SommerserieEin Trip nach Bad Ems ist wie eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert
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Ferien mit dem Neun-Euro-Ticket: Ziele, die Sie vom Rheinland aus in einer Tagestour erreichen können – heute geht es nach Bad Ems.
Wo mag sie sein? Irgendwo unter dem grünen Dach der Platanen, lustvoll flanierend über den leise klickernden Kies? Vielleicht auf einer Bank im duftenden Rosengarten? Oder in der Marmor-Kühle der Säulenhalle? Daphne Bridgerton im sommerlich-luftigen Empire-Kleid, Hand in Hand mit dem Duke of Hastings, könnte man sich kaum irgendwo besser vorstellen als in den historischen Prachtbauten und Parkanlagen des romantischen Bade-Ortes Bad Ems an der Lahn. Und wäre „Bridgerton“, die Netflix-Erfolgsserie über die Londoner High Society im 19. Jahrhundert, nicht im englischen Bath gedreht worden, dann wäre wohl hier die richtige Kulisse gewesen.
Von Palmen umkränzte Kursäle
An einem wolkenlosen Augusttag spiegeln sich die blendend weißen Fassaden der Kuranlagen in der nur langsam strömenden Lahn. Geranien-Potpourris krönen die Brückengeländer. Dahinter die steil aufragende Bismarckhöhe. Wir sind im Familien-Gespann unterwegs, wie die Serien-Heldinnen Lady Violet Bridgerton und ihre Töchter Daphne und Eloise.
Es ist eine Zeitreise in die Blütezeit der europäischen Bäder-Kultur. Zwischen Westerwald und Taunus, kaum 100 Kilometer von Köln entfernt, entspringen die 15 heilenden Quellen, die bis zu 57 Grad heiß in die Kur-Anlagen von Bad Ems fließen. Die Liste der prominenten Gäste reicht von Kaiser Wilhelm I. über Goethe, Dostojewski, Richard Wagner bis zu Jacques Offenbach, der zwölf Jahre als Konzertmeister an der Lahn blieb und hier eine „schöpferische Phantasie“ entwickelte, die ihn zu „Orpheus in der Unterwelt“ inspirierte.
Die Bismarckhöhe, nach kurzer Zahnradbahn-Fahrt erreichbar, ist Ausgangspunkt herrlicher Höhen-Wanderwege mit Blick auf den schmal an die Lahn geschmiegten Ort, die herrschaftlichen Villen, die umliegenden Berge. Es gibt ein Brauhaus hier oben, das „Bismarck’s“, in dem Daphne und Eloise vermutlich an einem hausgemachten Johannisbeer-Eistee genippt hätten. Es wird aber auch ein kühles Weizen serviert und für hungrige Wanderer deftiges Schwarzbier-Gulasch.
Am frühen Nachmittag suchen wir unten im Ort die Stille der reich mit Mosaik und Intarsien-Möbeln dekorierten Brunnen-Hallen, die heute zum „Grand Hotel Bad Ems“ gehören. Das Heilwasser lässt sich hier zur Verkostung in gläserne Kurbecher abfüllen. Gegen Erkrankungen der Atemwege und der Bronchien soll das „Emser Kränchen“ helfen, die „Römerquelle“ bei Verdauungsbeschwerden.
Drei weitere Tipps
Der Blumenkorso von Bad Ems ist Deutschlands größte Blütenschau mit mehr als 1,5 Millionen Dahlien, viel Musik und dem traditionellen Volksfest „Bartholomäusmarkt“. Die Festtage sind in diesem Jahr vom 26. bis 29. August. Der Blumenkorso zieht am 28. August durch die Stadt, am Abend vorher gibt es ein großes Feuerwerk.
Die schwimmende Fluss-Sauna ist die Attraktion im Emser Thermalbad. Die Therme, direkt an der Lahn gelegen, bietet von der Emser Salz-Inhalation bis zur Hot-Stone-Massage genug für einen kompletten Wellness-Tag. Täglich geöffnet von 9 bis 22 Uhr, Tageskarte gibt es für 30 Euro.
Der Lahnwanderwegfolgt auf 295 Kilometern dem Flusslauf von der Quelle im Rothaargebirge in Netphen bis zur Mündung bei Lahnstein und führt in Bad Ems an der Bismarckhöhe vorbei. Vom Ort im Tal aus fährt die Kurwaldbahn bis in das Wandergebiet. Die Standseilbahn ist eine der steilsten der Welt und fährt im Sieben-Minuten-Takt von 6.15 Uhr bis abends 21 Uhr.
Jede Art von Stimm-Beeinträchtigungen lindern die mineralienreichen Emser Pastillen. Eine entspannte Wohlfühl-Atmosphäre erfasst uns. Die Bridgertons würden sich jetzt für ein Weilchen zurückziehen, um zu ruhen.
Aber wir wollen noch etwas entdecken: „Klein-Nizza“. So wird in Bad Ems das Kursaal-Ensemble genannt, das am Ufer der Lahn liegt und mit Palmen umkränzt ist. Schmuckstück ist der prachtvolle Fest-Saal mit Wandmalereien und Marmor-Säulen, der 1836 nach dem Vorbild der römischen Renaissance-Villa Farnesina entstand. Verwendet wurde ein besonders Material, ein Kalkstein, der rund 40 Kilometer entfernt direkt am Fluss abgebaut wurde und als Lahn-Marmor weltweit große Bauten wie das Empire State Building schmückt.
Der angrenzende Kurpark liegt im Schatten alter Bäume, von den elegant aus der Lahn aufschießenden Wasserfontänen weht Kühle auf die Promenade. Die Kur-Gäste bewegen sich in ruhigen Bahnen zwischen den sorgsam angelegten Beeten. Es scheint unvorstellbar, dass hier jemals eilige Schritte auf den gepflegten Wegen zurückgelegt wurden.
Am Ende der Promenade können wir unmöglich an der Garten-Terrasse des „Café Arkade“ vorbeigehen. Es duftet nach Waffeln. Gut möglich, dass sich Lady Violet mit ihren Töchtern hier zur Tea-Time niederlässt. Wir bestellen Eiskaffee und Erdbeer-Kuchen und nehmen noch ein paar tiefe Atemzüge der wohltuende Kurort-Luft. Was ist mit der Tretboot-Fahrt auf der Lahn? Die heben wir uns für den nächsten Besuch auf. Wenn der Alltag wieder einmal nach Entschleunigung ruft.
Anreise: Mit dem 9-Euro-Ticket ist Bad Ems von Köln aus in rund zwei Stunden erreichbar. Es geht mit der Regionalbahn (RB) 26 bis Koblenz und von dort weiter mit der RB 23 bis Bad Ems.