Die DEG fördert Unternehmen und Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ihr Hauptsitz ist in Köln. Die Geschäftsführung sieht vor allem Standortvorteile in der Domstadt bei der Personalsuche.
Entwicklungsfinanzierer DEG„In Köln haben wir fast ein Alleinstellungsmerkmal“
Die DEG ist eine Tochter der KfW-Bankengruppe und hat seinen Hauptsitz in Köln. Dierk Himstedt hat mit dem DEG-Chef Roland Siller über die Aufgaben des Entwicklungsfinanzierers und den Standort Köln gesprochen.
Herr Siller, wie würden Sie die DNA der DEG beschreiben?
Wir sind davon überzeugt, dass durch unternehmerische Initiative Entwicklungszusammenarbeit gestaltet und Nachhaltigkeit gefördert werden kann. Also über die reine altruistische Entwicklungszusammenarbeit hinaus die Menschen und Unternehmen in den Ländern ernst nehmen, investieren und gemeinsam Wege finden, um die Lage zu verbessern.
Die Länder, in denen wir aktiv sind, haben besondere Herausforderungen – bedingt zum Beispiel aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage oder politischen Instabilität. Viele Unternehmer bekommen keinen Kredit; und falls doch, dann oftmals einen, der nicht erlaubt, langfristig zu investieren. Da kann die DEG als Entwicklungsfinanzier er anders agieren: Mit der Partnerschaft der KfW-Gruppe haben wir die nötigen Kapazitäten bei Kreditvergaben, um langfristiger zu denken und Projekte auch über mehrere Jahre finanziell zu stemmen.
Wo ist die DEG noch aktiv?
Ein anderer Teil unserer DNA ist, dass wir bei wichtigen Fragen unserer Zeit mitgestalten wollen. Es gibt in den Ländern, in denen wir aktiv sind, viele gute Unternehmen, die über Jahrzehnte unter großen Aufs und Abs gut gewirtschaftet haben. Sie dabei zu begleiten, nachhaltig zu wirtschaften, das ist das Ziel.
DEG-Hauptsitz ist Köln. Wie bewerten Sie den Standort?
Nach meiner Einschätzung hat Köln einige Vorteile. In der Bankenstadt Frankfurt zum Beispiel hätten wir sehr wahrscheinlich eine größere Personal-Fluktuation als hier. In Köln haben wir fast ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn Anwärter Finanzgeschäft, international und nachhaltig wollen, dann kommt man hier schnell auf uns. Wir haben viele Beschäftigte aus der Region im Umkreis von 60, 70 Kilometern, die auch schon lange für uns arbeiten – zum Beispiel Mitarbeitende, die von der Uni Köln oder der TH Köln oder von der Cologne Business School kommen. Die Reichweite geht bis nach Maastricht zu den dortigen internationalen Bildungsinstituten.
Wie gewinnen Sie Ihre neuen Mitarbeiter?
Wir nutzen Alumni-Netzwerke unserer Hochschulabsolventen – etwa für unser Trainee-Programm. Acht bis zehn Trainees pro Jahrgang sind für ein mittelständisch geprägtes Unternehmen wie die DEG ausreichend. Ein häufiger Einstieg geht bei der DEG auch über längere Praktika oder eine Anstellung als Werkstudentin oder Werkstudent.
Die DEG hat auf der Führungsebene ein Tandem-Modell eingeführt, bei dem sich zwei Personen eine Führungsposition teilen. Was ist das Ziel dahinter?
Grundsätzlich geht es darum, Mitarbeitende als Führungskräfte zu gewinnen, für die eine Vollzeitstelle bislang aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage kam. Dieses Modell wird zum Beispiel von Frauen genutzt, die auf diese Weise Familie und Beruf besser miteinander verbinden können – hier sind sie in unserer Gesellschaft immer noch gegenüber Männern benachteiligt. Um diesen Nachteil auszugleichen und gute Führungskräfte nicht zu verlieren, haben wir dieses Modell eingeführt. Inzwischen wird es auch von Männern genutzt.
Ein wichtiger Nebeneffekt ist, dass wir mit einem solchen Angebot auch unsere Frauenquote in den Führungsebenen deutlich anheben konnten. In einigen haben wir die 50 Prozent bereits erreicht.
Welche Vorteile hat dieses Modell?
Manchmal benötigt man mehr Zeit, um sich abzustimmen. Im Tandem können sich Stärken ergänzen und jeder hat einen fachlichen Sparringspartner. Wir haben Tandems von jungen und älteren Führungskräften. Es gibt also neue Chancen bei der Personalentwicklung. Wenn die Vorstellungen zu sehr auseinandergehen oder die Chemie nicht stimmt, dann funktioniert es nicht. Das klären wir aber im Vorfeld und haben gute Erfahrungen gemacht.
Es ist zudem eine Gelegenheit für Führungskräfte, sich etwas rauszunehmen und durchzuatmen – vor allem, wenn private Belastungen vorliegen, wie ein schwerer Krankheitsfall in der Familie oder um selbst neu Kraft zu sammeln.
Zum Business: Auf welche Geschäftsbereiche legen Sie in den kommenden Monaten und Jahren den Fokus?
Wir werden uns noch stärker auf wirkungsvolle und klimaschonende Investitionen fokussieren. Und wir wollen dabei die Wirkungen bei unseren Kunden, die wir in fünf Kategorien messen, weiter vorantreiben. Das heißt faire Arbeitsbedingungen, umweltverträgliches Wirtschaften, lokales Einkommen schaffen - um mal drei zu nennen.
Was heißt das konkret? Beispiel Klimaschutz: Wir wollen bis 2040 klimaneutral sein. Wenn wir eine Zementfabrik im Portfolio haben, die enorm viel CO2 erzeugt, dann ist das Ziel, die Produktion nachhaltiger und damit emissionsärmer zu gestalten. Eine Basiserhebung ermittelt, wie viele CO2-Emissionen dort anfallen. Dann bieten wir unseren Kunden Beratungen an, um die Produktionsabläufe zu analysieren und Transformationen hin zur Klimaneutralität gemeinsam zu entwickeln. Wichtig dabei ist, dass wir gut verstehen, was unsere Kunden wollen, und aus diesem Wissen heraus konkrete Vorschläge machen können. So gestalten wir Investitionen langfristig erfolgreich und bekommen am Ende unser Geld zurück.
Agrarunternehmen in unseren Partnerländern haben oft erfahren, was Dürren und Starkwetter-Phänomene für Schäden anrichten. Wir zeigen unseren Kunden Lösungen auf, wie sie sich darauf vorbereiten und im Einklang mit der umgebenden Natur agieren können. Denn Klimaschutz ist für viele Unternehmen ein Wettbewerbskriterium.
Was unternehmen Sie, um Ihre Kunden von Ihrem Know-how und Ihren Ideen zu überzeugen?
Wir nutzen Konferenzen wie im letzten Jahr in Bangkok (Thailand), wo wir uns mit Kunden aus acht Ländern getroffen haben. Unsere Experten boten eine Mischung aus eigenen Vorträgen und Lösungen von bestehenden Kunden an – um andere ins Nachdenken und Nachahmen zu bringen. Eine andere Plattform ist beispielsweise die Kölner Lebensmittelmesse Anuga, wo wir Netzwerke und Kontakte pflegen.
Sie sehen sich Ihre Kunden genau an. Nach welchen Kriterien prüfen Sie? Und wie kommen Sie an die nötigen Informationen?
Wir nehmen eine sorgfältige Umwelt- und Sozialprüfung vor, gemäß der aktuellen IFC Performance Standards, dem internationalen Standard bei Umwelt- und Sozialaspekten für privatwirtschaftliches Engagement. In bestimmten Fällen ist eine Finanzierung durch die DEG von vornherein ausgeschlossen, etwa Vorhaben, die Zwangs- oder Kinderarbeit zulassen oder gegen internationale Konventionen verstoßen.
Weitere Kriterien: Gibt es noch andere finanzielle Verpflichtungen oder weitere Firmen, die dem Kunden gehören? Gibt es Möglichkeiten, Kapital aus der Firma abzuziehen? Welche Konkursrisiken gibt es? Stehen die Unternehmen auf Sanktionslisten? Darüber hinaus sind auch der Ausschluss von Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung Themen.
Um an die Informationen zu kommen, schauen wir in vorhandene Datenbanken, Inhaberverzeichnisse, arbeiten mit Institutionen zusammen, die Informationen zu Unternehmen veröffentlichen, aber auch mit Organisationen, die wirtschaftliche Verflechtungen in den Ländern offenlegen.
Wie lange dauert dieser Gesamtprozess in der Regel?
Wenn es schnell geht, dauern diese Prozesse ein halbes Jahr, es kann aber auch deutlich länger sein. Es kommt viel auf die Branche an.
Herr Siller, wo sehen Sie die DEG in zehn Jahren?
Deutschland hat ein Interesse daran, dass weltweit Klimaschutz betrieben wird, dass es Bio-Diversität gibt – Interessen, die die DEG über eigene Mittel investiv begleiten kann, ohne den Bundeshaushalt groß zu belasten. Ich glaube, dass dies ein Schlüssel ist, um die Welt voranzubringen.
KfW-Tochter DEG
Die DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH) ist eine 100-prozentige Tochter der KfW-Bankengruppe. Rund 680 Beschäftigte arbeiten am Hauptsitz in Köln und an den rund 20 internationalen Standorten in sogenannten Schwellen- und Entwicklungsländern. Die DEG fördert privatwirtschaftliche Strukturen insbesondere durch Kreditvergaben und Beteiligungen. Die Bilanzsumme betrug in 2023 8,2 Milliarden Euro.