Starkoch Christian Jürgens soll Mitarbeiter schikaniert haben. Wie geht es in Kölner Spitzenküchen zu? Hier erzählt Sterneköchin Julia Komp („Sahila“).
Sterneköchin Julia Komp„Manchmal denke ich, es müsste etwas strenger zugehen“
„Ich habe in jedem Restaurant mehr Stunden gearbeitet als notwendig, aber noch nie eine Überstunde bezahlt bekommen. Ich habe das gerne gemacht und will mich gar nicht darüber beschweren. Gefreut hätte ich mich trotzdem, wenn das ein bisschen mehr honoriert worden wäre. Gefragt hätte ich danach aber niemals. Meine Motivation zu arbeiten war vor allem, weiterzukommen und etwas zu lernen.
Ohne Ansagen geht es nicht
Früher war der Ton in Küchen anders, obwohl ich das selbst nie so erlebt habe. Es gab feste Regeln, aber nie Mord und Totschlag. Ich habe auch als Frau keine schlechten Erfahrungen gemacht, auch nicht alleine mit 14 Jungs. Von Kolleginnen weiß ich aber, dass das nicht immer so ist. Klar gibt es in Küchen immer noch viele Ansagen, anders geht es nicht. Ein Freund von mir, der nicht aus der Gastro ist, findet die Kommandos manchmal streng – man kann halt nicht in jedem Satz „Bitte“ sagen. Wir reden kurz, knapp und laut, damit einen auch jeder hört. Für mich ist das eine ganz normale, ruhige Atmosphäre. Manchmal denke ich sogar, es müsste etwas strenger und hierarchischer zugehen. Mit mehr festen Regeln und Abläufen wäre mein Leben ein Jahr nach der Eröffnung einfacher, aber die hätte ich von Anfang an durchsetzen müssen.
Ich würde mir mehr Zielstrebigkeit wünschen
Grundsätzlich funktioniert ein harter Führungsstil wie damals heute nicht mehr. Dann hätte man sofort keine Leute mehr. Die junge Generation ist nicht mehr so, wie wir früher waren. Wir haben früher viel zu viel gearbeitet. Heute ist die Gastronomiebranche mit anderen Herausforderungen konfrontiert: Die meisten machen in ihrem Bereich eine sehr gute Arbeit, aber sie sehen das große Ganze nicht und blicken nicht über den Tellerrand. Da bringt zum Beispiel keiner die Kartons weg, die schon seit zwei Tagen auf der Terrasse stehen. Und von vielen Kollegen hört man das Gleiche: Man merkt den Unmut bei den Mitarbeitern, wenn der Tag mal etwas härter wird. Ich finde es schade, dass die Mentalität der jüngeren Generation sich so verändert hat. Ich würde mir oft mehr Zielstrebigkeit und Engagement wünschen. Es gibt aber zum Glück auch super motivierte Leute, die mit viel Herzblut arbeiten.
Am wichtigsten ist, dass sich das Team gut versteht
Wir geben uns wirklich Mühe, ein guter Arbeitgeber zu sein: Wir stempeln die Zeit und der Umgang ist familiär. Die Leute sollen wissen, dass es Spaß macht, in der Gastronomie zu arbeiten und nicht nur Stress und Druck bedeutet. Am wichtigsten ist es, dass sich das Team gut versteht und alle zufrieden sind. Wenn einer meckert, macht das die ganze Stimmung kaputt. Mir ist es deshalb sehr wichtig, dass sich alle wohlfühlen und auch untereinander gut verstehen. Dazu muss man auf jeden individuell eingehen und mit dem einen ein bisschen strenger sein, mit dem anderen ein bisschen einfühlsamer.“ (Aufgezeichnet von Tanja Wessendorf)
Sahila – The Restaurant, Kämmergasse 18, 50676 Köln, 0221/247238, www.sahila-restaurant.de