AboAbonnieren

Glyphosat-SkandalBayer strebt Vergleich an – Aktie sinkt nach Dementi

Lesezeit 3 Minuten
5F9DB600FDD862DE

(Symbolbild)

Leverkusen – Gerüchte, Bayer strebe offenbar in den USA einen Vergleich mit den Glyphosat-Klägern an, haben gestern der Bayer-Aktie zunächst Auftrieb gegeben. Nach Bekanntwerden der Vergleichsgerüchte schuss der Kurs um acht Prozent auf 70 Euro hoch. Bayer nahm zu den Gerüchten nicht Stellung, am Nachmittag meldete sich jedoch der Mediator Kenneth Feinberg und dementierte sie: in den globalen Mediationsgesprächen habe Bayer einen solchen Vergleichsvorschlag zur Beilegung aller Klagen nicht unterbreitet, und über Schadenersatzzahlungen habe man ebenfalls nicht gesprochen. Daraufhin sackte der Aktienkurs deutlich auf 64,79 Euro ab. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg hatte berichtet, der Agrarchemie- und Pharmakonzern schlage eine Zahlung von acht Milliarden Dollar (7,15 Milliarden Euro) vor.

Bloomberg zufolge bemühen sich Bayer-Anwälte derzeit in New York um einen Vergleich, mit dem alle gut 18.000 Fälle beigelegt werden könnten. Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das von der Bayer-Tochter Monsanto hegestellt wird, sei der Grund für ihre Krebserkrankung, machen die Kläger geltend. Als Anzeichen für einen möglichen Vergleich hatten auch Anleger gewertet, dass die Richter in den USA einen für August angesetzten Glyphosat-Prozess vertagt hatten. Die Gegenseite verlange aber angeblich mindestens 10 Milliarden Dollar.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sollte Bayer tatsächlich einen solchen Vergleich schließen können, dann wäre das für das Unternehmen nach Einschätzung von Beobachtern eine Erleichterung. Analysten hatten für einen solchen Fall bisher eher mit dem doppelten Betrag gerechnet. Ende Juli hatte Bayer-Chef Werner Baumann auf einer Analystenkonferenz noch zwei Bedingungen für einen möglichen Vergleich genannt: Der müsse sich in einem finanziell vernünftigen Rahmen bewegen, und der Rechtsstreit müsse damit endgültig beigelegt sein. Ansonsten aber wolle man sich weiter entschieden gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen.

Monsanto hätte vor Risiken warnen müssen, befand Jury

Unwahrscheinlich ist es jedoch nach den Erfahrungen in den bisherigen Rechtsstreitigkeiten nicht, dass der Konzern zu einem Vergleich bereit sein könnte. In drei Verfahren hat Bayer schon verloren und muss nun Schadenersatz in Höhe von im Schnitt jeweils 50 Millionen Dollar zahlen. In einem Verfahren im Juli hatte ein Gericht die Summe noch um 95 Prozent herabgesetzt auf knapp 87 Millionen Dollar, nachdem die erste Instanz einem Ehepaar noch zwei Milliarden Dollar zugestanden hatte. Ein weiterer Grund: Investoren halten Bayers bisherige Haltung, sich auf jeden Fall gegen die Vorwürfe zur Wehr zu setzen, für wenig zielführend. Ein deutliches Signal dazu gaben sie auch auf der Hauptversammlung im Frühjahr. Das hatten sie Bayer-Chef Werner Baumann die Entlastung mehrheitlich verweigert. Deutlich zeigte sich das auch am Aktienkurs: Der war seit dem ersten Urteil vor einem Jahr um ein Drittel gefallen. Damals befand eine Jury in Kalifornien, Monsanto hätte vor den Risiken im Zusammenhang mit seinen Unkrautvernichtern warnen müssen. In dieser Woche aber ging es aufwärts mit dem Kurs: Zuerst kam die Meldung, Bayer und Lanxess hätten ihre Anteile an der gemeinsamen Tochter Currant verkauft, einem Chemieparkbetreiber. Das spülte allein Bayer etwa zwei Milliarden Euro in die Kasse.

Dass Bayer in einem Vergleich nun auf die Produktion von Glyphosat verzichtet, halten Beobachter jedoch für eher unwahrscheinlich. Bayer könnte sich vielleicht darauf einlassen, Glyphosat, das in den USA als „Roundup“ verkauft wird, nur noch an professionelle Nutzer, also etwa Landwirte, zu verkaufen, den Verkauf an private Verbraucher aber zu verbieten. Ein vergleichbares Herbizid sei am Markt nicht verfügbar, heißt es von vielen Landwirten in den USA.