Schlagerstar wird 50Vom Aufstieg und Fall des Michael Wendler

Seit Längerem ist nichts mehr von Michael Wendler zu hören.
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Dinslanken – Wo ist Michael Wendler? Nun, auf michaelwendler.de schon mal nicht. Auf der Seite „entsteht eine neue Internetpräsenz“, wie man erfährt, was auch ein bisschen wie eine Drohung klingt. Auf Instagram? Auch nicht. Da wurde der Kanal gesperrt. Auf Facebook? Immerhin auffindbar, aber der letzte Eintrag ist mehr als ein Jahr alt. Also landet man bei Telegram, jenem Netzwerk, das zur Zuflucht für Menschen geworden ist, die Verschwörungserzählungen verbreiten. Dort brodelt ein Wendler-Kanal vor sich hin. „Wer jetzt nichts merkt ist nicht mehr zu retten“, steht da – in Großbuchstaben.
Wenn man herausfinden will, was Michael Wendler an seinem Geburtstag umtreibt, muss man sich im Jahr 2022 in die Untiefen des Internets begeben. Anfragen verlaufen im Sande. Früher war das mal anders. Da reichte es bisweilen, einfach den Fernseher einzuschalten oder die Klatschspalte zu durchflöhen. Heute wird der selbst ernannte „König des Popschlagers“ 50 Jahre alt. Einen Thron sucht man aber vergebens. Was ist da nur passiert?
Breitbeiniges Geklapper
Die Personalie Wendler erzählt jedenfalls viel darüber, wie aus Spaß Ernst werden kann und wie brüchig die Trennwand ist. Früher nämlich galt der singende Speditionskaufmann aus Dinslaken als Phänomen. Seine Texte waren nicht die ausgeklügeltsten, aber seine Fans liebten ihn. Der Wendler brachte ein bisschen von der Stimmung des Ballermanns ins Großraumdisco-Milieu Nordrhein-Westfalens. Er sang „Sie liebt den DJ“, haute sich auf die Brust und sagte Sätze wie: „Durch den Bau meiner Ranch wird Dinslaken zu einem kleinen Dallas.“ Dieses breitbeinige Geklapper, das konnte auch außerhalb des Wendler-Kosmos faszinieren.
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Wenn sich jemand hinstellt und einfach mal behauptet, er sei der Größte, guckt man hin. Erst recht, wenn süffige Schlagzeilen das Bild abrunden. Was Behauptung war und was Realität, das blieb beim Wendler oft unklar. Aber gerade das machte ihn zu einem perfekten Kandidaten für Reality-Shows, in denen man alles will, nur keine Langweiler: Dschungelcamp, „Schlag den Star“, „Promi Big Brother“, „Sommerhaus der Stars“, überall war er dabei. Zum Promi-Phänomen wurde er endgültig, als die fast 30 Jahre jüngere Laura Müller aus Tangermünde an der Elbe in sein Leben trat. Es folgte eine öffentliche Liebelei, Videos aus der Wahlheimat Florida, ein „Playboy“-Shooting (für Laura) und eine standesamtliche Trauung. Tja, und dann der Knall.
Irritierendes Corona-Video
Im Herbst 2020 äußerte sich Wendler in einem irritierenden Video zur Corona-Politik in Deutschland. Der Sender RTL, der ihn als Juror für die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ verpflichtet hatte, nannte ihn daraufhin einen Verschwörungstheoretiker und distanzierte sich sofort von ihm. Nach einer Äußerung von Wendler über Deutschland als „KZ“ wurde er dann komplett aus den bereits gedrehten Folgen herausgeschnitten.
Was Wendler seitdem genau in den USA so treibt – etwas unklar. Der „Bild“-Zeitung erklärte er im vergangenen Jahr, er wolle wieder Musik machen und nach Deutschland kommen. Konzerttermine sind aber nicht bekannt. Wer durch das Internet streunt, wird manchmal noch von Wendler angesungen. Es gibt einen Video-Schnipsel mit ihm. Wendler schaut dabei verwegen in die Kamera und singt: „Egal!“. Der Clip wird immer noch gern geteilt, weil seine Botschaft in vielen Lebenslagen passt. Man wüsste gerne, ob das auch auf Michael Wendler zutrifft. (dpa)