Zu früh den Stecker gezogen?Wie das Aus für „A+++“-Modelle den Handel herausfordert
Berlin – Waschmaschine, Geschirrspüler, Kühl- und Gefrierschränke, Fernseher und Monitor: Seit 1. März müssen diese Haushaltsgeräte mit den neuen EU-Effizienzlabels zum Energieverbrauch ausgezeichnet sein. Auffälligste Veränderung für Verbraucher: Die Bewertungsskala reicht nur noch von A bis G. Die Plus-Klassen in der Bestklasse A sind Geschichte.
Viele vormals „A+++“-Haushaltsgroßgeräte – vor allem Kühlschränke – rutschten in die schlechtere Klasse „C“ ab. Nur wenige schafften es in die „B“-Klasse. Das liegt daran, dass sich auch die Prüf- und Messverfahren für die neue Klassifizierung verändert haben.
Energieeffizienz ist Verbrauchern wichtig
„Das EU-Energieeffizienzlabel ist ein wichtiges Marketingargument beim Kauf von Großgeräten wie beispielsweise Waschmaschinen“, sagte Steffen Kahnt, Geschäftsführer Bundesverband Technik des Einzelhandels (BVT), im Gespräch mit unserer Redaktion. Dass das Thema Energieeffizienz bei der Anschaffung von Haushaltsgeräten eine große Rolle für Verbraucher in Deutschland spielt, ist auch das Ergebnis einer aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts GfK. Es sei der „wichtigste Kauftreiber“: 82 Prozent der Befragten gaben an, dass das Energielabel einen Einfluss auf ihre Entscheidung für oder gegen ein Gerät habe.
Neue Klassifizierung findet Zustimmung
Laut einer Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentrale halten 68 Prozent der befragten Onlinekäufer die geänderte Klassifizierung für eine sinnvolle Neuerung, ebenso wie den abgebildeten QR-Code mit zusätzlichen Produktinformationen (60 Prozent). Dennoch gibt es offenbar eine Wissenslücke: 44 Prozent fühlen sich über die neuen Prüf- und Messverfahren nicht ausreichend informiert. Sie sollen die Nutzungsdauer der Geräte besser berücksichtigen und Hersteller anspornen, die nächste Gerätegeneration noch energiesparender zu entwickeln, erklären die Verbraucherschützer. (dpa)
Trotz großen Interesses der Kunden lief die Umstellung auf das neue Label nicht reibungslos. Im November präsentierte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) das Ergebnis eines Marktchecks: Die Untersuchung im März und April habe ergeben, dass Verbraucher „im Online-Handel nach der Einführung der neuen Energielabel nicht in jedem Fall transparente und einheitliche Angaben über die Energieeffizienz von Haushaltsgeräten zur Verfügung gestellt wurden“, erklärte Sabine Lund, Referentin im Team Marktbeobachtung Energie des vzbv. 34 Onlineshops und 145 Produkte wurden untersucht. Zwar sei mit 69 Prozent mehrheitlich das neue Energielabel in dem Produktangebot eingefügt gewesen, in 19 Prozent der Fälle wurde jedoch noch mit dem alten Label geworben, bei 12 Prozent fand sich gar kein Label. Der vzbv hat nach eigenen Angaben 14 Abmahnungen ausgesprochen, unter anderem wegen der fehlenden Angabe des Spektrum A bis G.
Nur die Hersteller können die Labels liefern
„Wir haben im vergangenen Jahr zwei gegenläufige Tendenzen gehabt“, sagte Steffen Kahnt zu den Gründen, warum die Umstellung für den Handel eine besondere Herausforderung darstellte: „Zum einen standen bei vielen Herstellern durch die Pandemie im Sommer 2020 die Bänder still. Erst ab Herbst wurde wieder produziert.“ Vorgabe für die Händler sei jedoch gewesen, dass ab November 2020 den Geräten das alte und neue EU-Energieeffizienzlabel beigelegt werden musste.
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„Die Hersteller sind aber die Einzigen, die die neuen Labels zur Verfügung stellen können, weil es ein aufwendiges Verfahren ist, das Testinstitute durchführen“, sagte Kahnt. Doch damals seien auch die Testkapazitäten knapp gewesen. „Das alles führte dazu, dass sich die Abläufe im Produktionsprozess verschoben haben.“ Praktisch hätte sich für die Händler die Übergangsfrist dadurch verkürzt, meint der BVT-Geschäftsführer.
Frist für Auslaufmodelle
Zudem sei dem Handel erstmals auch eine Frist für den Abverkauf von Auslaufmodellen gesetzt worden: „Der Elektrohandel hatte bis Ende November Zeit, die Geräte in der alten Klassifizierung zu verkaufen“, so Steffen Kahnt. Nach Einschätzung von Verbraucherschützerin Sabine Lund sei es aber fraglich, inwieweit Verbrauchern diese Ausnahmeregelung bekannt war. „Grundsätzlich haben die Händler im vergangenen Jahr mit Hochdruck versucht, diese ,alten’ Geräte mit Preisnachlässen und Aktionen zu verkaufen. Bis auf ein paar wenige Restbestände scheint das Thema im Großen und Ganzen aber im Griff zu sein“, schätzte Kahnt und betonte: „Keinem Händler macht es Spaß, unter dem Druck einer Übergangsfrist Restbestände zu verkaufen, denn er verschenkt da noch einmal Geld. Uns wäre es immer lieber gewesen, wir hätten zeitlich unbegrenzt abverkaufen können.“