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Krise bei Phoenix-Kreuzfahrten in Bonn„Ewig geht es so nicht weiter“

Lesezeit 4 Minuten
Phoenix Reisen

Die Ge­schäfts­füh­rer von Phoe­nix-​Rei­sen, Benjamin Krumpen (l.) und Johannes Zur­nie­den, vor einem Foto mit der Hoch­see­flotte ihres Kreuz­fahrt­un­ter­neh­mens.

  1. Ihre Hochseeschiffe kennen TV-Zuschauer aus den Serien „Traumschiff“ und „Verrückt nach Meer“.
  2. Bei 450 Millionen Euro Umsatz gehört Phoenix-Reisen aus Bonn zu den Großen der Kreuzfahrtbranche.
  3. Mit den Geschäftsführern Johannes Zurnieden und Benjamin Krumpen sprach Ulla Thiede

Wie erleben Sie die Krise?Zurnieden: In den 47 Jahren von Phoenix-Reisen hat es so etwas nicht ansatzweise gegeben, und zwar im gesamten Tourismus. Ich bin Vizepräsident im Deutschen Reise-Verband und zuständig für die Mittelständler. Die Krise ist existenzbedrohend für einen großen Teil der Branche.

Sind die drei Milliarden Euro, die der Staat dem Tui-Konzern gegeben hat, wirtschafts- und wettbewerbspolitisch gerechtfertigt?

Zurnieden: Das Geld für Tui ist richtig, obwohl es ein Konzern ist. Sonst wäre der Tourismus sehr viel massiver geschlagen worden. Drei Milliarden Euro sind viel, aber irgendwann gilt eben ‚too big to fail‘ – zu groß, dass man ein Unternehmen scheitern lassen kann, also die Systemrelevanz ist bei Tui da.

Welche Hilfen nimmt Phoenix-Reisen in Anspruch?

Zurnieden: Wir haben als einziger deutscher Reiseveranstalter sofort alles zurückgezahlt an unsere Gäste, vom ersten Tag an, was sonst niemand gemacht hat. Auch jetzt noch bekommt ein Gast ohne Rückfrage alles zurück, wenn er storniert. Das ist möglich, weil wir eine Eigenkapitalquote von gut 50 Prozent haben.

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Wir sind außerordentlich solide finanziert, in all den Jahren haben wir auch immer das Geld im Unternehmen gelassen. Aber auch wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir sagen müssen, ewig geht es so nicht weiter. Wir haben erstmal vorsichtshalber einen Kfw-Kredit geholt, den wir bisher noch nicht in Anspruch nehmen, aber wahrscheinlich müssen.

Zu den Personen

Johannes Zurnieden wurde 1950 in Bergisch Gladbach geboren, ging in Bonn zur Schule, wo er auch ein Semester Jura und Psychologie studierte, bis er 1973 Phoenix-Reisen gründete.

Benjamin Krumpen , Jahrgang 1978, ist in Bonn geboren und seit 1996 bei Phoenix-Reisen, wo er nach dem Abitur seine Ausbildung machte. Seit 2006 ist er neben Zurnieden Geschäftsführer. ut

Krumpen: Wir haben rund 120 Mitarbeiter, fast alle sind in der Kurzarbeit drin. Unser Umsatz von rund 450 Millionen Euro wird dieses Jahr runtergehen auf höchstens 150 Millionen. Wenn wir im Winter auch nicht fahren können, dann verlieren wir den Umsatz eines ganzen Jahres. Das sind rund 200 000 Passagiere, die dann weg sind. Das führt natürlich dazu, dass hier auch weniger zu tun ist. Wobei kein Mitarbeiter von sich aus weggegangen ist. Wir würden auch keinen wegschicken.

Gibt es auch Kritik an den Hilfen des Staates?

Zurnieden: Die Politik macht das eigentlich relativ gut. Ich glaube, da wird augenblicklich mit sehr viel Vernunft gehandelt.

Muss der Staat anderweitig unterstützen?

Zurnieden: Ich bin da leider ein bisschen gespalten. Wir freuen uns über alles, was wir kriegen, aber irgendeiner muss es bezahlen. Natürlich kriegen die am meisten Geld, die am lautesten schreien. Und im DRV sind wir sicherlich aktiv, unsere Kollegen und deren Forderungen zu unterstützen. Aber wir sind auch nicht der Meinung, dass wir ab jetzt die Hände in den Schoß legen und den Staat bitten können, alles zu bezahlen.

Wo fahren Sie jetzt noch?

Zurnieden: Unsere fünf Hochseeschiffe liegen alle in Häfen, wir gehen eigentlich davon aus, dass wir in diesem Jahr nicht fahren werden. Wir versuchen noch, einiges umzusetzen, aber realistischerweise wird das nicht gehen.

Sind Kreuzfahrten ins Blaue ohne Landgänge für Sie denkbar?

Krumpen: Wir haben wirklich darüber nachgedacht, aber als die Pandemie angefangen hatte, haben wir für uns entschieden, sofort unsere Crewmitglieder nach Hause zu bringen zu ihren Familien – in den Philippinen und Indonesien, wir wollten sie nicht auf dem Schiff verweilen lassen. Jetzt müssten wir sie erst zurückholen, versuchen, ob es funktioniert oder nicht, und dann wieder wegbringen. Wir haben dann gesagt, wir sehen das für uns nicht und möchten lieber anfangen, wenn wir wissen, es geht wirklich wieder gut los.

Und auf den Flüssen?

Krumpen: Wir fahren mit 17 Flussschiffen. Das ist nur ein Drittel von der Gesamtflotte von knapp 50.

Zurnieden: Also die Reisen in China sind weg, in Russland, Fernreisen auf dem Amazonas, in Indien und so weiter. Auch in Europa ist es sehr viel weniger.

Reisewarnungen gibt es für 160 Länder.

Krumpen: Die Kunden sind sehr viel flexibler geworden, Kreuzfahrten auf der Donau funktionierten bis Budapest, nun ist Ungarn zu, also fahren wir bis Bratislava in der Slowakei mit Passage Budapest, das heißt ohne Landgang. In Deutschland funktioniert alles sehr gut, die Nachfrage ist auch da, ebenso in Holland und Belgien. Aber Frankreich wird jetzt kritisch, die Seine haben wir komplett abgesagt.

Zurnieden: Man muss sagen, wir haben bis jetzt unter keinem unserer Gäste auf den Flüssen einen Corona-Fall gehabt, und wir bitten natürlich auch unsere Gäste, wenn sie nach der Reise eine Corona-Infektion haben sollten, uns zu informieren.

Mit welcher Auslastung fahren Sie?

Krumpen: Unsere Schiffe fahren jetzt mit 70 Prozent Auslastung, um dem Abstand gerecht zu werden. Aber die Schiffe sind sowieso schon sehr großzügig gebaut.