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Kommentar zur Razzia im Erzbistum KölnIn welche Situation hat Woelki sich da hineinmanövriert?

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27.06.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Kisten werden bei einer Durchsuchung im  Kölner Offizialat aus dem Gebäude getragen.

Köln: Kisten werden bei einer Durchsuchung im Kölner Offizialat aus dem Gebäude getragen.

Woelki und seine Anwälte müssen sich von Tag zu Tag intensiver fragen, wohin ihre medienrechtliche Strategie eigentlich führt.

Um Himmels willen. So weit ist es in den Auseinandersetzungen um die Medienberichterstattung über den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nun gekommen, dass die Staatsanwaltschaft Köln im Zuge ihrer Ermittlungen wegen Meineid-Vorwürfe unter anderem Räume des Erzbistums und des Erzbischofs durchsucht.

Ermittlungen sind keine Anklage und schon gar kein Urteil, für Kardinal Woelki gilt die Unschuldsvermutung, und daran ändert auch eine Durchsuchung als legitimes Ermittlungsinstrument nichts. Aber noch einmal: Um Himmels willen, in welche Situation hat Woelki sich da hineinmanövriert?

Zur Erinnerung: Ausgangspunkt der Meineid-Ermittlungen ist der Fall eines Pfarrers, den Woelki 2017 befördert hatte, obwohl ihm ein früherer (seinerzeit nicht strafbarer) Kontakt des Mannes zu einem minderjährigen Prostituierten bekannt war. Woelki ging gegen Behauptungen einer Boulevardzeitung darüber vor, was er angeblich damals, 2017, noch zusätzlich gewusst haben soll. Wieso er sich aber am 28. März 2023 vor Gericht unter Eid unter anderem dazu einließ, dass er „bis heute“ nicht über eine in der Sache relevante Unterlage unterrichtet gewesen sein will, bleibt sein Geheimnis.

Darum ging es doch nicht, egal, ob die Staatsanwaltschaft ihm jemals das Gegenteil wird nachweisen können. Bislang hat sie ja eingestandenermaßen keine Klarheit. Wie will man jemandem auch nachweisen, was er wirklich gelesen haben soll?

Erzbistum Köln: Wohin führt die medienrechtliche Strategie?

Aber Woelki und seine Anwälte müssen sich von Tag zu Tag intensiver fragen, wohin ihre medienrechtliche Strategie eigentlich führt. Dass die Beförderung des Pfarrers ein Fehler war, steht doch außer Debatte, Woelki hat das – spät genug – auch eingeräumt. In den schier endlosen Prozessen gegen das Blatt geht es nun um Details dieses Vorgangs und sowie des Falls von Ex-Sternsingerchefs Winfried Pilz, Details, die selbst auf das Thema spezialisierte Berichterstatter nur noch mühsam auseinandersortieren können. In den meisten Punkten hat der Kardinal sich bisher gegen das Boulevardblatt durchgesetzt, um den Preis aber, dass erstens die angegriffenen Darstellungen in einem fort wiederholt wurden und, zweitens, dass sich staatsanwaltschaftliche Ermittlungen an Woelkis Aussagen knüpfen – mit der Durchsuchung als zeremoniellem Höhepunkt.

Ständig muss sich der Erzbischof von Köln in eigener Sache verteidigen. Wie will er da überhaupt noch seinen eigentlichen Aufgaben nachkommen? Wie will er erreichen, dass seine inhaltlichen Positionen noch wahrgenommen werden? Welche Chance gibt es da überhaupt noch, die Konflikte in seiner tief zerrissenen Diözese beizulegen? Woelki hat sich – wie gesagt: ohne Not – selbst so sehr in die Klemme gebracht, dass ein Ausweg schwer zu finden sein wird.