Das Parlament in Berlin kommt vor der Bundestagswahl noch mehrmals zusammen und könnte noch Gesetze auf den Weg bringen. Welche Projekte können noch eine Mehrheit finden?
Rundschau-Debatte des TagesWerden Familien vor der Wahl noch entlastet?
Die Ampel-Koalition ist Geschichte, Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Vertrauen des Parlaments verloren. Trotzdem kann der Bundestag bis zu einer Neuwahl voraussichtlich im Februar noch Gesetze beschließen – wenn sich eine Mehrheit findet.
Laut Sitzungskalender kommt der Bundestag vor dem geplanten Wahltermin am 23. Februar noch für zweieinhalb Sitzungswochen zusammen: Diese Woche, Ende Januar sowie am 10. und 11. Februar. Bei diesen größeren Vorhaben zeichnet sich noch ein Beschluss ab:
Kindergeld und Kalte Progression
Dieser Gesetzentwurf steht am Donnerstag an: Die ehemaligen Ampelpartner SPD, Grüne und FDP sowie nun auch die Union wollen zusammen Entlastungen für Familien und alle Steuerzahler beschließen. Ab Januar soll das Kindergeld um fünf Euro monatlich auf 255 Euro steigen, auch der Kinderfreibetrag wird angehoben. Beim Kindersofortzuschlag für Familien mit geringem Einkommen ist ebenfalls ein Plus um fünf Euro auf 25 Euro geplant.
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- ARD-Deutschlandtrend Bundeskanzler Scholz büßt weiter ein – Merz und Weidel legen zu
- Breite Mehrheit Bundestag beschließt Grundgesetzänderung für Bundesverfassungsgericht
- Kanzler erklärt „peinlichen“ Vorfall Scholz stellt Esken im Bundestag bloß und bezeichnet Merz als „Fritze“
- Bundestagswahlen Scholz und Merz duellieren sich zweimal im TV
- Scholz und die Vertrauensfrage Der Tiefpunkt einer blamabel gescheiterten Regierung
- Vertrauensfrage Das waren die denkwürdigsten Momente der historischen Sitzung
- Kanzler nutzt Rede für Wahlkampf Bundestag entzieht Olaf Scholz das Vertrauen – Weg für Neuwahlen frei
Außerdem soll der Effekt der Inflation auf die Einkommensteuer ausgeglichen werden. Dafür werden alle Eckwerte im Steuertarif bis auf die Reichensteuer so verschoben, dass höhere Steuersätze erst später greifen. Unter anderem wird der Grundfreibetrag angehoben, also der Teil des Einkommens, der nicht besteuert wird. Der Entwurf sieht für 2025 ein Plus von 312 Euro auf dann 12.096 Euro vor. Im Jahr 2026 soll er weiter steigen. Auch die Freigrenze für den Solidaritätszuschlag wird angepasst.
Damit die Entlastungen tatsächlich kommen, muss der Bundesrat zustimmen. Da die Länder durch die Steuerentlastung Einnahmen verlieren würden, ist ihre Zustimmung keinesfalls ausgemacht.
Verfassungsgericht
Schon vor dem Ende der Ampel-Koalition hatten sich SPD, Grüne, FDP und die Union auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der das Bundesverfassungsgericht widerstandsfähiger machen soll gegen Einflussnahme und Blockade durch Verfassungsfeinde. Darüber wird nun ebenfalls am Donnerstag abgestimmt. Kern des Reformvorhabens ist, dass bestimmte Regeln künftig nicht mehr mit einfacher Mehrheit geändert werden können. In Polen und Ungarn habe sich gezeigt, wie Feinde der Demokratie eine Parlamentsmehrheit für die Einflussnahme auf das Verfassungsgericht missbrauchen könnten, hieß es von den Initiatoren. Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Nun sollen die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren im Grundgesetz festgeschrieben werden, sodass Änderungen nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich wären. Auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate soll verankert werden. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts nie gefährdet ist, soll im Grundgesetz außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt.
Deutschlandticket
Zur finanziellen Absicherung des beliebten Deutschlandtickets im Nahverkehr im kommenden Jahr soll das Regionalisierungsgesetz geändert werden. Im Kern geht es um die Übertragbarkeit von Restmitteln aus staatlichen Zuschüssen auf Folgejahre. SPD, Grüne und Union einigten sich auf die Änderung. Wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist offen. Nur noch für 2025 sind Bundesmittel festgeschrieben. Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sagte: „Was nach 2025 passiert, muss die neue Bundesregierung gemeinsam mit der neuen Koalition entscheiden.“
Schutz vor häuslicher Gewalt
Familienministerin Lisa Paus wirbt eindringlich für ein Gesetz, das Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen und im Notfall einen Rechtsanspruch auf Hilfe und Schutz garantieren soll. „Ich bitte die Union herzlich darum, das Gewalthilfegesetz im Bundestag ernsthaft zu beraten, gern noch besser zu machen, aber noch vor den Neuwahlen zu beschließen“, sagte die Grünen-Politikerin. Auf Unionsseite stellt Fraktionsvize Andrea Lindholz klare Bedingungen: Unter anderem solle der Schutz in Frauenhäusern nicht für Transfrauen gelten. Der Regierungsentwurf nimmt aber ausdrücklich Bezug darauf, dass auch Transfrauen unter den Begriff „Frau“ fallen würden.
CO2-Speichergesetz
Union und FDP haben ihre Zustimmung zu einem Gesetzentwurf zur Speicherung klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) signalisiert. Das Gesetz sieht vor, zum Erreichen der Klimaziele in größerem Stil eingefangenes CO2 in einem unterirdischen Speicher zu lagern. Vorgesehen ist dies vor allem in der Nordsee. So will man mit schwer vermeidbaren Emissionen etwa in der Zementproduktion umgehen.
Bundeswehrmandate
Vier Auslandseinsätzen der Bundeswehr sollen vorzeitig verlängert werden. Die deutsche Beteiligung an der durch die Europäische Union geführten Operation Eunavfor Aspides sowie an der UN-Mission UNMISS im Südsudan soll bis 31. Oktober 2025 weiter laufen. Die Entsendung deutscher Soldaten für die von der Nato geführte maritime Sicherheitsoperation Sea Guardian sowie für die EU-geführte Operation Eunavfor Med Irini im zentralen Mittelmeer soll bis 30. November 2025 verlängert werden. Erwartet wird, dass die Union mitstimmt. (dpa)