Konzern-Urgestein Wenning hört aufBayer bekommt neuen Aufsichtratschef
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Leverkusen – Mit dem Ende der Bayer-Hauptversammlung am 28. April endet beim Leverkusener Pharma- und Agrochemiekonzern auch die Ära Werner Wenning. Der 73-Jährige gibt dann nach 54 Jahren Laufbahn bei Bayer den Aufsichtsratsvorsitz ab. Neuer Chefaufseher wird Norbert Winkeljohann, bis 2018 Europa-Chef des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers (PWC), der bereits seit Mai 2018 Bayers Aufsichtsgremium angehört. Neues Mitglied des Aufsichtsrats soll der ehemalige Tui-Finanzvorstand Horst Baier werden.
Seit 1966 im Konzern
„Meine persönliche Lebensplanung sah eigentlich vor, dass ich mich schon im vergangenen Jahr mit Erreichen der Soll-Altersgrenze gemäß Geschäftsordnung des Aufsichtsrats zurückziehen wollte“, sagte Wenning laut Bayer-Pressemitteilung. Der Aufsichtsrat habe das Konzern-Urgestein, 1946 in Opladen geboren, mit Blick auf Bayers Lage jedoch gebeten, im Amt zu bleiben. Die Leverkusener hatten 2019 ein turbulentes Jahr, mit einer Aktie im Sinkflug, Zehntausenden Glyphosat-Klagen im Nacken und drei millionenschweren Schadenersatzurteilen in den USA vor der Brust.
Seit 1966, als er die Lehre zum Industriekaufmann antritt, ist Werner Wenning Bayer treu geblieben. 1970 erhält er seine erste Bewährungschance und baut in Peru das Finanz- und Rechnungswesen einer Bayer-Tochter auf. In Peru werden Wennings Töchter geboren, die Familie bleibt zunächst fünf Jahre dort. Nach Stationen in der internationalen Revision und wiederum in Peru wird Wenning Stabsleiter im Geschäftsbereich Pharma, anschließend Marketing-Chef für Bayer-Kunststoffe.
1992 befördert Bayer ihn zum Landeschef in Spanien. Ein angenehmer Nebeneffekt: Der sportbegeisterte Manager, der früher Fußball gespielt hat und die Heimspiele von Bayer 04 Leverkusen auf der Tribüne verfolgt, erlebt 1982 in Barcelona die Olympischen Spiele: „Das war ein fantastischer Einstieg“, schwärmte er später.
1996 übernimmt Wenning in der Leverkusener Zentrale die Konzernplanung und das Controlling, ein Jahr später gelingt der Aufstieg in den Vorstand. Wenning ist unter Konzernchef Manfred Schneider für das Finanzressort verantwortlich. Im April 2002 wird Wenning Vorstandsvorsitzender und baut den Konzern um: Als seinen Höhepunkt als Bayer-Chef bezeichnet Wenning den Kauf des Berliner Pharmakonzerns Schering – damals mit 16,8 Milliarden Euro Bayers teuerste Übernahme. Die Chemiesparte und Teile der Kunststoff-Aktivitäten gliedert Wenning 2004 in die Lanxess AG aus.
„Kein Leben ganz ohne Arbeit“
„Ein Leben ganz ohne Arbeit wird es nicht geben“, sagte Wenning 2010 dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, als seine Zeit als Vorstandschef endete. Und er behält Recht, hält damals schon vier Aufsichtsratsmandate. Zwei Jahre später, nach Ende der gesetzlichen Übergangsfrist, darf er in den Aufsichtsrat von Bayer wechseln und übernimmt gleich den Chefposten.
Sein Nachfolger als Vorstandschef, Marijn Dekkers, bleibt sechs Jahre im Amt, dann wird Wenning-Intimus Werner Baumann Bayer-Chef. Baumann hat für sein größtes Projekt – die Übernahme des Pflanzenschutz- und Saatgutriesen Monsanto – stets Wennings volle Rückendeckung. Auch als die Rechtslast in den USA Werner Baumann aus dem Amt zu zwingen droht, steht Wenning ihm bei. Zu Beginn der Hauptversammlung 2019, an deren Ende Baumann die Entlastung durch die Aktionäre verwehrt bleibt, stehen er und Wenning gemeinsam auf der Bühne, demonstrieren den Schulterschluss, drücken sich zwei Minuten lang die Hände. Auch Wennings Unterstützung lässt Baumann sicher im Chefsessel sitzen.
„Bayer ist strategisch und operativ auf einem sehr guten Weg – die Integration des akquirierten Agrargeschäfts verläuft sehr erfolgreich, und die angekündigten Effizienz-, Struktur- und Portfoliomaßnahmen kommen gut voran“, sagte Wenning am Mittwoch. Auch bei den rechtlichen Themen rund um Glyphosat habe Bayer Fortschritte gemacht: „Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um mein Amt an einen Nachfolger zu geben“. (mit wif)