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Wandertour durchs Bergische LandAusflug mit Weltsensation in Lindlar

Lesezeit 8 Minuten
Ein Kind schaut vom Steinhauerpfad in einen Steinbruch bei Lindlar.

Auf dem Lindlarer Steinhauerpfad kann man nicht nur in riesige Steinbrüche schauen.

Auf dem Lindlarer Steinhauerpfad steigen Wanderer in die faszinierende Urzeit vor 390 Millionen Jahren und zu einer echten Weltsensation.

Es sieht nicht nur nach Arbeit aus, es gibt sie auch zu entdecken – und eine echte Weltsensation obendrein. Große Metallkisten empfangen den Wanderer im neuen Grauwacke-Museum am Lindlarer Steinhauerpfad. In den Metallkisten sind Arbeitsgeräte und die Geschichte der Steinhauer zu sehen. Wer an mehreren sogenannten „Zwitscherkisten“ kräftig kurbelt, kann sie sich auch anhören.

Menschen stehen an Vitrinen und Stahlgitterkisten des Grauwacke-Museums in Lindlar.

Jede menge zu entdecken gibt es im neuen Grauwacke-Museum am Steinhauerpfad in Lindlar.

Und in die Geschichte des Lindlarer Grauwackeabbaus eintauchen und die Entstehung des besonderen Steins, in dem immer wieder spannende Fossilien zutage gefördert werden. Eine ganz besondere, nämlich der älteste Wald der Welt, ist im hinteren Raum des kleinen Museums an der Eichenhofstraßen (siehe „Start, Ziel und Informationen“) zu sehen – und rund 390 Millionen Jahre alt.

In der Zeit des Mitteldevon standen dort, wo sich heute Lindlar befindet, noch Urfarne, die kleine Wälder bildeten – lange bevor es die ersten Dinosaurier gab. „Lindlar ist steinreich, auch wenn die Menschen hier nie mehr verdient haben als anderswo“, sagt Stefan Blumberg. Der langjährige ehemalige Vorsitzende der Lindlarer St.-Reinoldus-Steinhauergilde muss es wissen, schließlich wurde die Gilde vor mehr als 300 Jahren auch deshalb gegründet, um in Not geratenen Familien zu helfen. Und von denen gab es einige im Ort.

Denn durch die harte und gefährliche Arbeit in den umliegenden Steinbrüchen wurden viele Männer kaum älter als 30 Jahre und hinterließen oft große Familien. „Dorf der Witwen und Waisen“ wurde Lindlar daher früher auch genannt. Steinreich war und ist es trotzdem – wegen seiner Steinbrüche, in denen bis heute die Lindlarer Grauwacke abgebaut wird, die als Baustoff mittlerweile weltweit gefragt ist.

Ein Mann steht an einer Vitrine und schaut sich die Fossilien des ältesten Walds der Welt an.

das Glanzstück des neuen Grauwacke-Museums in Lindlar ist der älteste Wald der Welt.

Wie Leben und Arbeit der Menschen in Lindlar früher aussah, zeigt gleich neben der ersten Infotafel des am Lindlarer Marktplatz startenden Steinhauerpfads der Steenkühler-Brunnen. „Steenkühler“ heißen in Lindlar die Menschen, die früher in kleinen Steinbrüchen, den Steinkuhlen (Steenkuhlen), den in der Region reichlich vorkommenden Sandstein namens Grauwacke abgebaut haben. Mit Keil und Hammer spaltet ein Steenkühler im Brunnen-Ensemble solch einen Grauwackeblock, davor wäscht seine Frau am Bach, spielt ein Kind und säuft eine Ziege, die auch als „Kuh des kleinen Mannes“ galt.

Auch wenn der Stein heute längst mit Hilfe moderner Maschinen abgebaut und bearbeitet wird: Ob Gehwegplatten, Gartenmauern oder die Fassade der St.-Severin-Kirche überall begegnet uns in Lindlar die Grauwacke. Und nicht nur hier. Als Bodenplatten findet man sie auch in Dubai, in einer Lounge des Frankfurter Flughafens und hauchdünn geschnitten auch mal im Badezimmer der Yacht eines Milliardärs. Dass sich Grauwacke nicht nur als Baumaterial, sondern auch als Werkstoff für kunstvolle Skulpturen und Denkmäler eignet, zeigt das Sakramentshäuschen auf dem Kirchplatz ebenso wie eine Reihe von Grabsteinen an den Wänden der St.-Severin-Kirche. An der südöstlichen Chorseite finden wir eine weitere großartige Steinmetzarbeit: eine Darstellung der Arche Noah, die Lindlars Sankt-Reinoldus-Steinhauergilde 2006 anlässlich ihres 300-jährigen Bestehens stiftete.

In einer Brunnenlandschaft steht ein Mann mit Hammer, eine Frau putzt und ein Kind spielt.

Auch Einblicke in das Leben der Steinhauer bietet der Lindlarer Steinhauerpfad, hier: der Steenkühler-Brunnen am Marktplatz.

Der Zusammenschluss der Lindlarer Steinhauer in einer Gilde verfolgte nicht nur kirchliche und soziale Zwecke, sondern organisierte früher auch die fachliche Aus- und Weiterbildung. Zu den heimtückischsten Gefahren der Steinbrucharbeit zählte früher die Staublungenerkrankung (Silikose), die als Berufskrankheit erst in den 1930er Jahren auf Betreiben des engagierten Lindlarer Arztes Dr. Wilhelm Meinerzhagen anerkannt wurde. Davor waren erkrankte Steinhauer allein auf die Hilfe von Verwandten oder der Gilde angewiesen.

Im Winter, wenn die Arbeit in den Steinbrüchen ruhte, verdingten sich die Lindlarer vielfach als Besenbinder und prägten so ihren Spitznamen „Lenkeler Bessemsbenger“. Seit 1978 werden Persönlichkeiten, die es verstehen, das Leben privat wie beruflich mit Witz und Humor zu meistern und sich damit auch für das Allgemeinwohl einsetzen, mit dem „Lenkeler Bessemsbenger Orden“ ausgezeichnet. Am restaurierten Lindlarer Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1912 erreichen wir den Ort, an dem bis zur Stilllegung der Bahnstrecke in den 1960er Jahren die Grauwacke verladen wurde.

Zwei Kinder klopfen Steine am Steinhauerpfad in Lindlar.

Steineklopfen macht Spaß.

Die Steine wurden von den Steinbrüchen auf Lindlars Hausberg Brungerst mit einer heute nicht mehr bestehenden „Bremsbahn“ zum Bahnhof gebracht. Auf dieser schnurgeraden Standseilbahn zog jeder mit Grauwacke beladener Lorenzug, der von der Schwerkraft angetrieben zum Bahnhof hinunterfuhr, einen Zug entleerter Loren per Stahlseil über eine Umlenkrolle wieder hinauf auf den Berg. Wie die Arbeit in einem Steinbruch auf dem Brungerst heute aussieht, können wir beim ersten ausgewiesenen Abstecher vom Steinhauerpfad sehen. Er führt uns an den unteren Rand des Steinbruchs der Bergischen Grauwacke Steinbruchbetriebsgesellschaft mbH. Meterhoch sind hier riesige Grauwackeblöcke aufgetürmt.

Eine Frau geht an einem Baum mit einer Markierung des Lindlarer Steinhauerpfads vorbei.

Immer der weißen „8“ auf rotem Grund nach geht es auf dem Lindlarer Steinhauerpfad.

Wie es in Lindlar aussah, als die Grauwacke vor etwa 390 Millionen Jahren im Mitteldevon entstand, zeigt eine Ansicht auf der nächsten Infotafel des Steinhauerpfades. Sie zeigt die Küste eines urzeitlichen Meeres. Im Devon lag ein großer Teil Mitteleuropas noch auf der Südhalbkugel. Das Bergische Land befand sich an der Südküste eines riesigen Kontinents. Entlang dieser Küste lagerten sich große Mengen von feinem Sand ab, der sich im Laufe der Jahrtausende zur Grauwacke verfestigte. Spuren aus der Entstehungszeit des Steins sind noch heute als Fossilien im Inneren des Gesteins zu finden. Seit rund 250 Jahren kommen Gesteins- und Fossilienforscher nach Lindlar. In hiesigen Steinbrüchen haben sie weltbekannte Pflanzenfossilien entdeckt, die wesentlich zum Verständnis der Entwicklungsgeschichte der Pflanzen beigetragen haben – so wie auch der „älteste Wald der Welt“, der unten im Museum zu bestaunen ist.

Ein Frau mit Kind auf dem Arm deutet auf eine Tafel.

Die Infotafeln des Steinhauerpfads entführen in die Geschichte der Steinhauer und der Erdzeitalter.

Ähnlich imposant wie das Schaufenster in die Urzeit ist der Blick in einen Steinbruch vom Aussichtspunkt am Ende des nächsten Abstechers; und auf dem schmalen Pfad zwischen den historischen Steinkuhlen hindurch kommen sich nicht nur junge Wanderer manchmal selbst wie Forscher auf Entdeckungstour vor. Zu welcher Perfektion es Lindlars Steinmetze in ihrem Metier gebracht haben, bekommen wir kurz vor Ende des Steinhauerpfads noch einmal eindrucksvoll vor Augen geführt: Auf dem Friedhof sind Grabmale zu sehen, die als wahre Meisterwerke der Steinmetzkunst gelten.


Von Anfahrt bis Einkehr – alles Wissenswerte zur Tour

Start und Ziel: Marktplatz Lindlar (Navi-Adresse: Dr. Meinerzhagen-Straße 10, 51789 Lindlar) Länge/Dauer: 5,6 km, ca. 1,5-2 Std. Profil: Der Weg führt vom Lindlarer Ortskern über verkehrsberuhigte Straßen, Wald- und Wiesenwege sowie naturnahe Pfade auf den Ortsberg Brungerst. Der mit Treppen und Geländern an schmalen Pfaden gesicherte Weg zwischen den alten Steinbrüchen ist auch mit Kindern gut zu begehen, jedoch nicht durchgehend für Kinderwagen geeignet.

Anfahrt: Mit dem Auto: Von Köln A4 Richtung Olpe bis Abfahrt Untereschbach, der Querstraße nach rechts durch Immekeppel bis Lindlar folgen. Im Ort an der zweiten Ampel links und gleich rechts auf Marktplatz.

Mit dem ÖPNV: Von Köln Hbf/Breslauer Platz mit Schnellbus (SB) 40 bis Lindlar Busbahnhof.

Einkehrmöglichkeiten: Griechisches Spezialitätenrestaurant „Lindenhof“, Hauptstraße 11, 51789 Lindlar, Tel. 0 22 66 / 25 26, geöffnet Mi – Die jeweils 12 – 14.30 Uhr und 17 – 22 Uhr, So ab 11.30 Uhr. www.lindenhof-lindlar.de

Restaurant Biesenbach, Kirchplatz 4, 51789 Lindlar, Tel. 0 22 66 / 83 15, geöffnet Mi – Sa 17 – 24 Uhr, So 11.30 Uhr – 22 Uhr www.haus-biesenbach.de

Restaurant „Altes Amtshaus“, Am Marktplatz 1, 51789 Lindlar, Tel. 0 22 66 /46 46 46, geöffnet Do – Die 11.30 Uhr – 22 Uhr, mittwochs Ruhetag www.amtshauslindlar.de

Brauhaus am Kirchplatz 1, Kirchplatz 1, 51789 Lindlar, Tel. 0 22 66/ 65 65, geöffnet Di – Fr ab 18 Uhr, Sa, So, feiertags ab 11.30 Uhr.

Besichtigung: Bergisches Grauwacke-Museum Lindlar mit dem „ältesten Wald der Welt“ (Fossilienfunde aus Lindlarer Steinbrüchen), Eichenhofstraße 4, 51789 Lindlar. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag (inkl. Feiertage) von 10 – 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. www.grauwacke-museum.de

Buchtipp: „Die Bergischen Streifzüge“, Auf 24 Themenwegen durch das Bergische Land, Bachem-Verlag, 2. Auflage 2021, 192 Seiten, 14,95 Euro


Die Tour

1 Von der Starttafel des Steinhauerpfads, die neben dem Steenkühler-Denkmal am Rand des Lindlarer Marktplatzes steht, führt der Weg nach links. Der Markierung des Steinhauerpfads (weiße „8“ auf rotem Grund) folgend, geht es am Alten Amtshaus vorbei über die Pfarrgasse und dann hinauf zum Kirchplatz am Chor der katholischen St.-Severin-Kirche.

Von dort folgt der Weg jenseits der Hauptstraße der Eichenhofstraße, am Grauwackemuseum vorbei hinauf und führt in Höhe der Hausnummer 31 links über Stufen hinunter durch den Park Plietz, rechts am Haus Plietz vorbei zur Kamper Straße auf der anderen Seite des Parks. Dieser Straße nach rechts bergauf folgen, bis sie auf eine Querstraße mündet, dieser nach links folgen, um nach 140 Metern rechts in die Bahnhofstraße einzubiegen. Hinunter zum ehemaligen Bahnhofsgebäude und dort an der Infotafel rechts auf einem Fußweg hinauf zur Straße Altenlinde.

2 Der Straße gut 80 Meter nach links folgen und dann rechts in eine Stichstraße abbiegen und von dieser – geradeaus gehend – auf einen Pfad wechseln. Dieser führt uns hinauf zu einem Waldwirtschaftsweg, diesem nach rechts folgen. An einer Gabelung rechts halten. Rechts lockt zudem ein Abstecher in einen der Steinbrüche, in dem bis heute Grauwacke abgebaut wird. Zurück auf dem breiteren Waldweg, folgen wir diesem weiter nach rechts. Nach ca. 500 Metern lockt rechts ein zweiter Abstecher. Dieser führt diesmal auf ein Plateau oberhalb eines Steinbruchs und lässt von einem Aussichtspunkt tief hinunter in den Berg schauen. Danach geht's wieder zurück zum Waldwirtschaftsweg und auf diesem abermals nach rechts.

3 Nach ca. 170 Metern rechts auf einen Pfad wechsel, über Treppenstufen und schmale Grate durch ein Labyrinth historischer Kleinststeinbrüche (Steinkuhlen). Schließlich stößt der Pfad auf einen Querpfad, dem wir nach links hinunter zur Straße Eremitage folgen. Auf dieser wandern wir ca. 150 Meter nach rechts bergab

4 Dann zwischen zwei Steinbruchbetrieben links abbiegen. Vor einem Haus rechts gehen und dann bei nächster Gelegenheit links weiter. An der Einmündung auf einen Wirtschaftsweg diesem nach rechts bergab folgen, bald am Rand einer Siedlung entlang zurück Richtung Lindlarer Ortskern.

5 Die Borromäusstraße überqueren und geradeaus in die Straße „Am Brunnenberg“ wandern. Dort, wo die Straße eine Rechtskurve macht, geradeaus auf einen Fußweg wechseln, der über den Friedhof führt. An der Aussegnungshalle vorbei geht es über den Friedhofparkplatz und dann links das Sträßchen „Am Falltor“ hinunter zur Hauptstraße. Auf dieser 20 Meter nach rechts und dann links auf einem Fußweg zurück zum Marktplatz.