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IAA in München startetVerband in Sorge um Auto-Standort Deutschland

Lesezeit 3 Minuten
04.09.2023, Bayern, München: Opel enthüllt das elektrische Konzeptauto «Experimental» beim Pressetag der Auto- und Verkehrsmesse IAA in einer Halle der Messe München. Der deutsche Automobilhersteller ist ein Tochterunternehmen der Stellantis-Gruppe und produziert Modelle wie den Astra und den Corsa. Die Internationale Automobil-Ausstellung IAA MOBILITY 2023 findet in München vom 05.-10. September statt. Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Opel enthüllt das elektrische Konzeptauto „Experimental“ beim Pressetag der Auto- und Verkehrsmesse IAA in einer Halle der Messe München.

In München startete am Montag die Internationale Automobil-Ausstellung. Neben Branchenköpfen kamen auch Aktivisten, die mehr Klimaschutz einfordern.

Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, schließt nicht aus, dass Deutschland als Branchenstandort auf der Strecke bleiben könnte. Zwar würden die deutschen Hersteller den Wettlauf um die Zukunft nicht verlieren, „der deutsche Standort ohne massive Reformen schon“, sagte Müller. Sie beklagte vor Beginn der Automesse IAA unter anderem Überregulierung, zu langsame politische Entscheidungen und fehlende Rechtsrahmen bei Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz.

Ein Beispiel sei die Nutzung von Daten: „Wenn wir das hier in Europa, in Deutschland beschränken, dann heißt das nicht, dass das irgendwo auf der Welt nicht passiert.“ Und es bedeute auch nicht, dass deutsche Hersteller nicht anderswo in dem Bereich aktiv seien. „Die Frage ist, schaffen wir hier einen politischen, einen regulatorischen Rahmen, so dass wir wettbewerbsfähig sind und international vorangehen können.“

Der Hauptpunkt aber sei, „dass der Standort in Deutschland seine internationale Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der Kostenstruktur dramatisch verliert“, warnte Müller. So habe man hier die höchsten Energiekosten. Die Autobranche halte einen zeitlich befristeten Industriestrompreis für nötig.

Digitalisierung als großes Thema für Autobranche

Der Technologiekonzern Microsoft erwartet in den kommenden zwei bis drei Jahren eine deutliche Beschleunigung der Digitalisierung der Autobranche. Dazu gehörten neben Künstlicher Intelligenz wie dem Dialogsystem ChatGPT etwa Simulationen, mit denen Assistenzsysteme verschiedene Situationen durchspielen können, sagte die Microsoft-Deutschland-Chefin Marianne Janik. Der Tech-Konzern biete sich der Branche als „Plattformgeber“ an. „Diese Plattform-Idee bedeutet, dass wir Branchengrenzen auch aufbrechen.“ Die Autoindustrie erlebe Zeitverluste und Komplexitäten, da die Verwaltung in Deutschland nicht digitalisiert sei, kritisierte Müller. „Wir können nicht sagen, wir warten jetzt mal Jahre“, mahnte sie. Die Industrie müsse jetzt investieren und wolle in den kommenden fünf Jahren 250 Milliarden Euro unter anderem in Digitalisierung stecken. „Wir können und werden nicht warten als Branche, weil wir sonst die Klimaziele nicht erreichen“, betonte Müller.

Microsoft-Managerin Janik, die zuvor unter anderem beim Mercedes-Konzern gearbeitet hatte, betonte, das Rennen bei Zukunftstechnologien sei nicht entschieden: „Ich glaube, es geht erst richtig los.“ So habe man mit Künstlicher Intelligenz die Chance auf einen Innovationssprung. Die deutsche Autoindustrie zeige die Fähigkeit, mit der Tech-Branche zu kooperieren. „In digitalen Mobilitätslösungen liegt ein enormes Potenzial für CO2-Einsparungen“, sagte auch Müller. Darüber hinaus werde man sich damit sicherer, effizienter und komfortabler fortbewegen können. „Wir haben zahlreiche Lösungen schon entwickelt – es braucht jetzt die digitale Infrastruktur und die gesetzlichen Rahmenbedingungen, damit wir sie realisieren können.“

Greenpeace: Branche verschwendet Ressourcen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace wirft dagegen der Autoindustrie mangelnde Effizienz vor. „Mit extra schweren SUVs, hochgerüsteten Sportwagen und XXL-Limousinen verschleudern die deutschen Autobauer knappe Ressourcen wie Energie, Rohstoffe und Fläche“, kritisierte die Verkehrsbeauftragte der Umweltorganisation, Lena Donat.

In einem Greenpeace-Ranking der 30 größten Automarken in Europa landen die deutschen Hersteller VW, Audi, BMW, Mercedes-Benz und Porsche im unteren Drittel. Die Umweltorganisation bewertete die jeweils fünf meistverkauften Modelle eines Herstellers nach Energieverbrauch, Gewicht und Fläche pro Sitzplatz. Das seien bei den deutschen Herstellern fast ausschließlich Verbrenner. Zudem sei die Mehrzahl der angebotenen Modelle groß und schwer, kritisierte die Umweltorganisation. Im Vergleich zur Konkurrenz verbräuchten die Autos demnach besonders viele Rohstoffe und nähmen viel Platz in den Städten ein. Es fehlten kleine, günstige Elektromodelle, monierte Greenpeace. Wegen des reinen Elektroangebots schneidet US-Autobauer Tesla in dem Greenpeace-Ranking am besten ab. Neu auf den Markt drängende chinesische Marken seien mehrheitlich noch sparsamer. (dpa/afp)