AboAbonnieren

Rosa ohne EndeIn Berlin öffnet das Barbie-Haus

Lesezeit 3 Minuten

Berlin – Traum in rosé oder Hölle in pink? Schon vor der Eröffnung ist klar: Am quietschrosa Barbie-Dreamhouse, das am 16. Mai am Berliner Alexanderplatz seine Türen erstmals öffnet, scheiden sich die Geister. Die 2500 Quadratmeter große begehbare Barbie-Welt hat offenbar tatsächlich das Zeug, zu dem vom Veranstalter propagierten „unvergesslichen Erlebnis“ zu werden. Die Frage ist nur, in welcher Hinsicht. Seit Wochen regt sich schon Protest gegen die „Pinkifizierung“ - Proteste sind geplant.

„Willkommen in der sonnigen Barbie-Welt“, grüßt eine Agenturmitarbeiterin in die Runde. Von Sonne oder Tageslicht jedoch keine Spur, die Fenster sind nur aufgemalt. Dafür ragt ein lächelnder Plastik-Pferdekopf ins Zimmer.

1100 Quadratmeter Verkaufs- und Aktionsfläche, 1400 Quadratmeter Barbie-Wohnung - so ist das Event-Konzept von Barbie-Anbieter Mattel und EMS Entertainment Germany. Sich einmal rundum wie eine Super-Barbie fühlen, das soll hier gelingen. Im Balkon-bewehrten Salon, im riesigen Bad, im Schlafzimmer und vor allem im fast Turnhallen-großen begehbaren Kleiderschrank stehen interaktive Monitore für das maßgeschneiderte Barbie-Erlebnis bereit. Ein personalisierter Chip im Eintrittsarmband macht es möglich. Gegen Aufpreis darf man auch in „echten“ Barbie-Outfits auf einen Laufsteg oder auf eine Pop-Star-Bühne: Topmodel-Parcours und DSDS in rosé.

„Ken bleibt ein Accessoire“, ergänzt eine Mattel-Sprecherin zu Barbies männlichem Gegenstück. Lässt man in der Küche den durch soviel Magenta, Violett und Pink erschlafften Blick aus dem virtuellen Fenster schweifen, erblickt man Ken. In der Auffahrt wäscht er den - rosa - Sportwagen. Es gibt keine Rettung.

Stevie Schmiedel von der Initiative Pinkstinks sieht dann auch Rot bei soviel Rosa: „Rosa ist eine wunderbare Farbe. Aber diese Pinkifizierung in der Spielwarenwelt stinkt. Diese Farbe steht nur für niedlich und süß und für Äußerlichkeit.“ Die Hamburgerin, die mit ihrer Initiative auch schon gegen das rosa Überraschungsei „nur für Mädchen“ protestierte, sieht im Rosa-Boom bei Spielzeug und Kleidung einen krankmachenden, einengenden Rückschritt. Was früh mit den rosa Imperien von Prinzessin Lillifee oder Barbie beginne, gehe für viele Mädchen gleich mit dem Topmodel-Wahn weiter. „Immer mehr Mädchen leiden darunter.“

Waren wir beim Verzicht auf „typisch“ Jungs- und Mädchen-spezifische Ausstattung nicht schon einmal weiter? „Selbstverständlich hat das Revival von Pink viel mit Geld zu tun“, sagt die Genderforscherin Dominique Grisard (Uni Basel/New York). „Ein übersättigter Kleider- und Spielzeugmarkt kann so doppelt so viel verkaufen. Denn kein Mädchen kann ihrem jüngeren Bruder ihr rosa Tutu oder ihr pinkes Barbieschloss weitervererben.“

Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Bettina Hannover (FU Berlin) ergänzt: „Kinder erkennen diese Geschlechterstereotypen bereits in einem Alter, in dem sie selbst noch gar nicht wissen, ob sie ein Junge oder ein Mädchen sind.“ Mit zwei Jahren könnten sie aber schon sagen: Damit spielt ein Junge, damit spielt ein Mädchen. Im Vorschul- und frühen Grundschulalter erforsche ein Kind dann sein soziales Geschlecht. Es probiere sich aus - auch mit Barbie und Darth Vader, aber bestenfalls nicht nur mit ihnen. „Es ist wichtig, dass das Kind ein breites Verhaltensspektrum kennenlernt. So erlebt es, dass es zwischen Schwarz und Weiß auch noch viele Grautöne gibt“, sagt Hannover. Alle Nuancen des Regenbogens also, und nicht nur Pink. (dpa)