Köln – Der Kölner E-Sport-Veranstalter ESL kommt in neue Hände. Die schwedische Modern Times Group (MTG) hat ESL Gaming mit rund 600 Mitarbeitern für gut eine Milliarde Dollar an die Savvy Gaming Group (SGG) verkauft, wie beide Unternehmen bekannt gaben. Hinter SGG steckt der saudi-arabische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF).
Der bisherige Eigentümer MTG hatte ESL vor sieben Jahren übernommen und den Firmenwert seitdem laut eigener Aussage um das Zweieinhalbfache gesteigert.
Ein neuer Online-Spielegigant entsteht
SGG formt so einen neuen Online-Spielegiganten. ESL, die sich als führenden E-Sport-Anbieter der Welt bezeichnen, soll nämlich unter einem Dach mit dem britischen E-Turnier-Plattform-Anbieter Faceit zusammengeführt werden, den SGG ebenfalls kauft. ESL und Faceit kommen auf einen Jahresumsatz von rund 200 Millionen Dollar (rund 175 Millionen Euro).
Die Nische hat E-Sport verlassen und erreichte 2019 weltweit ein Publikum von 443 Millionen Menschen. Es verteilt seine Aufmerksamkeit laut dem Branchenverband Game relativ gleichmäßig unter den Spielekategorien Kampfarenen (MOBA), Shootern, Renn- und Sport-simulationen, Battle-Royale-Games und Strategiespielen. Bei den Turnieren geht es um teils hohe Preisgelder.
38 Prozent der Deutschen haben sich schon einmal einen E-Sport-Event angeschaut. Das macht E-Sport auch für die Werbewirtschaft interessant. Gut die Hälfte aller Erlöse erzielt die Branche mit Sponsoren. (raz)
MTG hielt 91,5 Prozent an ESL. Die restlichen Anteile, die SGG laut Handelsblatt ebenfalls übernimmt, halten Firmengründer Ralf Reichert (47) sowie weitere Manager. Die Transaktion soll im zweiten Quartal 2022 abgeschlossen werden.
ESL veranstaltet Wettkämpfe mit Computerspielen von Auto Chess, das Schachspiel mit einem Kampfarena-Spiel für mehrere Mitspieler verbindet, bis zu Wild Riff. Das ist die verkürzte Version von League of Legends, eines der berühmtesten Kampfarena-Spiele für mehrere Mitspieler, das im abgelaufenen Jahr 180 Millionen Nutzern weltweit hatte.
Turniere in aller Welt stehen auf dem Plan
Allein für den Donnerstag sind auf der ESL-Homepage acht Turniere ausgewiesen mit bislang rund 1000 angemeldeten Spieler. ESL ist weltweit tätig.
Reichert, ein begeisterter Computer-Spieler, erkannte vor über 20 Jahren die Möglichkeiten von Events, bei denen über ein Netzwerk an Computern gegeneinander gespielt wird. Im Jahre 2000 ging aus einem Vorgängerunternehmen ESL hervor. Nach eher bescheidenen Anfängen auf LAN-Partys entwickelten sich Wettbewerbe, die vor der Pandemie mehrere Tausend Zuschauer anlockten. Mehrmals füllten ESL-Turniere die Kölner Lanxess-Arena.
Trotz Corona: Im Februar sollen 10.000 Menschen zu einem Turnier versammelt werden
Wegen Corona hatte sich ESL zuletzt komplett auf virtuelle Veranstaltungen konzentriert, die gestreamt werden. Das freilich hatte Spuren in der Bilanz von MTG hinterlassen. Immerhin konnte das Unternehmen im Segment E-Sport zu dem unter anderem ESL gehört, für die ersten drei Quartale des laufenden Jahres einen um 12 Prozent gesteigerten Umsatz auf 988 Millionen schwedische Kronen (rund 94 Millionen Euro) ausweisen. Der operative Verlust (Ebit) sank von 275 Millionen auf 264 Millionen schwedische Kronen. ESL, so schreibt MTG in dem Finanzbericht, habe in dem Zeitraum fünf große Turniere veranstalten können. Im Februar plant ESL ein Turnier in Kattowitz mit 10.000 Zuschauern.
Reichert zieht sich mit dem Verkauf aus dem Tagesgeschäft zurück. Er wird sogenannter Executive Chairman und übernimmt damit eine Kontrollfunktion und steht auch als Berater zur Verfügung.