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2900 Jobs wegWie Experten die Zukunft des Kölner Ford-Werks sehen

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Köln: Ford Elektroautos vom Typ Explorer stehen beim Produktionsstart in der Halle.

Köln: Ford Elektroautos vom Typ Explorer in der Halle der Ford-Werke in Niehl

Ford hat am Mittwoch nicht nur den Abbau von 2900 Stellen in Köln angekündigt, sondern auch Pläne für die Zukunft vorgestellt.

Ford will in Europa bis Ende 2027 4000 Stellen streichen, darunter 2900 in Köln. Auch hat Ford-Werke-Geschäftsführer Marcus Wassenberg präzisiert, wie das Unternehmen das Europa-Geschäft aufziehen will und langfristig wachsen will. Autoexperten überzeugt das nicht unbedingt.

Als erste von drei Säulen nannte Wassenberg eine „starke Nutzfahrzeugsparte“. Naheliegend: Hier ist Ford seit Jahren Marktführer in Europa. Aktuell etwa stehen gleich drei Ford-Fahrzeuge bei den Neuzulassungen im Vereinigten Königreich auf dem Treppchen. Autovista, Teil des Beratungsunternehmens J.D. Power, führt in den Transit Custom mit vor dem größeren Transit vor dem Ranger.

Bei Nutzfahrzeugen ist Ford Marktführer

Die starke Stellung bei Nutzfahrzeugen von Ford stellen auch immer wieder Autoexperten heraus. Ferdinand Dudenhöffer betonte etwa im Gespräch mit der Rundschau, dass Ford gerade mit den Nutzfahrzeugen in Europa Geld verdient. Auch der Autoexperte Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen betont die Stärke der Nutzfahrzeugsparte. Nur werden die Transits in der Türkei bei dem Gemeinschaftsunternehmen Ford Otosan produziert. Dort läuft auch der neue VW Transporter vom Band. Der hat nämlich die gleiche Basis wie der Transit. Dafür ist der Ford Hochdachkombi Tourneo Connect im Prinzip ein VW Caddy. Der wird in einem polnischen VW-Werk gefertigt.

Deutlich skeptischer sehen die Experten die Zukunft der Pkw-Sparte. Sie weisen auf einen seit Jahren sinkenden Marktanteil von Ford in Europa hin. Wassenberg betonte am Mittwoch, die Sparte solle sich auf ausgewählte Segmente fokussieren und sich mit ikonischen, unverwechselbaren Modellen vom Wettbewerb abheben. Für Lust am Abenteuer (Adventurous Spirit) will Ford stehen mit Modellen wie dem Mustang oder dem Bronco aus den USA oder dem Ranger als Südafrika. In diese Reihe gehören auch der Puma aus dem rumänischen Craiova und die in Köln gefertigten Explorer und Capri.

Ich fürchte, dass Ford auf dem Pkw-Markt einen Abschied auf Raten droht
Stefan Reindl, Autoexperte

„Ich fürchte, dass Ford auf dem Pkw-Markt einen Abschied auf Raten droht“, sagte Reindl. Ein Überleben als Nischenanbieter sei für Ford sehr schwierig. Der Autobauer habe loyale Kunden, die jetzt nicht mehr bedient werden. „Und in einem wettbewerbsintensiven Markt ist es schwer, neue Kunden hinzuzugewinnen. Zumal Ford bei den E-Autos preislich in Regionen unterwegs ist, die andere schon besetzt haben“, so Reindl.

Ford habe die Fertigung von Verbrennern wie dem Fiesta eingestellt oder stellt sie mit dem Focus noch ein. „Mit den damit verbundenen schwachen Absatzzahlen kann das Unternehmen die Transformation zur E-Mobilität nicht mehr finanzieren. Dadurch werden die Mittel knapp, um neue Fahrzeuge zu entwickeln“, so Reindl. Erschwerend kommt dazu, dass Ford zuletzt gerade in den Entwicklungszentren in Köln-Merkenich und im britischen Dunton Stellen gestrichen hat.

Fords Markanteil in Europa sinkt weiter

„Ford befindet sich in einer Abwärtsspirale, die sehr schwer aufzuhalten ist. Ich halte ich es für fraglich, ob das mit den jetzt angekündigten Maßnahmen gelingt“, so Reindl. Und dann sei die Zukunft von Fords Pkw-Sparte in Europa sehr unsicher. Dudenhöffer sieht als einzige Lösung für das Pkw-Geschäft von Ford in Europa einen Verkauf oder das Zusammengehen mit einem Partner. Für ihn bietet sich Renault an.

Reindl sieht das kritischer. Ford habe ein Imageproblem. Die Marke sei nicht die beliebteste, wozu auch die immer wieder negativen Schlagzeilen der vergangenen Monate und Jahre beigetragen hätten. „Damit ist die Übernahme der Pkw-Sparte durch europäische Anbieter unwahrscheinlich“, so Reindl. Und chinesische Anbieter dürften von mit den schwierigen deutschen Standortbedingungen abgeschreckt werden. Für das Werk in Saarlouis hat sich ja auch kein anderer Autobauer gefunden.

Die neuen Zahlen des europäischen Autoherstellerverbands Acea machen da wenig Hoffnung. Im Oktober wurden 35 529 Ford-Neuwagen in der EU, Island, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich zugelassen. Der Marktanteil sank von 4,0 auf 3,4 Prozent. In den ersten zehn Monaten kamen 362 851 neue Ford-Pkw in Europa auf die Straßen, 17,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.