- Die Kosten für Benzin und Diesel sind zuletzt zwar wieder etwas gesunken, liegen aber nach wie vor sehr hoch.
- Nun prüft das Bundeskartellamt mögliche Preisabsprachen.
- Wer profitiert von dem hohen Niveau?
Die Spritpreise an den Tankstellen sind seit Kriegsbeginn explodiert: von rund 1,70 Euro auf 2,20 Euro, bei Diesel lagen sie pro Liter zeitweise sogar bei über 2,30 Euro. Dagegen sind die Ölpreise nach dem Anstieg auf rund 140 Dollar pro Fass wieder gesunken. Am Mittwoch lag der Preis pro Barrel bei rund 100 Dollar – das entspricht in etwa dem Niveau vor dem Kriegsausbruch. „Der Ölpreis ist ja deutlich gesunken in den letzten Tagen. Und trotzdem bewegen sich die Preise an den Tankstellen nicht“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven Christian Kindler, am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Das spricht für massive Spekulation – und den Verdacht von Preisabsprachen, die dort stattfinden.“
In der Tat ist Spekulation an den Märkten ein Teil der Erklärung der hohen Energiepreise. Denn der Preis an den Ölmärkten richtet sich nicht in erster Linie nach der aktuellen Situation, sondern der Erwartung. Der Ausbruch des Krieges hatte weder das tatsächliche Angebot noch die Nachfrage schlagartig geändert. Aber an den Märkten sind die Preise dennoch explodiert, weil die Folgen des Angriffs Russlands auf die Ukraine abzusehen waren. Umgekehrt hält der leider weiter an – und trotzdem haben sich die Preise an den Rohstoffbörsen wieder beruhigt.
Vergleich mit anderen EU-Ländern
Dem Verdacht auf mögliche Preisabsprachen geht nun das Bundeskartellamt nach. „Wenn die Rohölpreise jetzt wieder sinken und die Tankstellenpreise dem nicht folgen oder sogar weiter steigen sollten, muss man sich das genau ansehen“, sagte der Präsident der Bonner Behörde, Andreas Mundt, am Mittwoch. „Dazu gehören mehrere Marktstufen: vom Rohölmarkt über die Raffinerien und den Großhandel bis zu den Tankstellenbetreibern.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Behörde solle „bei jeglichem Hinweis auf missbräuchliches Verhalten tätig“ werden. Es sei nicht akzeptabel, dass Unternehmen aus der aktuellen Situation „unangemessene Gewinne schlagen“, kritisierte er. Sollten sich aus der Beobachtung der Diesel- und Benzinpreise Hinweise auf ein missbräuchliches Verhalten ergeben, werde die Bundesregierung entsprechende gesetzliche Maßnahmen vorbereiten. Das Kartellamt soll auch die Lage auf dem deutschen Markt mit der Entwicklung in anderen EU-Ländern vergleichen.
Dass die Preise hochschnellen, wenn der Ölkurs am Weltmarkt steigt, ist ein altbekanntes Phänomen. Ebenso lehrt die unschöne Erfahrung, dass bei Kursrückgängen am Ölmarkt der Benzinpreis an den Tankstellen nur stark verzögert wieder sinkt. „Der Kraftstoffmarkt ist relativ intransparent. Hier ein bisschen mehr Transparenz zu schaffen ist sicher nicht verkehrt“, sagte deswegen ADAC-Sprecher Andreas Hölzel dieser Zeitung.
Was aber treibt nun die Tankstellenpreise? Klar ist zum einen, dass die Förderländer aktuell mehr beim Ölverkauf kassieren können. Allerdings kann man damit nur einen geringen Teil des Preisanstieges erklären. Ein anderer Teil der Spritpreise landet beim Staat. Dabei sind Energiesteuer und CO2 -Abgabe unabhängig von aktuellen Preisbewegungen; sie gelten pro Liter Treibstoff. Durch die Mehrwertsteuer dagegen nimmt der Staat bei Preiserhöhungen entsprechend mehr ein. Allerdings fallen dafür in der Regel Einnahmen an anderer Stelle weg. Denn Geld, das viele Haushalte jetzt zusätzlich an den Tankstellen lassen müssen, können sie an anderer Stelle nicht mehr ausgeben. Daher dürfte der Staat nicht in erster Linie der Profiteur der hohen Spritpreise sein.
Regierung beschließt Entlastungen
Da Beobachter davon ausgehen, dass bei Tankstellen untereinander starke Konkurrenz herrscht, dürften sich deren Aufschläge bei den Spritpreisen auch in Grenzen halten. Bleiben also die Mineralölkonzerne und ihre Raffinerien. Und hier heißt es auch beim Mineralölverband selbst, dass einige Unternehmen von der aktuellen Entwicklung profitieren. „Man kann sagen, dass einige Raffinerien nach einer zweijährigen Durststrecke jetzt möglicherweise ins Plus gedreht haben“, sagte Alexander von Gersdorff, Sprecher des deutschen Mineralölverbandes, der sich nun „en2x“ nennt. Der Mineralölverband betont aber gleichzeitig, dass das Geschäft schwierig bleibe, weil auch die Mineralölkonzerne höhere Einkaufs- und Logistikkosten stemmen müssten.
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Als Reaktion auf die hohen Energiepreise jedenfalls hat das Bundeskabinett am Mittwoch Entlastungsmaßnahmen auf den Weg gebracht – sie müssen allerdings im Bundestag und teilweise auch im Bundesrat noch beschlossen werden. So soll der Arbeitnehmerpauschbetrag (Werbekostenpauschale) um 200 Euro auf 1200 Euro erhöht werden – und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2022. Außerdem steigt der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9984 Euro auf 10347 Euro. Des Weiteren soll die Pendlerpauschale steigen. Für Pendler ab dem 21. Kilometer wird die Entfernungspauschale auf 38 Cent bereits in diesem Jahr erhöht. Auch beim Heizkostenzuschuss für finanzschwache Haushalte bessert die Ampel nach. Statt 135 Euro sollen allein lebende Wohngeldempfänger einen einmaligen Zuschuss von 270 Euro zu ihren Heizkosten bekommen. (mit dpa/afp)