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Kölsch-Brauereien im VorteilBier- und Mineralwasserhersteller melden Engpässe

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Immer mehr Brauereien klagen über Engpässe und steigende Kosten bei der Kohlensäure.

Essen/Köln – In vielen Brauereien fehlt es an Kohlensäure. „Uns erreichen täglich neue Hilferufe aus der Branche“, berichtet Nina Göllinger vom Brauer-Bund. „Der zunehmende Mangel an Kohlensäure ist ein Kernproblem für die Branche, weil dadurch häufiger die Produktion und die Abfüllung in den Brauereien unterbrochen werden müssen.“ Beim Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) ist von einem „Engpass“ die Rede.

Kohlensäure (Produkt einer Reaktion von CO2 mit Wasser) werde in Brauereien vor allem benötigt, um Tanks und abzufüllende Flaschen sowie Fässer „vorzuspannen“, damit das Bier beim Füllen keinen Kontakt zur Luft bekommt und beim Abfüllen nicht schäumt. Für die eigentliche Bier-Produktion wird gar keine Kohlensäure benötigt, da diese auf natürliche Weise beim Brauen entsteht.

Reissdorf stellt selbst Kohlensäure her

Weil bei der Gärung von Bier sogar deutlich mehr CO2 entsteht als für das fertige Bier benötigt werde, nutzen vor allem größere Betriebe wie zum Beispiel die Kölner Reissdorf-Kölsch-Brauerei dies zur Eigenproduktion von Kohlensäure. „Wir verfügen über eine Anlage zur Gewinnung der Kohlensäure, die wir mit dem aufgefangenen CO2 herstellen, das bei der Vergärung als Abfallprodukt entsteht“, erläutert Reissdorf-Geschäftsführer Michael von Rieff. Man erzeuge dabei sogar Überschüsse, die die Brauerei in der Region und darüber hinaus weiter veräußere. Daher könne Reissdorf seine gesamte Produktpalette ohne Probleme weiter herstellen und anbieten, so von Rieff weiter.

Brauereien, die CO2 nicht speichern können oder zusätzlich Softdrinks herstellen, müssten allerdings große Mengen zukaufen, so der Branchenverband. Denn gerade für die Produktion von Sprudelwasser und Erfrischungsgetränken sei Kohlensäure unersetzlich.

Auch die Kölner Kölschbrauerei Gaffel kauft Kohlensäure ein, klagt aber nicht über einen Engpass. „Das Problem betrifft eher kleinere Unternehmen“ so Gaffel-Sprecher Michael Busemann. „Groß-Brauereien wie Gaffel haben langfristige Verträge mit Kohlensäure-Lieferanten, die die Versorgung gewährleisten.“ Die gesamte Produktpalette könne daher ohne Probleme weiter hergestellt werden, so Busemann.

Familienbrauerei beobachtet die Lage aufmerksam

Bei der Bochumer Familienbrauerei Moritz Fiege wird die angespannte Lage jedoch aufmerksam beobachtet. Zwar habe Fiege „keinen akuten Kohlensäure-Engpass“ – auch dank einer eigenen Rückgewinnungsanlage, über die ein Teil des Kohlensäure-Bedarfs gedeckt werden könne. „Jedoch muss diese Situation wöchentlich neu bewertet werden“, so Fiege. Auch mit Blick auf die Kosten ist die Kohlensäure-Knappheit ein Thema. „Zusätzlich zur bereits existierenden Kostenlawine, mit der Brauereien konfrontiert werden, sind die Preise für Kohlensäure aufgrund der Knappheit am Markt extrem gestiegen“, erklärt Hubertus Fiege.

Schwieriger ist die Lage für Mineralwasserhersteller. Die Lieferketten seien „sehr angespannt“, so Maik Hünefeld vom Verband Deutscher Mineralbrunnen. Jörg Mellis, Inhaber des Mülheimer Traditionsfirma Schloss Quelle, hat nach eigener Darstellung die Produktion wegen Engpässen bei der CO2 -Versorgung bereits teils gedrosselt.

Energiekrise ist das grundlegende Problem

Der Ausgangspunkt für Probleme in der Lieferkette sei die Energiekrise, erklärt der Brauer-Bund. Denn CO2 , das in der Getränkeindustrie zum Einsatz komme, sei ein Nebenprodukt der Düngemittelherstellung. Einige Anlagen wurden wegen hoher Energiekosten bereits heruntergefahren. Das knappe Angebot könnte bei den Getränkeherstellern die Preise in die Höhe treiben. Auf lange Sicht würden die Mineralbrunnen die „immensen Kostensteigerungen nicht abfedern können“, sagt Maik Hünefeld vom Mineralbrunnen-Verband.

„Bereits in der Corona-Krise hatten Lieferengpässe und Kostensteigerungen der Brauwirtschaft schwer zugesetzt. Doch was derzeit passiert, sprengt alle Dimensionen“, berichtet der Brauer-Bund. „Wir beobachten bei Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Logistik nie gekannte Preissteigerungen.“ Die Einkaufspreise für Braumalz, Paletten, Kronkorken und Glas seien drastisch gestiegen.

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„Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Die Kostenexplosion in den Betrieben ist bisher noch nicht beim Kunden im Supermarkt oder der Gastronomie angekommen. Aber es ist klar, dass derart drastische Kostensteigerungen, wie wir sie aktuell erleben, dann auch auf den Preis umgelegt werden müssen.“