Ein Eigentümer berichtet von einem „regelrechten Preisschießen“ auf die Balkone. Die Anwohner fürchten um ihre Sicherheit.
SilvesterBergisch Gladbach prüft Feuerwerksverbot für Wohnpark – Anwohner haben Angst
Böller, Feinstaub, verängstigte Tiere. Jedes Jahr zu Silvester gibt es Diskussionen um das große Knallen. Für den Wohnpark Bensberg prüft die Stadtverwaltung nun konkret, ob die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, das Feuerwerk in der Hochhaussiedlung zu verbieten. Anwohner setzen sich dafür ein: Sie haben Angst und fürchten um ihre Sicherheit.
„Ich habe das Gefühl, es findet ein regelrechtes Preisschießen durch frustrierte Mitbewohner statt“, berichtet ein Wohnungseigentümer, der außerdem eine Wohnung im 18. Stock im Wohnpark Bensberg vermietet. Markus Bollen (Grüne) hat mit ihm gesprochen und trägt in der Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Umwelt am Dienstagabend vor, was der Mieter in der vergangenen Silvesternacht durchmachen musste.
Rakete setzte Holzrahmen von Fenster in Brand
„Eine Rakete setzte Teile der Holz-Fensterverkleidung in Brand. Durch einen Türspalt drang das Feuer rasch in die Wohnung. Zum Glück war mein Mieter zu Gast gegenüber und konnte relativ schnell eingreifen und die Feuerwehr informieren.“
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„Es ist zum Fürchten“, sagt der Vermieter auch im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich traue mich an Silvester nicht aus dem Haus. Je nach Windrichtung landen zehn Raketen auf meiner Dachterrasse. Das ist lebensgefährlich.“ Seinen Namen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen. Er könne nicht ausschließen, dass die Feiernden seine Wohnung beim nächsten Mal absichtlich ins Visier nehmen würden.
Anwohnerin verlor bei Brand fast ihr Leben
Die Initiative, in dem dicht bebauten Hochhausgebiet eine Feuerwerksverbotszone festzulegen, geht von Christiane Bertram aus – ebenfalls ein Opfer der Böllerei aus dem 15. Stock. Vor acht Jahren schlug, wie berichtet, ein Feuerwerkskörper auf ihrem Balkon ein, setzte eine Liege in Brand, die Fensterscheiben barsten, das Feuer breite sich innerhalb kürzester Zeit in der ganzen Wohnung aus.
Sie verlor alles, „was ein Leben ausmacht“, sagte sie noch immer traumatisiert Ende August in der Sitzung des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden: „Überall, wo Hochhäuser in der Stadt sind, muss Feuerwerk verboten werden“, fordert sie. Den Brand in ihrer Wohnung habe sie nur knapp überlebt.
Thermik sorgt dafür, dass Böller sich auf Balkone verirren
Im Nachgang zu ihrem Vorstoß im Beschwerdeausschuss habe Bertram sehr viel Unterstützung von Nachbarn erhalten. „Jedes Jahr gibt es neue Vorfälle, die vor allem uns in den oberen Etagen Angst machen“, berichtet sie. Viele kleinere Vorfälle würden oft gar nicht erst gemeldet.
Auch wenn man den jungen Leuten keine Absicht unterstelle: Thermik- und Windverhältnisse sorgten in den engen Schluchten dafür, dass Feuerwerkskörper auf Balkone und in Fenster der Wohnhäuser abdrifteten, sagt Bertram.
Stephan Dekker, Leiter des Fachbereichs für Umwelt und Technik, berichtet, dass auf Grundlage des Bundes-Sprengstoffgesetzes drei rechtliche Möglichkeiten infrage kommen, im Wohnpark eine Feuerwerksverbotszone anzuordnen. Geklärt werden könne, ob eine besondere Schutzbedürftigkeit des Gebietes vorliege.
Deshalb ist es seit 2009 sogar grundsätzlich untersagt, in unmittelbarer Nähe zu historischen Gebäuden Feuerwerkskörper abzubrennen. Auch Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime sind mit einbezogen, um die Bewohner und Patienten zu schützen.
Rechtsgutachten soll bis November vorliegen
Dekker geht davon aus, dass es sich beim Wohnpark Bensberg um einen dicht besiedelten Teil in Bergisch Gladbach handele. Sofern es dort aber keine besonders brandempfindlichen Anlagen wie beispielsweise Reetdächer gebe, betont er, dürften nur Feuerwerkskörper mit ausschließlicher Knallwirkung verboten werden. Geprüft werden könne zudem, ob das Abbrennen von Feuerwerkskörpern eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle.
Nach dem einstimmigen Votum des Ausschusses für Infrastruktur und Umwelt sagt Dekker zu, bis zur nächsten Sitzung am 26. November ein abschließendes Rechtsgutachten vorzustellen. So bliebe noch ausreichend Zeit, um für den kommenden Jahreswechsel Vorkehrungen zu treffen.
Die Stellungnahme der Kreispolizeibehörde liegt bislang noch nicht vor. Die Feuerwehr registrierte in ihrer Statistik seit 2013 nur zwei Brände. Dies widerspricht den Erzählungen von Betroffenen in den beiden Ausschüssen: Zum Beispiel berichtete der Nachbar von Christiane Bertram im Beschwerdeausschuss, dass sich vor einigen Jahren ein Böller unter seiner Markise verfangen hatte.