Bundeskanzler Olaf Scholz war am Donnerstagabend Festredner beim traditionellen Neujahrsempfang der IHK Köln mit 400 Gästen in der Kölner Flora.
IHK-Empfang in KölnBundeskanzler Olaf Scholz bekommt viel Applaus für Büttenrede
Besuche bei Wirtschaftsvertretern, wie sie in einer Industrie- und Handelskammer versammelt sind, das sind nicht unbedingt Heimspiele für SPD-Bundeskanzler. Vor allem nicht, wenn die Konjunktur lahmt und Branchen wie die für Köln wichtige Autoindustrie in ganz schwerem Fahrwasser sind. Doch Olaf Scholz hat als Festredner beim Neujahrsempfang der IHK Köln am Donnerstagabend jede Menge Beifall bekommen.
IHK-Präsidentin Grünewald sorgt sich um Energieversorgung
Was die Wirtschaft so alles bedrückt, das hat IHK-Präsidentin Nicole Grünewald in ihrer Rede aufgelistet. Sie kritisierte den vorgezogenen Kohleausstieg als ein dickes Problem. „Da die Industrie seit ihrer Entstehung immer dahin geht, wo die Energie sicher und günstig ist, ist die Deindustrialisierung in vollem Gange“, sagte Grünewald. Und weiter: Die Unternehmen investierten nicht mehr am Standort Deutschland, sondern in Holland, China oder den USA.
In Deutschland sei der Strompreis drei Mal so hoch wie in den USA. Und zusätzlich würden die Unternehmen in Bürokratie erstickt. „In meinem Deutschland war es damals vor einem Jahr noch fünf vor 12. Heute ist es schon Viertel nach 12“, sagte Grünewald. Jetzt müsse gehandelt werden. Grünewald wandte sich gegen Erhöhungen des Bürgergelds und des Mindestlohns, trat für eine Schuldenbremse ein.
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Scholz will kräftige Investitionen
Scholz räumte in seiner Rede ein, dass es zu viel Bürokratie gebe. Und nicht nur das: „Wir sehen an allen möglichen Ecken und Enden, das zu lange zu viel liegengeblieben ist. Manches über Jahrzehnte hinweg“, so Scholz. Fast alle Rheinbrücken seien so „mehr oder weniger gleichzeitig zu Sanierungsfällen“ geworden, Bahn-Witze machten die Runde und Staunachrichten im Radio „klingen zum Teil wie eine Aufzählung aller Kölner Stadtteile samt Vororten“, so Scholz.
Das könne und werde sich ändern, so Scholz durchaus im Wahlkampf-Modus sechs Wochen vor dem Urnengang zum nächsten Bundestag. Und das soll wohl auch durch neue Schulden geschehen. „Sanierung nach Kassenlage – das können und das dürfen wir uns nicht mehr länger leisten“, so Scholz. Wenn es auf der Welt ein Land gebe, dass kraftvoll in die Zukunft investieren könne, dann Deutschland. Dabei verwies er auf die vergleichsweise geringe Verschuldungsquote von etwa 60 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. „Das gibt uns Handlungsspielraum, den wir nutzen müssen“, so Scholz.
Steuerbonus für Investitionen
Staaten und Unternehmen investierten auch Billionen Euro in Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Quanten-, Halbleiter- und Biotechnologie, in saubere Energie und Mobilität, Batterie- und Speichertechnik. Da müsse auch Deutschland massiv investieren, um nicht abgehängt zu werden. Investieren müssten zuallererst die Unternehmen. Er schlug einen „Made in Germany“-Bonus vor. Geht es nach Scholz, beteiligt sich der Staat an jeder Zukunftsinvestition per Steuererstattung mit 10 Prozent.
Deutschland brauche eine Modernisierung der Schuldenregel so Scholz. Er verwies etwa darauf, dass die Bundeswehr ab 2028 aus dem laufenden Haushalt finanziert werden müsse. Das koste pro Jahr 30 Milliarden zusätzlich, wenn es bei Ausgaben für Verteidigung von zwei oder etwas mehr Prozent des Bruttoinlandsproduktes bleibe.
Scholz plädiert für Zusammenarbeit
Scholz betonte vorgenommene Vereinfachungen bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren fürs Bauen. So könnten auch Nadelöhre bei Autobahnen und der Bahn im Rheinland beseitigt werden. Bei den Energiepreisen habe die Regierung für Entlastungen gesorgt. Strompreisentlastungen über 2025 hinaus sowie Entlastungen bei den Netzentgelten könnten noch vor der Wahl verabschiedet werden. Auch bei weiteren Themen plädierte Scholz dafür, gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Zum Schluss hielt Scholz seine erste Büttenrede — mit selbstironischen Tönen.
Danach nahm er sich noch eine dreiviertel Stunde Zeit, um Fragen aus dem Kreis der 400 Gäste zu beantworten. Auch vor Stellungnahmen zu Kita-Ausstattung und Schulausbau, die außerhalb der Zuständigkeit des Bundes sind, drückte er sich nicht. Bei den Kitas unterstütze der Bund mit Geld. Beim Schulbau verwies auf das Hamburger Modell mit einem städtischen Immobiliendienstleister, von dem die Schulbehörde die Gebäude mietet. Verabschiedet wurde er mit stehendem Applaus.