Shell Rheinland RaffinierieWesseling als Vorreiter einer neuen Energiewelt
- Shell wendet sich ab vom Rohöl und bricht in eine neue Energiewelt auf
- Wie die aussehen könnte zeigt sich bald in der Rheinland Raffinerie
Köln – Die Shell Rheinland Raffinerie ist die größte in Deutschland. Bis zu 3000 Beschäftigte in den Werksteilen in Köln-Godorf und Wesseling produzieren rund zehn Prozent des in Deutschland verbrauchten Diesel- und Ottokraftstoffes, rund 15 Prozent des hier verbrauchten Kerosins sowie Produkte für die chemische Industrie. „Die Rheinland Raffinerie ist das Herzstück der alten Shell in Deutschland“, sagte Raffineriedirektor Marco Richrath, als er am Freitag kräftige Veränderungen in Wesseling ankündigte.
„Sie bleibt auch das Herz der neuen Shell“, so Richrath weiter. Die Raffinerie werde eine Schlüsselrolle beim Umbau weg vom rohöldominierten Angebot spielen. Shell setzt auf erneuerbare Energien, Recycling von Rohstoffen und alternative Kraftstoffe. Letztlich will Shell den CO2 -Ausstoß zunächst deutlich reduzieren und dann bis 2050 klimaneutral sein.
Was hat der Ölkonzern Shell in Wesseling vor?
Die Raffinerie wird „Energy and Chemicals Park“. Sie ist eine von sechs der derzeit 13 Shell-Raffinerien weltweit, die so umgebaut werden. Sieben werden geschlossen. Shell wandelt sich. „Wir werden 2050 noch ein bisschen Öl und Gas in unserem Energiemix haben, aber unser Hauptfokus wird auf nachhaltigem Strom sein, bei Biokraftstoffen, Wasserstoff und anderen alternativen Lösungen“, hatte Shell-Konzernchef Ben van Beurden 2020 angekündigt.
Shell kauft Next Kraftwerke
Shell übernimmt Next Kraftwerke komplett. Der Kölner Strom und Energiehändler wird Teil der Renewables & Energy Solutions-Sparte des Energieriesenteilte die Unternehmen mit. Next Kraftwerke bleibt als eigenständiges Unternehmen mit der heutigen Geschäftsführung und existierenden Marke bestehen. Allen Mitarbeitern sei darüber hinaus die Weiterbeschäftigung zugesichert.
2009 wurde Next Kraftwerke gegründet. Mit 186 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im abgelaufenen Jahr einen Umsatz von 627,7 Millionen Euro. Das Unternehmen betreibt ein virtuelles Kraftwerk mit über 10.000 Anlagen und versteht sich als Plattform, die die Produzenten von Strom aus Biogas-, Wind- und Solaranlagen vernetzt mit gewerblichen und industriellen Verbrauchern sowie Stromspeichern. Sollte etwa ein Solarpark unter Wolken liegen, kommt die benötigte Strommange etwa aus Bioenergie. Andererseits können flexible Verbraucher günstig einkaufen oder Strom gespeichert werden, wenn der Wind heftig weht und es viel Windstrom zu günstigen Preisen gibt. (raz)
Der neue Name ist Programm. Der Standort wird ein Chemiepark, den Shell selbst betreiben will, der aber offen für Partner ist. Das können etwa Dienstleister sein, die sich hier ansiedeln, oder Gemeinschaftsunternehmen. Ihnen stehe dann eine vollständige petro-chemische Infrastruktur zur Verfügung, ein Versorgung mit Strom oder Dampf sowie die gute Verkehrsanbindung, so Fabian Ziegler, Vorsitzender der Geschäftsführung Shell Deutschland Oil. Es entsteht auch ein EnergieCampus vor den Wesselinger Werkstoren, in dem Shell mit Partnern Technologien zur Energiewende entwickelt will. Und dann will Shell kräftig in neue Anlagen investieren.
Welche neuen Anlagen will Shell in Wesseling errichten?
Eine sogenannte PTL-Anlage soll entstehen. Die Abkürzung steht für Power-to-Liquide. Mit regenerativem Strom soll hier nachhaltiges Flugbenzin erzeugt werden. Shell setzt dabei auf Holzreststoffe als Biomasse, möglich wären auch Reststoffen der Lebensmittelindustrie wie etwa Frittierfett. So werden bei der Produktion von Kerosin sowie Rohbenzin (Naphtha) die CO2 -Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen Produkten um mehr als 80 Prozent reduzieren, so Shell.
Eine noch bessere Bilanz könnte die Produktion von Rohöl, das dann weiterverarbeitet wird mit regenerativ erzeugtem Strom , Wasser und CO2 aus der Atmosphäre erbringen. Wie dem auch sei. Die Dekarbonisierung des Luftverkehrs ist derzeit laut Richrath die schwierigste Aufgabe. Die Shell-Anlage könnte immerhin 100 000 Tonnen nachhaltiges Flugbenzin herstellen. Das sei die Hälfte der Zielmenge der Bundesregierung für 2028.
Und dann soll die Kapazität der PEM-Wasserstoff-Elektrolyse-Anlage, die Shell derzeit mit Partnern fertigstellt, von derzeit 10 Megawatt auf 100 Megawatt verzehnfacht werden. Wasserstoff für Brennstoffzellen ist der Treibstoff der Wahl für den LKW und Busverkehr, der weite Strecken zurücklegt, die die Batterien nicht ausreichend leistungsfähig oder zu teuer sind. Die 10-MW-Anlage, mit deren Bau 2019 begonnen wurde, soll in Sommer in den Betrieb gehen als eine der ersten derartigen Elektrolyse-Anlagen. Den Strom aus erneuerbaren Energien dafür bezieht Shell vorzugsweise von Anbietern in der Region.
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„Wir werden die Mobilität in Zukunft nur erhalten können, wenn diese nachhaltiger gestaltet wird und die Verkehrsteilnehmer auf der Straße, zu Wasser und in der Luft Emissionen signifikant senken können“, sagte Shell Deutschland Oil-Chef Ziegler.
Produkte für die Industrie oder Bitumen für den Straßenbau werden in der Raffinerie aber auch in Zukunft hergestellt.
Sind die Entscheidungen zum Bau schon gefallen?
Nein. Die Entscheidung zum Bau der Elektrolyseanlage könnte noch Ende dieses Jahres fallen, so Richrath. Dann könnte die Anlage vor Ende 2025 stehen. Die Investitionsentscheidung für die Anlage für nachhaltiges Flugbenzin solle im kommenden Jahr fallen. Dann könne 2025 produziert werden. Shell brauche aber eine Förderung von der EU, dem Bund und dem Land NRW. Summen nennt Shell nicht. Aber weder grüner Wasserstoff noch nachhaltiges Flugbenzin sind derzeit wettbewerbsfähig. „Grüner“ Wasserstoff kostet laut Ziegler etwa fünf bis sechs Euro pro Liter, „grauer“ aus Erdgas unter Freisetzen von CO2 etwa 1,50 Euro pro Kilo. Diese Lücke müsse überbrückt werden, so Ziegler. Nachhaltiges Flugbenzin kostet laut Ziegler derzeit etwa drei Euro pro Liter. Dabei hat ein Teil der Mehrkosten seine Ursache im teureren Strom aus erneuerbaren Quellen. Shell gibt auch kein genaues Investitionsvolumen an. Es gehe um „signifikante Beträge von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr“ , so Ziegler
Was bedeutet der Raffinerie-Umbau für die Mitarbeiter?
Die Mitarbeiter sehen den Umbau positiv als Bekenntnis zum Standort, sagte Ziegler. Der Wandel in die neue Energiewelt sei zu schaffen. Beim Umbau von der grauen in die grüne Energiewelt könnten Arbeitsplätze erhalten werden.