MedizintechnikherstellerWie Sarstedt aus Nümbrecht in der Corona-Krise hilft
Nümbrecht – Die Erfolgsgeschichte begann 1961 in einer kleinen Halle in Rommelsdorf, einem Ortsteil von Nümbrecht im Oberbergischen Kreis. Walter Sarstedts erstes Produkt kam vergleichsweise unscheinbar daher. Doch das von ihm hergestellte Tablettenröhrchen zeichnete etwas Besonderes aus. Es war aus Kunststoff gefertigt und ersetzte die damals gebräuchlichen Aluminium- und Glasröhrchen - es war leicht, preiswert, nahezu unzerstörbar. Erster Großabnehmer der kleinen Röhren war der Chemieriese Bayer im nicht so fernen Leverkusen.
Inzwischen ist Sarstedt eine Aktiengesellschaft und einer der führenden Hersteller in der Labor- und Medizintechnik. Rund 2800 Mitarbeiter erwirtschaften nach Vorstandsangaben in 14 Werken weltweit einen konsolidierten Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. Hauptsitz ist nach wie vor Nümbrecht, wo Sarstedt mit rund 1200 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber ist. Ein Werk betreibt das Unternehmen seit den 1970er Jahren auch in Rheinbach, wo 150 Menschen unter anderem Reagiergefäße produzieren. Vor zwölf Jahren wurde am Standort ein neues Werk gebaut. Nach dem Tod des Firmengründers 2013 haben die Kinder Doris und Jürgen noch mehr unternehmerische Verantwortung übernommen. Sie sitzen heute dem Aufsichtsrat vor.
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Die Produktpalette reicht mittlerweile von diagnostischen Produkten zur Probenentnahme von Blut, Speichel oder Urin über Reagenz- und Reagiergefäße für Labore, Infusions- und Transfusionsmaterial bis hin zu kompletten Laborautomatisierungssystemen. Zur Anwendung kommen die Produkte bei Ärzten, in Kliniken, Laboren und Blutbanken. Weltweit in der Branche einen Namen gemacht hat sich Sarstedt mit seinen Blutentnahmesystemen, die eine ebenso schonende wie präzise Saug- und Vakuumtechnik vereinen.
Auch Samstags- und Sonntagsproduktion
Die Coronapandemie hat das ansonsten eher stabile und kontinuierliche Geschäft der Nümbrechter in den letzten Wochen stark beeinflusst, allerdings nicht bei allen Produkten. "Unsere Produktion läuft in den wichtigsten Bereichen dreischichtig.
Für besonders dringend benötigte Artikel haben wir die Fertigung auch auf Samstags- und Sonntagsproduktion ausgeweitet. Insbesondere bei den primär für die Coronadiagnostik benötigten Artikeln registrieren wir eine erhöhte Nachfrage", sagt Vorstand Hans-Günter Klein: "Daneben haben wir allerdings auch insgesamt eine gewisse Tendenz unserer Kunden zur Bevorratung registriert, die von einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis getragen ist. Es ist offensichtlich, dass sich unsere Kunden insbesondere in der ersten Phase der Coronapandemie im März 2020 hohe Sicherheitsbestände angelegt haben."
Rückgang bei coronafernen Diagnostiken
"Die letzten Tage zeigen allerdings schon deutliche Signale, dass sich Produkte, die keinen unmittelbaren Bezug zur Coronadiagnostik ausweisen, rückläufig entwickeln", sagt Vorstand Rainer Schuster. "Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass derzeit medizinische Leistungen außerhalb der Coronapandemie zurückgefahren werden - zum Beispiel werden nicht zwingend notwendige Operationen verschoben - und zudem werden weniger diagnostische Tests benötigt, da wesentlich weniger Menschen zum Arzt gehen", ergänzt Vorstandskollege Timo Schretzmair.
Ein Vorteil gerade in Zeiten der Pandemie ist die sehr hohe Wertschöpfungstiefe. 90 Prozent der Artikel werden von Sarstedt selbst hergestellt und vertrieben. Mitarbeiter, die das Unternehmen für die Produktion einstellt, etwa ausgebildete Mechatroniker, Elektriker oder Werkzeugmechaniker, werden für die Maschinen eigens intern geschult. Dennoch fehlen Fachkräfte.
Expansion in die Ferne, Bekenntnis zur Heimat
Ein Hemmnis für das geplante weitere Wachstum. Schretzmair: "Wir sind in der Vergangenheit stark organisch gewachsen und haben Akquisitionen stets als Ergänzung zu unserem bestehenden Produktportfolio und als Möglichkeit zur weiteren Internationalisierung unseres Geschäfts gesehen." Obwohl die Nümbrechter den Fokus auf Deutschland im Allgemeinen und auf den Heimatstandort im Besonderen gelegt haben, soll die Expansion auch auf den ausländischen Märkten vorangetrieben werden. 2019 wurde bereits eine Produktion in Brasilien in Betrieb genommen, zurzeit baut Sarstedt in Russland.
Ihr Bekenntnis zur Heimat äußert sich nicht nur in dem Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes sowie eines neuen Logistikzentrums in Nümbrecht. Vor allem das soziale Engagement ist dem Unternehmen wichtig. Mit je 10 000 Euro unterstützt Sarstedt etwa das Gesundheitsamt in Gummersbach sowie die Tafel in Waldbröl.