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Arbeitsrechtler im InterviewWas passiert, wenn man der Impfpflicht nicht nachkommt?

Lesezeit 3 Minuten

Rettungssanitäter müssen eine Impfung nachweisen, wenn sie ihren Beruf weiter ausüben wollen.

  1. Was passiert, wenn Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich der Corona-Impfpflicht nicht nachkommen?
  2. Raimund Neuß fragte den Offenburger Arbeitsrechtler Jürgen Markowski.

Bis zum 15. März müssen Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegewesen ihren Arbeitgebern nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft sind. Aber was was bedeutet es arbeitsrechtlich, wenn sie es nicht tun?

Die Beschäftigten müssen entweder einen Impfnachweis oder einen Genesenennachweis erbringen. Die Vorschriften dafür stehen in Paragraf 20 a des Infektionsschutzgesetzes . Durch die gesetzliche Regelung wird der Beschäftigte verpflichtet, spätestens zum 15. März 2022 diesen Nachweis zu erbringen. Das wird zu einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Wer Diese Pflicht nicht erfüllt, verstößt also gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.

Und was passiert dann?

Zur Person

Jürgen Markowski

Jürgen Markowski

Jürgen Markowski ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Offenburg und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins.

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin auffordern, den Nachweis zu erbringen. Wenn das nicht hilft, folgt die Abmahnung. Und dann bei beharrlicher Weigerung die Kündigung, die auch als außerordentliche erklärt werden kann. Das heißt, unter Verzicht auf die normale Kündigungsfrist oder auch in einem eigentlich unkündbaren Arbeitsverhältnis. Und während dieser ganzen Zeit darf der Arbeitnehmer nicht beschäftigt werden, wird also freigestellt. Lohn muss nicht weitergezahlt werden, da der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht in der vorgesehenen Weise anbieten kann.

Für wen gilt die neue Vorschrift?

Der neue Paragraf 20a zählt eine Reihe von Einrichtungen und Unternehmen auf, zum Beispiel Krankenhäuser, Heime und verschiedene Praxen: Und die Impfpflicht gilt für alle, die dort arbeiten, unabhängig davon, ob sie Kontakt zu Patienten haben.

Nun könnte ja zum Beispiel eine ungeimpfte Haustechnikerin in einem kommunalen Krankenhaus verlangen, dass die Stadt sie anderswo einsetzt.

Eine Buchhalterin könnte vielleicht auch zu Hause arbeiten. Dann stünde ein milderes Mittel als die Kündigung zur Verfügung. Oder eine Technikerin könnte auf eine Stelle außerhalb des Krankenhauses wechseln. Das stößt aber an Grenzen, denn kommunale Krankenhäuser sind meistens als eigene rechtliche Einheiten organisiert, der Arbeitgeber wäre also nicht mehr der gleiche.

Und was machen wir mit einem Rettungssanitäter? Der kann schwerlich im Homeoffice arbeiten.

Genau. Und weil das nicht geht, kann es eine Kündigung nach sich ziehen, wenn er sich nicht impfen lassen will. Allerdings meine ich, der Arbeitgeber muss ihn erst einmal abmahnen, um ihm die Konsequenzen vor Augen zu führen. Es gibt aber auch Arbeitsrechtler, die sagen, mangels Impfung fehle dem Mitarbeiter die Eignung. Dann käme es zu einer personenbedingten Kündigung, da wäre keine Abmahnung erforderlich.

Kann der Arbeitgeber dem Sanitäter bei geringerem Gehalt einen Bürojob zuweisen?

Nicht gegen seinen Willen, wenn die neue Stelle schlechter dotiert ist. Aber der Arbeitgeber müsste ihn vor die Wahl stellen: Unbezahlte Freistellung oder freiwilliger Wechsel etwa in die Einsatzplanung. Wenn denn eine Stelle zur Verfügung steht. Da kann auch eine Änderungskündigung notwendig werden.

Gibt es Präzedenzfälle durch die Masern-Impfpflicht, die schon länger in Schulen und Kitas gilt?

Dazu gibt es keine Gerichtsentscheidung. Ich fürchte aber, dass die Corona-Impfpflicht zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen wird. Das Thema ist einfach viel emotionaler.