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Rundschau-Debatte des TagesMacht Corona die Kinder psychisch krank?

Lesezeit 4 Minuten

Symbolbild 

  1. 2020 wurden laut einer Studie weniger Schulkinder wegen Alkohol und Drogen medizinisch behandelt.
  2. Dafür nahmen etwa Depressionen bei älteren Jugendlichen zu.
  3. Die neue Ministerin zeigt sich besorgt.

Hamburg – Weniger Partys gleich weniger Rausch bei Jugendlichen? Das legt zumindest das Ergebnis einer Studie nahe, die die DAK-Gesundheit an diesem Dienstag vorgestellt hat. Demnach waren im Pandemiejahr 2020 deutlich weniger Schulkinder wegen Alkoholmissbrauchs in ärztlicher Behandlung. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die deshalb Krankenhäuser oder Arztpraxen aufsuchten, sank im Vergleich zu 2019 um 28 Prozent.

Auch bei Tabak, Cannabis und weiteren Drogen zeigt sich im sogenannten Kinder- und Jugendreport 2021 ein Rückgang. So wurden im Jahr 2020 insgesamt 18 Prozent weniger Kinder wegen Substanzmissbrauchs ärztlich versorgt. Gestiegen ist dem Bericht zufolge dagegen unter anderem die Zahl der depressiven Jugendlichen.

800.000 Datensätze untersucht

Für den Report untersuchten Wissenschaftler der Universität Bielefeld die anonymisierten Abrechnungsdaten von rund 800000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. „Wir müssen den Rückgang des Suchtmittelkonsums bei Jugendlichen vorsichtig interpretieren“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, zu den Daten. Der Rückgang könne „auch damit zusammenhängen, dass Eltern stark mit sich selbst beschäftigt waren“ und deshalb weniger Kinder in Behandlung gewesen seien. Jenseits dessen sei der Einbruch bei den Alkoholexzessen aber „sicherlich auch auf weniger Partys“ zurückzuführen.

Mehr depressive Jugendliche

Die Daten zu Depressionen zeigen, dass acht Prozent mehr Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren neu von der Krankheit betroffen sind. Mädchen seien hier im späten Jugendalter dreimal so häufig wegen Depressionen in Behandlung gewesen wie gleichaltrige Jungen. „Seit Pandemiebeginn haben psychische Störungen und Einweisungen in die Kinder- und Jugendpsychiatrie spürbar zugenommen“, so Fischbach. Daten des Reports bestätigten, dass nach dem ersten bundesweiten Lockdown im März und April 2020 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapeuten die einzige Ärztegruppe waren, die steigende Fallzahlen verzeichneten.

Lehrerverband kritisiert Zurückhaltung der Stiko

Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Corona-Impfungen von Fünf- bis Elfjährigen fällt nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbands zu zurückhaltend aus. „Ich mache kein Geheimnis daraus, dass wir über die eingeschränkte Impfempfehlung der Stiko nicht sonderlich glücklich sind“, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Meidinger kritisierte unter anderem, dass das Vorgehen des Gremiums „Eltern wenig Orientierung gibt“ und sie „eher ratlos zurücklässt“.

Die Vorteile einer allgemeinen Impfempfehlung für Kinder lägen auf der Hand, so der Verbandspräsident. Durch eine hohe Impfquote seien nicht nur die Schüler selbst besser geschützt, sondern auch deren Familienangehörige. Zudem gebe es dadurch „deutlich mehr Chancen, den Schulbetrieb so lange als möglich am Laufen zu halten“. (afp)

Bei den Fünf- bis Zwölfjährigen erkrankten gut zwölf Prozent weniger an Depressionen. Diese Altersgruppe wies dem Report zufolge zugleich aber deutlich mehr neue Fälle von Fettleibigkeit auf. So habe es im Vergleich zum Vorjahr 16 Prozent mehr Grundschulkinder gegeben, die neu an Adipositas erkrankt seien. Bei den älteren Teenagern blieb die Zahl demnach konstant. Bei der Adipositas „schlägt der Bewegungsmangel der Kinder und Jugendlichen stark zu Buche“, erklärte Fischbach. Übermäßiges Essen könne „auch eine Ersatzbefriedigung darstellen, wenn die Eltern keine Zeit für ihre Kinder haben“.

Weniger Vorsorge gegen Krebs

Sorge bereitet den Studienautoren auch ein Befund zur Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV), der vor allem Jugendliche betrifft: Den Daten zufolge ist die Zahl der bundesweit verabreichten HPV-Impfungen, die heranwachsende Frauen vor Gebärmutterhalskrebs schützen können, um 14 Prozent zurückgegangen. Humane Papillomviren werden sexuell übertragen. Eine Impfung sollte idealerweise vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen. Kinder- und Jugendärzte-Präsident Fischbach mahnte dazu, möglicherweise versäumte Informationskampagnen für diese Gruppe nachzuholen.

Ministerin will gegensteuern

„Wir müssen alles dafür tun, dass die Pandemie sich nicht langfristig auf die Gesundheit, die Entwicklung und die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen auswirkt“, sagte Bundesfamilienministerin Anne Spiegel am Dienstag. Ihrem Ministerium sei „bewusst, dass die pandemiebedingten Beschränkungen zu psychischen und körperlichen Belastungen und teilweise auch zu Entwicklungsverzögerungen und Lernrückständen geführt haben“, betonte die Grünen-Politikerin, für die der Schutz von Kindern und Jugendlichen in ihrer neuen Aufgabe in Berlin nach eigenen Worten große Priorität hat.

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Spiegel wies darauf hin, dass insbesondere Kinder und Jugendliche „aus sozial schwächeren Verhältnissen oder aus Familien mit einer Migrationsgeschichte“ unter den Folgen der Pandemie leiden würden. Für alle Betroffenen sei es „besonders wichtig“, dass Schulen und Kitas nicht mehr geschlossen werden, erklärte sie. Sie werde „alles daran setzen“, die Belange von Familien und jungen Menschen in der Pandemie weiterhin im Blick zu haben. (dpa/mit afp)