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Staatsschutz ermitteltHürther SPD-Fraktionschef geht auf AfD-Ratsherrn in der Kneipe los

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt eine Archivaufnahme der Gaststätte Adlerhof von außen.

In der Gaststätte Adlerhof kam es am frühen Samstagmorgen zur Schlägerei. (Archivbild)

Die AfD verbreitete im Internet ein Überwachungsvideo, das die handgreifliche Auseinandersetzung am frühen Samstagmorgen zeigt.

Nach einer Schlägerei in der Gaststätte „Adlerhof“ in Alt-Hürth in der Nacht zu Samstag (21. Dezember) hat der Staatsschutz der Polizei Köln Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen. Zu den Beteiligten zählten der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion Lukas Gottschalk und der AfD-Stadtverordnete Norbert Raatz.

Die AfD verbreitete im Internet ein Video aus einer Überwachungskamera im Schankraum. In dem etwa zwei Minuten langen Ausschnitt, der laut Zeitstempel am Samstag um 5.35 Uhr aufgenommen wurde, ist zu sehen, wie der mit einem Weihnachtspullover bekleidete Sozialdemokrat den AfD-Politiker, der am Tresen steht, zunächst herumstößt und ihm dann mit gestrecktem Bein einen Tritt in den Bauch versetzt. Raatz stürzt über Barhocker zu Boden, wie auf dem Video zu sehen ist.

Hürth: Gastwirt rief die Polizei

Der Prügelei ist offenbar eine verbale Auseinandersetzung vorausgegangen. Auf dem Video ist anfangs ein lautstarker Streit zu hören, der dann eskaliert. Der SPD-Politiker langt zunächst nach dem Wirt hinter der Theke. Andere Gäste versuchen, ihn zurückzuhalten. Dann attackieren er und ein Begleiter Raatz und einen anderen Gast an der Theke. Schließlich scheinen Gottschalk und Begleiter die Kneipe verlassen zu wollen, sie laufen aber gegen den heruntergelassenen Rollladen an der Tür. Dann endet das Video.

Raatz schildert auf Nachfrage die Situation so: Er habe mit zwei Kumpeln gemütlich beim Bier in der Kneipe gesessen. Plötzlich sei es in einer Ecke laut geworden. Er sei von einer Begleiterin des SPD-Politikers als „Nazi“ beschimpft worden. „Dann ist das eskaliert“, so Raatz. Gottschalk habe ihn gegen die Theke gestoßen, ins Gesicht geschlagen und getreten. Der Wirt habe die Polizei gerufen.

SPD-Politiker spricht von rassistischen Provokationen

Beim Eintreffen der Beamten nach etwa zehn Minuten seien Gottschalk und seine Begleiter schon weg gewesen. Im Hürther Sana-Krankenhaus seien bei ihm Prellungen und ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert worden, so Raatz. Der AfD-Politiker geht von einem „politisch motivierten Angriff“ aus. Das Video von der Schlägerei habe ihm der Wirt überlassen.

Der SPD-Politiker Lukas Gottschalk äußert sich schriftlich auf eine Anfrage dieser Zeitung. Das Video zeige nur einen kleinen Ausschnitt des Vorfalls, vorausgegangen seien rassistische Parolen. Er sei mit seiner Verlobten nach einer Weihnachtsfeier gegen 3.50 Uhr in die Gaststätte gekommen. Zunächst seien sie wegen ihrer Weihnachtspullover angepöbelt worden.

Alt-Hürther Gastwirt: Politik hat an der Theke nichts zu suchen

Die Gäste an der Theke, unter ihnen Raatz, hätten sich dann im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg lautstark rassistisch und menschenverachtend geäußert. Nachdem seine Verlobte vom Wirt beleidigt worden sei, sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen. Weil er die Gaststätte wegen des heruntergelassenen Rollladens an der Tür nicht habe verlassen können, habe sich die Situation dann hochgeschaukelt.

„Rückblickend bedauere ich zutiefst, dass ich in dieser Situation nicht die Besonnenheit bewahren konnte, die notwendig gewesen wäre, um auf diese üblen Provokationen angemessen zu reagieren“, so Gottschalk. „Es tut mir leid, dass es zu diesem Vorfall gekommen ist.“ Seine Begleiter und er hätten Anzeige wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Körperverletzung sowie der Verbreitung der Videoaufnahmen erstattet, die heimlich aufgenommen und rechtswidrig veröffentlicht worden seien. Gottschalk: „Mein politisches Engagement werde ich bis zur Klärung des Vorfalls vorübergehen ruhen lassen.“

AfD-Politiker Raatz weist die Vorwürfe zurück, und auch Gastwirt Max Lausch bestreitet, dass vor der Prügelei rassistische Äußerungen gefallen seien. „Politik hat an der Theke nichts zu suchen“, so Lausch auf Nachfrage. Vielmehr seien die Provokationen von der Begleiterin des SPD-Politikers ausgegangen. Die Videoüberwachung habe er „zum eigenen Schutz“ installiert, auf die Kameras werde mit Schildern hingewiesen. Er werde das Videomaterial der Polizei zur Verfügung stellen, so Lausch.