Nur selten bekommt man das scheue, kleine Raubtier zu Gesicht. Allein im Nationalpark Eifel leben mehr als 120 Wildkatzen.
NationalparkIn der Eifel fühlt sich die Wildkatze wohl
Sie ist ein heimlicher Bewohner der Eifelwälder. Und nicht nur der Wälder – auf der Suche nach Mäusen streift die Wildkatze auch gern durch Felder und Wiesen. Zu sehen bekommt man sie kaum, sie ist lautlos, vorsichtig, flink. Es gehört schon viel Glück dazu, sie so in Ruhe anschauen und sogar fotografieren zu können, wie es unlängst Dr. Manfred Rechs aus Kommern gelungen ist.
Einen Zufallsfund machte auch Bernd Osterthun vom Verein Kitzrettung im Kreis Euskirchen vor zwei Monaten. Seine Drohne, die eigentlich Rehe aufspüren sollte, sendete ihm das Bild einer Wildkatze, die bei Nöthen durchs Getreidefeld schlich.
Forschende im Nationalpark Eifel weisen 121 Wildkatzen nach
Auf solche Glücksfälle verlassen sich die Forschenden im Nationalpark Eifel nicht. Mit Fotofallen und genetischen Analysen haben sie nachgewiesen, dass dort mindestens 121 Wildkatzen beheimatet sind. „In den Bereichen, wo sie vorkommt, geht es der Art relativ gut“, sagt Dr. Christine Thiel-Bender.
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Die Biologin ist Referentin für Artenschutz beim Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Nachdem Wildkatzen fast ausgerottet waren, geht es seit den 1920er-Jahren in der Region wieder aufwärts mit dem Bestand. Dazu beigetragen hat auch, dass seit fast 100 Jahren die Jagd auf die Tiere verboten ist.
Dr. Christine Thiel-Bender: „Die Wildkatze profitiert vom Klimawandel“
„Die Wildkatze profitiert vom Klimawandel“, erklärt Christine Thiel-Bender. Die Winter seien nicht mehr so kalt, selten gebe es eine geschlossene Schneedecke. Die Stürme der vergangenen Jahre hätten in den Wäldern große Windwurfflächen hinterlassen, also Bereiche mit umgestürzten Bäumen.
Davon profitieren die grau getigerten Jäger gleich doppelt. Sie finden dort Rückzugsräume und auch gleich Beute. Denn auch die Mäuse fühlen sich zwischen den umgestürzten Bäumen und in der dort aufwachsenden Vegetation wohl.
Mäuse sind die Hauptnahrung der Wildkatzen; Vögel, Frösche oder auch Insekten verspeisen sie nur gelegentlich. Den sich ändernden Wetterverhältnissen ist es vermutlich auch geschuldet, dass die Biologen immer häufiger Herbstwürfe beobachten. Normalerweise bringen Wildkatzen ihre Jungen im April oder Mai zur Welt, aber wenn es eben nicht allzu kalt und der Tisch reich gedeckt ist, verpaaren sie sich später noch einmal.
Wildkatzen haben in NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen einen guten Bestand
In den Wäldern in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen gebe es mittlerweile einen guten Bestand – Eifel und Harz waren einst die letzten Rückzugsgebiete der Art. In Baden-Württemberg aber, so berichtet Thiel-Bender, sei die Wildkatze erst seit 2008/09 gesichtet worden. Dort gebe es allerdings Probleme, weil rund die Hälfte der Tiere Mischlinge mit Hauskatzen seien. Übrigens ist die Wildkatze keineswegs der Vorfahr unserer Stubentiger, auch wenn es Katzenrassen gibt, die nur schwer von den wilden Waldbewohnern zu unterscheiden sind.
In Sachsen-Anhalt und Sachsen habe die Rückkehr der Wildkatze ebenfalls begonnen, berichtet Thiel-Bender. Sie verbreite sich ganz natürlich, es würden keine Tiere ausgesetzt. Das habe man in den 1980er-Jahren in Bayern versucht, es habe aber nicht funktioniert.
Zehn Prozent der Wildkatzen werden von Autos überfahren
Die Katzen, wissenschaftlich Felis silvestris silvestris, seien relativ mobil. „Sie laufen zwar nicht so weit wie ein Wolf, aber 30 bis 40 Kilometer wandern sie schon“, sagt die Biologin, allerdings sei das risikobehaftet. Denn der größte Feind der Wildkatze ist das Auto. Rund zehn Prozent der Tiere würden überfahren.
Damit sich die Wildkatze in den Wäldern wohlfühle, müsse man schlicht mehr Natur zulassen, sagt die Expertin. Die Böden sollten strukturreich sein, mit Gebüschen und Totholzhaufen. Und die Waldsäume sollten mit kleinen Gehölzen Deckung bieten.
Die Kamera immer dabei
Dr. Manfred Rechs erinnert sich noch ganz genau an die Begegnung mit der Wildkatze. Wo sie stattgefunden hat, möchte der Kommerner aber lieber nicht verraten. Nur so viel: „Es war in der Eifel.“
Vor zwei Jahren habe er sich einen Jugendtraum erfüllt und den Jagdschein gemacht, erzählt er. Und dann saß er nun – in der Eifel – auf einem Erdsitz. Das ist gewissermaßen das Gegenstück zum Hochsitz, der Jäger sitzt auf Augenhöhe mit dem Wild.
„In ungefähr 20 Metern Entfernung ist die Wildkatze durch die Naturverjüngung gestreift“, erinnert Rechs sich. Und dann tauchte sie rund fünf Meter vor ihm auf. „Sie hat mich angeschaut. Gefühlt zehn Minuten lang, tatsächlich vermutlich höchstens eine Minute.“ Im Weggehen habe das Tier innegehalten und ihn noch einmal angesehen.
Manfred Rechs freut sich, dass ihm dabei so außergewöhnliche Bilder gelungen sind. Er habe die Kamera immer dabei, wenn er auf den Ansitz gehe: „Ein schönes Bild ist für mich gleichwertig mit der Jagdbeute.“ Vor einem Jahr habe er einmal ein großes Rothirschrudel vor die Kamera bekommen und es sogar filmen können.