Und Gott sprach, es werde Licht. Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis.“S o steht es in der Bibel. Und heute, bei uns, im deutschen Winter des Jahres 2017? Düster ist es am Morgen, und nach einem Hauch von Tag dämmert es schon wieder. Winterblues. Wir schmachten nach Helligkeit, Frühling und Wärme. Wir hängen schlaff hinterm Schreibtisch, liegen auf dem Sofa, futtern uns den Winterspeck an.
Lichttherapie
Bei einer Lichttherapie ist es nicht nur wichtig, die passende Lampe zu kaufen, sondern man sollte auch darauf achten, dass man mit einem Abstand von mindestens 80 Zentimetern zum Leuchtmittel sitzt. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Lampen. Die konkrete Wahl sollte man nach Beratung mit dem Arzt vornehmen.
Wenn die Kostenübernahme für ein Gerät bei der Krankenkasse beantragt wird, ist es wichtig, dass nachgewiesen werden kann, dass bereits andere Therapiemöglichkeiten ausprobiert wurden, um die Depression zu bekämpfen. Ein Arzt oder Psychotherapeut muss die Behandlung befürworten.
Neben den Lampen gibt es auch sogenannte Lichthelme, eine Art Schirmkappe mit Leuchtdioden, deren Wirksamkeit aber in der Fachwelt ebenso kontrovers diskutiert wird wie Kopfhörer, die UV-freies und mit blau angereichertes weißes Licht über den Gehörgang ins Gehirns senden.
Mehr Licht wollen alle. Schon zu Lebzeiten, nicht erst wie Goethe, als er auf dem Sterbebett lag. Es hält Leib und Seele zusammen. Wobei man einschränken muss – es ist alles eine Frage der Menge: Das Lebenselixier des einen kann für andere zur Folter werden. Im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba etwa wurden vermeintliche Terroristen stundenlang grellem Licht und dröhnender Musik ausgesetzt, damit sie gestehen. Oder unlängst klagten Forscher über das Phänomen, dass es auf der Erde immer heller wird. Die Intensität des künstlichen Lichts und die Größe der beleuchteten Fläche hätten extrem zugenommen. Die Experten prägten den Begriff der „Lichtverschmutzung“. LED-Licht am Abend gaukelt dem Körper vor, es sei bereits Tag, der Rhythmus kommt durcheinander, auch nachtaktive Tiere verlieren ihre Orientierung. Da nimmt sich die menschliche Gemütseintrübung in dieser Jahreszeit vergleichsweise milde aus. Nur eine Wohlstandsgesellschafts-Befindlichkeit?
Wie dem auch sei, Tatsache ist, dass Antriebsschwäche und Trübsal durch eine kluge Nutzung von Licht bekämpft werden können, es wird im wahrsten Sinne des Wortes zum Stimmungsaufheller, als würde die winterliche Melancholie abgeschmolzen.
Und Experten gehen sogar weiter: Die richtige Dosis, die gezielt eingesetzte Beleuchtung könnten sogar das ganze Jahr über in Schulen und Betrieben Wohlbefinden und Produktivität steigern sowie in Krankenhäusern das Leid der Patienten lindern, in Altenheimen das Leben der Bewohner verbessern.
Warum ist das so? Guido Feyder, Facharzt der der Allgemeinmedizin in Bonn-Bad Godesberg, erklärt das Phänomen folgendermaßen: „Licht trifft auf das Auge, dort auf die Netzhaut und den Sehnerven. Der Impuls wird auf die »Innere Uhr« des Gehirnes weitergeleitet, es kommt zur Freisetzung von Botenstoffen, die den Tag- und Nacht-Rhythmus gestalten.“ Bleibt dieser Impuls aus, produziert die Zirbeldrüse Melatonin, ein Hormon, das die Reaktionszeit verlangsamt und die Aufmerksamkeit einschränkt. Es stellt den Organismus auf Schlaf. In langen Winternächten steigt die Produktion von Melatonin auf ein Vielfaches gegenüber einer Sommernacht. Auch in der Tierwelt hat das Auswirkungen. Igel oder Murmeltier fallen in den Winterschlaf – eine Schutzfunktion, um in der kalten Jahreszeit zu überstehen.
Viele Faktoren spielen zusammen
Wie stark der Entzug von Licht auf den Menschen wirkt, hängt von vielen Faktoren ab. Ein entscheidender ist die Dauer der Dunkelheit. Wird es ganz schlimm, sprechen Mediziner von „Saisonal Affective Disorder“ (SAD). Guido Feyder nennt folgende Voraussetzung, dass man eben diesem Winter-Blues diagnostizieren kann: „Die Beschwerden müssen in Herbst und im Winter auftreten. Es kommt zu einer Besserung in Frühjahr und im Sommer und die Symptome müssen mindestens zwei Jahre andauern.“ Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, sozialer Rückzug, reduzierte körperliche Aktivität sind die konkreten Folgen. Es heißt, vier Prozent der Menschen in unseren Breiten seien betroffen, eher Ältere als Jüngere, mehr Frauen als Männern, im Norden häufiger als im Süden.
Amelie Siefahrt aus Bonn ist eine Betroffene. Sie rutschte immer wieder in ein solches Stimmungstief, ging zum Arzt und der riet zu einer Lichttherapie, wie sie im übrigens auch Guido Feyder anbietet. Amelie Siefahrt kaufte sich eine spezielle Lampe (Orientierung: 5000 bis 10 000 Lux) vor zehn Jahren, sie ist zum Inventar geworden. Amelie Siefahrt: „Ich nutze sie in der dunklen Jahreszeit, also von Anfang Oktober bis mindestens Ende März, täglich.“ Sie setzt sich zum Frühstück vor die Lampe, liest Zeitung und sitzt so die empfohlene halbe Stunde täglich quasi nebenbei ab. „Nach der Lichtdusche fühlt man sich halt wach und voller Energie.“ Wermutstropfen: Die Kosten für die Lampe von etwa 900 Euro wurden damals nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen – wie auch heute nicht. Aber, so Siefahrt: „Die Investition hat sich gelohnt.“ Mittlerweile sind die Leuchten ab 300 bis 350 Euro zu haben.
Individuelle Befindlichkeit und kulturelle Umstände sind natürlich auch Faktoren, die die Ausschläge des winterlichen Seelentiefs bestimmen. Bei uns findet das gesellschaftliche Leben nicht nur im Herbst und im Winter vorrangig in geschlossenen Räumen statt. Wäre natürlich interessant zu wissen, ob es das Leiden gar nicht gäbe, wenn wir noch in Wald und Feld jagten, oder ob es sich halt um eine „hochmoderne Pathologie“ handelt, wie der Psychologe Till Roenneberg, interpretiert. Wir sind eben zu Stubenhockern mutiert und damit ständig an einer Schwelle von zu wenig Licht.
Der Ratschlag der Experten: Egal, wie das Wetter ist – rausgehen, täglich mindestens eine halbe Stunde, am besten morgens. Selbst bei Schmuddelwetter bekommt man dort noch die Zehnfache Lichtmenge dessen ab, was man in Büro oder Wohnung hat.