur Zahl der Todesopfer gab es bis Freitag weiterhin widersprüchliche Angaben. Im schwer getroffenen Darna werden bis zu 20.000 Tote befürchtet. Rettungsteams stehen im Wettlauf gegen die Zeit und beim Versuch, Überlebende zu finden, auch vor gewaltigen logistischen Herausforderungen.
Der Sprecher der selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA), Ahmed al-Mismari, sprach von mächtigen Fluten, die Straßen und Brücken davongetragen hätten. Das Dorf Wardija sei komplett von der Landkarte verschwunden. „Wir haben keine Erfahrung mit Naturkatastrophen“, sagte Al-Mismari.
Die selbst ernannte LNA des mächtigen Generals Chalifa Haftar ist keine staatliche Armee, sondern eher ein informelles Netzwerk aus bewaffneten Gruppen. Diese kontrollieren den Osten Libyens, wo sie eine Art Polizeistaat errichtet haben, und verdienen etwa am Schmuggel von Migranten nach Europa mit. Haftar wird von Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt.
Nach den schweren Überschwemmungen wachsen auch Befürchtungen vor einem möglichen Ausbruch der Magen-Darm-Krankheit Cholera. Das Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes warnte laut der Zeitung „Arab News“ vor einer Infektion mit den gefährlichen Bakterien. In der schwer betroffenen Küstenstadt Darna im Osten Libyens sei Grundwasser durch Leichen, Tierkadaver, Müll und chemische Substanzen verschmutzt worden, hieß es. „Wir bitten die Menschen dringend, sich den Brunnen in Darna nicht zu nähern“, wurde Gesundheitsminister Ibrahim Al-Arabi zitiert.
Das Bürgerkriegsland ist faktisch gespalten, neben der Regierung in Tripolis gibt es eine zweite im Osten des Landes. Die beiden Lager sind verfeindet und geben teils widersprüchliche Informationen zur Katastrophenlage in dem nordafrikanischen Staat heraus.
Vorrang bei den Hilfseinsätzen in Libyen hätten jetzt „Unterkünfte, Nahrung und wichtige medizinische Grundversorgung wegen der Sorge vor Cholera und der Sorge um den Mangel an sauberem Wasser“, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths in Genf. Laut Medienberichten sind bereits Dutzende Kinder in Darna durch verschmutztes Wasser erkrankt. „Wir versuchen, eine zweite Katastrophe dort zu vermeiden. Es ist von entscheidender Bedeutung, eine Gesundheitskrise zu verhindern, Unterkünfte, sauberes Wasser und Nahrungsmittel bereitzustellen“, sagte Jens Laerke, ein Sprecher des Büros der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe, dem Sender BBC. (dpa)