Schwere Zeiten in Köln BonnWas der Abgang von Vanneste für den Flughafen bedeutet
- Für den Neustart nach der Pandemie sucht der Airport einen neuen Chef.
- Johan Vanneste geht aus persönlichen Gründen.
- Der Aufsichtsrat stimmte einer Vertragsbeendigung zum Jahresende zu.
Köln – Johan Vanneste kann richtig anpacken. Zuletzt war sich der Chef des Flughafens Köln/Bonn auch nicht zu schade, beim Be- und Entladen von Maschinen zu helfen. Nach dem tiefen Einbruch in der Corona-Pandemie hatte der Verkehr wieder angezogen. Und dafür hatte der Flughafen nicht genug Personal. Doch mitten in der Pandemie bat Vanneste (61) den Aufsichtsrat am Donnerstag um vorzeitige Beendigung seiner Tätigkeit. Das Kontrollgremium stimmte der Auflösung seines Vertrages zum 31. Dezember 2021 zu, wie der Flughafen am Mittag mitteilte.
Stichtag ist der 31. Dezember
Vanneste habe als Grund Veränderungen in seinem persönlichen familiären Umfeld genannt. Operative Verantwortung wolle er nicht mehr in einem anderen Unternehmen übernehmen, wenn er am 31. Dezember in Köln/Bonn aus dem Amt scheide. Bis dahin werde er den Flughafen zusammen mit dem Finanzgeschäftsführer Torsten Schrank leiten. „Der Aufsichtsrat bedauert diesen Schritt von Herrn Vanneste sehr, hat aber großes Verständnis für seine Beweggründe und wünscht ihm für seine persönliche Zukunft alles Gute“, sagte Aufsichtsratschef Klaus-Dieter Scheurle. Er dankte Vanneste für die geleistete Arbeit in schwieriger Zeit. Vereinbarungsgemäß wäre der Vertrag bis Ende April 2026 gelaufen.
Der Belgier Vanneste, der in den Niederlanden studiert hatte, rückte im Mai 2018 an die Spitze des Flughafens. Davor hatte er zahlreiche Führungspositionen bei Fracht- und Personenfluggesellschaften innegehabt und war zuletzt Chef des Flughafens Luxemburg. Er sollte den Flughafen in ruhigeres Fahrwasser bringen, wünschte sich der damalige Aufsichtsratschef Friedrich Merz. Zuvor hatte Ende 2017 der langjährige Flughafen-Chef Michael Garvens nach einer Schlammschlacht den Flughafen verlassen.
Vanneste wollte Geschäft rund ums reine Fliegen stärken
Im operativen Geschäft wollte Vanneste die Geschäfte außerhalb des eigentlichen Flugbetriebes stärken. Das Vermieten von Läden, Restaurants, Bars und auch weitere Immobilien brächten das Geld, nicht regulierte Gebühren für Starts und Landungen und auch nicht die Bodenverkehrsdienste rund um Abfertigung und Be- und Entladen der Flieger. Die machten in Köln/Bonn unter dem Dach der Flughafengesellschaft Verlust, so Vanneste Ende 2018 in dieser Zeitung.
Eine „Airport-City“ sollte auf freien Flächen etwa vor den Terminals entstehen mit einem Hotel, Bürogebäuden und Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Dabei könnte es auch etwas lauter zugehen. Anwohner gibt es dort keine - und leise ist ein Flughafen ohnehin nicht. Nach einer Faustformel erzielen Flughäfen etwa ein Drittel des Umsatzes mit dem Vermieten von Ladenlokalen, Parkplätzen oder Immobilien.
Das Hotel wurde zügig auf die Schiene gesetzt und im Sommer eröffnet. Zunächst war und ist Vanneste aber als Krisenmanager gefordert. Gab es 2018 noch einen kleinen Überschuss, rutschte der Flughafen 2019 in die roten Zahlen. Langstreckenflüge waren nach Düsseldorf abgewandert, Ryanair hatte Flüge etwa nach Berlin-Schönefeld reduziert und auch andere Airlines hatten das Angebot gekürzt. Letztlich gab es 600 000 Fluggäste weniger. Auch wegen Investitionen etwa in die Start- und Landebahnen und wegen Stellenstreichungen gegen Abfindungen gab es einen Fehlbetrag von fast 20 Millionen.
Da halfen auch keine Mieterhöhungen bei auslaufenden Verträgen mit Bars, Restaurants und Geschäften und höhere Parkgebühren und Sparmaßnahmen.
Und dann kam Corona...
2020 sollte es wider schwarze Zahlen geben – doch es kam Corona, und es kam schlimmer. Die Zahl der Passagiere sank um 75 Prozent auf 3,1 Millionen, Einnahmen von rund 130 Millionen gingen verloren, weil auch Shops geschlossen wurden.
Dagegen ließ sich nicht ansparen. Es gab einen Einstellungsstopp, Projekte, die für den operativen Flugbetrieb nicht notwendig waren, wurden verschoben, Kurzarbeit eingeführt. Insgesamt kamen so 80 Millionen zusammen. Dennoch stand unter dem Strich ein Fehlbetrag von 31,1 Millionen. Der Flughafen brauchte eine Kapitalspritze von 75 Millionen von seinen Eignern.
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Im laufenden Jahr zieht seit Mai die Zahl der Fluggäste wieder an. 4,5 Millionen sollen es 2021 werden. Das wären aber noch 64 Prozent weniger als 2019. Auch die Shops öffnen wieder. Freilich nicht alle. Es gebe Insolvenzen, so Finanzgeschäftsführer Schrank bei der Bilanzvorlage Ende Juni. Immerhin über 50 Prozent der Shops seien in der Vermietung. Und wo ein Shop aufgeben müsse, soll auf die Fläche ein neues, moderneres Konzept kommen. Immerhin konnte ein Nachfolger für eine Teilfläche des Duty-Free-Shops von Heinemann gefunden werden. Das Unternehmen hat zum Jahresende 2020 insgesamt fünf Geschäfte in Köln/Bonn aufgegeben. Auch die Business-Lounge wird durch den US-amerikanischen Betreiber GLN wieder eröffnet, nachdem die Lufthansa die aufgegeben hatte. Von neuen Bauten in der Airport-City ist in er Pandemie aber keine Rede. Und schwarze Zahlen erwartet der Flughafen erst wieder 2023.
Kommentar: Durch Corona gebremst
von Ralf Arenz
Durch die Corona-Pandemie hat Johan Vanneste den Flughafen geschickt gesteuert. Es gelang sogar, im abgelaufenen Jahr operativ ein positives Ergebnis zu erzielen, was sonst keinem Airport glückte. Es wurde kräftig gespart. Vielleicht sogar zu kräftig, wie der Personalmangel beim Be- und Entladen von Flugzeugen im Sommer nahelegt. Seine zukunftsweisenden Ideen konnte er wegen der Pandemie nicht umsetzen. Der Flughafen muss Umsatz und Ergebnis rund um die Vermietung von Shops, Parkplätzen und Immobilien steigern, will er mehr als die mageren Gewinne aus der Vor-Corona-Zeit ausweisen.
Das bleibt einem Nachfolger zu tun. Der muss auch für ausreichend Personal sorgen, gerade damit erstrebtes Wachstum im Frachtbereich gelingt. Hier muss der Service ebenso stimmen wie im Passagierverkehr. Fracht ist ein Baustein in einem zu erstellenden Zukunftskonzept, das sagt, wie sich Köln/Bonn neben den großen Nachbarn Düsseldorf und Frankfurt behaupten kann.