Paderborn/Lippstadt/Köln – Die schweren Unwetter des Sturmtiefs „Emmelinde“ sind am Freitag über Nordrhein-Westfalen gezogen und haben vor allem in Ostwestfalen Verletzte und massive Schäden verursacht. Am Samstagvormittag wurde bestätigt: Durch Paderborn und Lippstadt fegten drei Tornados.
Während für Köln und die Region die Unwetterwarnungen am Samstagmorgen aufgehoben sind, bleiben für die Gebiete in Paderborn und Lippstadt die Warnung teils vor erheblicher Gefahr vorerst bestehen.
Die Auswirkungen des Unwetters in Köln, Region und Nordrhein-Westfalen im Überblick.
Unwetter in Köln und Region deutlich weniger stark als angekündigt
In Köln kam es zu starken Windböen und starken Regenfällen, insgesamt blieb die Lage aber deutlich ruhiger als zuvor vom Deutschen Wetterdienst (DWD) vorhergesagt. „Wir haben keine größeren Lagen oder Einsätze“, schätzte ein Sprecher der Kölner Feuerwehr die Lage im Samstagmorgen ein. Bei den schweren Unwettern am Donnerstag war die Kölner Feuerwehr rund 100 mal im Einsatz.
Wegen des Sturms wurden am Freitag im gesamten Regierungsbezirk Köln die Schulen ab 11.30 Uhr geschlossen. Das hatte die Bezirksregierung mitgeteilt. Die Kitas blieben hingegen offen, die Entscheidung Kita-Kinder abzuholen, blieb den Eltern selbst überlassen.
Der Kölner Zoo und der Forstbotanische Garten, der Botanische Garten/Flora, Finkens Garten und der Lindenthaler Tierpark wurden wegen des Sturms geschlossen. Auch städtische Friedhöfe wurden in Köln dicht gemacht. Der Zirkus Roncalli sagte eine Vorführung ab.
Sturmtief „Emmelinde“: Schwere Schäden und Verletzte in Ostwestfalen
Ein ganz anderes Bild in Ostwestfalen: Mindestens 43 Menschen wurden durch die schweren Unwetter verletzt. Nach ersten Einschätzungen kam es mindestens drei Tornados, die Zerstörung mit Schäden in Millionenhöhe anrichteten.
Das heftige Unwetter mit Starkregen traf am Freitag besonders die Städte Lippstadt und Paderborn. Eine Frau schwebte in der Nacht auf Samstag in Lebensgefahr, sie sei am Abend in eine Klinik nach Bielefeld verlegt worden.. Die Polizei appellierte an die Bewohner in den Schadensgebieten, zur eigenen Sicherheit in den Häusern zu bleiben.
Wie die Beamten am späten Abend mitteilten, gibt es in Paderborn 43 Verletzte. 30 würden in Krankenhäusern behandelt, zehn seien schwerer verletzt.
Nach dem Unwetter schaufelten geschockte Mieter in Paderborn am Abend Ziegel ihrer zerstörten Dächer in Mülltonnen. In einem Gewerbegebiet seien Dächer von Hallen abgerissen worden und Bleche und Dämmung kilometerweit geflogen, berichtete die Polizei.
„Hier ist gerade Chaos“ – mutmaßlicher Tornado trifft Ostwestfalen
„Hier ist gerade Chaos“, sagte eine Polizeisprecherin am frühen Abend. Eine Windhose habe „eine Schneise der Verwüstung von West nach Ost mitten durch Paderborn gezogen“. Menschen seien unter anderem von Dachziegeln getroffen und durch umstürzende Bäume verletzt worden, hieß es.
Die Schäden seien noch gar nicht komplett überschaubar, teilte die Polizei am Abend mit. Viele Straßen seien unpassierbar. Unfälle hätten den Verkehr zusätzlich behindert. „Unzählige Dächer sind abgedeckt oder schwer beschädigt. Viele Bäume liegen noch auf zerstörten Autos“, berichteten die Einsatzkräfte. Die Polizei sei insbesondere in den Schadensgebieten mit deutlich erhöhter Stärke die gesamte Nacht präsent, hieß es.
Mutmaßlicher Tornado zerstört Häuser in Lippstadt
Im 35 Kilometer entfernten Lippstadt zerstörte ein nach Feuerwehrangaben mutmaßlicher Tornado ebenfalls zahlreiche Dächer im gesamten Stadtgebiet, wie ein Feuerwehrsprecher mitteilte. Dort waren zunächst keine Verletzten bekannt. Herabfallende Dachziegel oder Äste seien aber auch nach dem Unwetter brandgefährlich, warnte der Kreis Soest. Menschen sollten sich nicht im Freien aufhalten und das Autofahren vermeiden. Der Kreis rief eine Großeinsatzlage aus.
In beiden Städten platzten Fensterscheiben, Autos wurden durch herabfallende Äste zerstört. Teils seien die Bäume schon am Stamm umgeknickt, berichtete die Gemeinde Altenbeken bei Paderborn - wie von der Hand eines Riesen getroffen.
Im Lippstadter Ortsteil Hellinghausen stürzte durch den Sturm die Spitze der St. Clemenskirche zu Boden und wurde zerstört. Rund 400 Kräfte waren im gesamten Stadtgebiet am Freitagabend im Einsatz. In Paderborn fiel eine Dachlatte von einem Dach und bohrte sich in die Windschutzscheibe eines geparkten Autos.
Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums sagte, neben Paderborn und Lippstadt seien keine weiteren Orte bekannt, die es ähnlich getroffen habe.
Unwetter in NRW: Bahnverkehr eingeschränkt
Wegen Ästen und Bäumen auf den Gleisen musste die Bahnstrecke zwischen Paderborn und Altenbeken gesperrt werden. Betroffen seien der Regional- und Fernverkehr, Züge würden umgeleitet, sagte ein Bahnsprecher. Wegen des Unwetters war am Freitag auch in anderen Teilen von NRW der Zugverkehr beeinträchtigt.
Hilfsorganisationen sowie Drohnen seien in Lippstadt im Einsatz, teilte der Kreis Soest mit. Es gebe noch „unzählige“ offene Einsatzstellen im Stadtgebiet.
Im Lippstadter Freizeitbad Cabrioli wurden zeitweise etwa 120 Badegäste eingeschlossen, weil umgestürzte Bäume den Eingang blockierten. Später seien die Eingeschlossenen befreit worden, berichtete die Feuerwehr.
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Für die Region hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) zeitweise die höchste Unwetterwarnstufe 4 ausgegeben - „extreme Gewitter“ mit Hagelschlag, heftigem Starkregen oder extremen Orkanböen. Es seien mehrere Meldungen über Tornados eingegangen, sagte ein DWD-Sprecher. Diese Meldungen müssten aber noch überprüft werden.
Der Sturm war seit dem Nachmittag von Westen kommend über Nordrhein-Westfalen gezogen. (mab mit dpa)