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„Hybride Arbeitskultur“Gibt es bald kein Leben mehr ohne Homeoffice?

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Homeoffice

Eine Frau arbeitet mit Hörschutz im Homeoffice.

Frankfurt – Homeoffice hat sich in Unternehmen in der Pandemie etabliert. Gerade jetzt ist Heimarbeit wieder das Mittel der Wahl, um Kontakte auch im Arbeitsleben gering zu halten. Ob Homeoffice gut läuft und wie es akzeptiert wird, das untersucht seit Pandemiebeginn eine Langzeitstudie der Universität Konstanz. Ergebnis: Der Wunsch nach Homeoffice ist seit Studienbeginn im Mai 2020 ungebrochen hoch. Hätten Beschäftigte die Wahl, so würden sie im Durchschnitt gern drei Tage pro Woche im Homeoffice verbringen.

Für die Studie befragen Studienautor Florian Kunze und seine Kollegin Sophia Zimmermann von der Universität Konstanz regelmäßig rund 700 Beschäftigte und Führungskräfte. Bislang gab es 14 Fragerunden. In der letzten dieser Erhebungen haben sie auch ermittelt, wer für die Möglichkeit von Homeoffice auf Teile des Gehaltes verzichten würde.

18- bis 35-Jährige würden Einbußen in Kauf nehmen

Hier sticht die Gruppe der jüngsten Arbeitnehmer heraus: Einem Sechstel der 18- bis 35-Jährigen ist Homeoffice so wichtig, dass sie Einbußen in Kauf nehmen würden. Offenbar schätzen junge Menschen überdurchschnittlich die Flexibilität, die durch das Arbeiten von zu Hause aus möglich ist. „Wahrscheinlich ist das auch deswegen der Fall, weil die Jüngeren häusliche Betreuungsaufgaben wie die Kinderbetreuung übernehmen müssen“, sagt Kunze.

Die Forscher sehen in der Tendenz zum Homeoffice vor allem einen Kraftakt, den mittelständische Unternehmen künftig stärker angehen müssen. Denn wenn sie auf diese Wünsche und Lebenskonzeptionen junger Nachwuchskräfte nicht eingehen, sind sie aus deren Sicht keine attraktiven Arbeitgeber. Gerade in Zeiten mit Fachkräftemangel müssen diese Fragen daher künftig in den Unternehmen ein zentraler Baustein der Personalplanung sein.

Führungskräfte bleiben kritischer

Weniger als ein Fünftel der Befragten glaubt, dass Homeoffice sie in ihrer Produktivität oder Arbeitsabläufe störe. Führungskräfte sehen das mitunter kritischer. Hier sagen über ein Viertel der Befragten, dass Homeoffice sich negativ auf die Produktivität der Beschäftigten in ihren Unternehmen auswirke.

Einen Gegensatz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern beim Thema Homeoffice sieht man beim Bundesverband mittelständische Wirtschaft aber nicht. „Es ist bei Weitem nicht so, dass Arbeitgeber immer dagegen sind und Arbeitnehmer dafür“, so Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt des Verbandes. „Auch Arbeitgeber haben großes Interesse daran, dass die Leute von zu Hause aus arbeiten. Genauso haben Arbeitnehmer ein Interesse daran, persönlich zu interagieren. Verallgemeinerungen gehen hier ins Leere.“

Viel Gestaltungs- und Nachholbedarf

Trotz generell hoher Akzeptanz sehen die meisten Befragten aber noch großen Verbesserungsbedarf in der konkreten Umsetzung des Arbeitens von zu Hause aus. Anders gesagt, zeigt die jüngste Befragung, dass das Ideal einer Hand in Hand gehenden „hybriden Arbeitskultur“ in Deutschland noch weit entfernt ist. „Da ist auf der einen Seite wichtig, die nötigen Tools sicherzustellen. Wir sehen da aber auch großen Nachholbedarf, dass die Arbeitskultur gut gestaltet wird“, so Florian Kunze.

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So geben beispielsweise 70 Prozent der Beschäftigten an, dass sie überwiegend an digitalen Meetings teilnehmen müssen, wenn sie dann wieder im Büro sind. „Das ist natürlich keine sinnhafte Rückkehr ins Büro, wenn man das macht, was man auch gut von zu Hause aus machen könnte. Das richtig zu strukturieren und zu gestalten ist eine große Herausforderung. Da gibt es noch viel Gestaltungs- und Nachholbedarf.“

Wichtig sei also nicht nur die technische Seite der Digitalisierung. Sie müsse einher gehen mit einem Wandel der Arbeitskultur in den Unternehmen. Dazu gehöre auch, das Denken in zwei-Klassen-Gesellschaften aufzulösen, wonach Büroarbeit erste, dagegen Heimarbeit nur „zweite Klasse“ sei.