Für die Briten steht das erste Weihnachtsfest ohne die Queen an. Ihr Sohn wird an ihrer Stelle die Ansprache halten. Viele Briten konnten sich Charles nicht auf dem Thron vorstellen. Nach 100 Tagen hat sich einiges geändert.
Royals nach dem Tod der QueenSo liefen die ersten 100 Tage für Prinz Charles
„Obwohl es eine Zeit der Fröhlichkeit und der großen Freunde für viele ist, kann Weihnachten hart für jene sein, die geliebte Menschen verloren haben.“ Diese Worte stammen aus der letzten Weihnachtsansprache von Königin Elizabeth II. im Jahr 2021. Damals sprach sie über ihren nur wenige Monate zuvor verstorbenen Ehemann Prinz Philip. Jetzt, ein Jahr später, wird ihr Sohn, König Charles III., an ihrer Stelle die jährliche Rede halten. Dann wird den Briten noch einmal schmerzlich bewusst werden, dass sie nun nicht mehr da ist, ihre einstige Monarchin, die Queen.
Viele Briten konnten sich Charles nicht auf dem Thron vorstellen
100 Tage ist es am heutigen Samstag her, dass König Charles III. das Amt von seiner verstorbenen Mutter übernommen hat. Es war ein Moment, den viele Menschen auf der Insel fürchteten, weil sie sich den Thronfolger nicht als Monarchen vorstellen konnten. Doch dann kam es anders als gedacht. Als der damals 73-Jährige am 9. September das erste Mal vor dem Buckingham-Palast erschien, jubelte ihm die Menge zu.
Es war eine überraschende Wendung. Schließlich waren noch im Mai dieses Jahres einer YouGov-Umfrage zufolge nur rund ein Drittel der Briten davon überzeugt, dass Charles ein guter König sein würde. Neuere Erhebungen bestätigen jedoch, dass ihn inzwischen immer mehr Menschen in dieser Rolle akzeptieren. „Er hatte einen guten Start“, bestätigte auch Pauline MacLaran, Royal-Expertin an der Royal-Holloway-Universität in London. „Seine Thronbesteigung verwandelte den unglückseligen Erben in einen würdevollen Souverän“, kommentierte die „New York Times“.
Viele Auftritte in der Öffentlichkeit
Zu seinem positiven Bild trug bei, dass sich der nun 74-Jährige in den vergangenen Wochen viel in der Öffentlichkeit zeigte. Bei seinen Besuchen in Krankenhäusern, Schulen und Kirchen in Schottland, Nordirland und Wales gab sich Charles III. locker und gut gelaunt. Dabei ließ er sich – entgegen dem Protokoll – sogar gelegentlich umarmen. Auch seine einstige Geliebte Camilla, mit der er inzwischen seit über 17 Jahren verheiratet ist, wird zunehmend respektiert.
Schaut man genauer hin, läuft jedoch nicht immer alles glatt für den Monarchen. So wurde er Anfang November von einem 23-Jährigen in York, einer Stadt im Nordosten Englands, mit Eiern beworfen. Der junge Mann wollte damit einer Reporterin zufolge gegen den Umgang des Königshauses mit der Kolonialgeschichte demonstrieren. Das Land sei „auf dem Blut der Sklaverei“ errichtet worden, soll der Angreifer gerufen haben.
Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Königshauses war überdies ein Vorfall im Buckingham-Palast Ende November. Die Aktivistin Ngozi Fulani berichtete, dass sie bei einer Veranstaltung Königin Camillas von der Hofdame Lady Susan Hussey immer wieder gefragt worden sei, wo sie herkomme, auch nachdem Fulani betont hatte, dass sie in London geboren wurde. Die schwarze Aktivistin deutete dies als Ausdruck des strukturellen Rassismus im Königshaus. In einer eilig formulierten Mitteilung verurteilte der Palast die Aussagen der Hofdame.
Netflix-Serie über Meghan und Prinz Harry brint Unruhe ins Königshaus
Und in dieser Woche bewiesen Herzogin Meghan und Prinz Harry, dass auch sie das Königshaus „nicht mit Samthandschuhen anfassen“, wie die britische Tageszeitung „The Times“ es beschrieb. Das Paar hatte Großbritannien im Januar 2020 den Rücken gekehrt, um in den USA ein neues Leben zu beginnen. Nachdem es wegen schwerwiegender Anschuldigungen ihrerseits schon zuvor zu einem Bruch mit dem Palast gekommen war, veröffentlichten sie nun ihre Doku-Serie „Harry & Meghan“ bei Netflix. Darin erzählen sie viel über sich, ihre Biografie, wie sie sich kennenlernten; wettern jedoch auch gegen die königliche Familie, wieder einmal.
König Charles gab sich bislang unbeeindruckt von der Doku-Serie, jedenfalls nach außen. Dem Prinzip seiner Mutter folgend, das lautete: „Never complain, never explain“ („Beschwere dich nie, erkläre dich nie“), ließ er die Vorkommnisse unkommentiert und ging stattdessen seiner Pflicht nach. Tatsächlich sei es für Charles eine schwierige Aufgabe, mit dem aktuellen Klima umzugehen, so Andrew Blick vom King’s College in London im Gespräch mit unserer Redaktion: „Der Ton ist rauer geworden, die Kritik am Königshaus schärfer.“ Umso gefährlicher sei es dann, öffentlich Stellung zu nehmen.
Als hätten die Royals nicht genug mit aktuellen Krisen zu tun, wurden zudem in den vergangenen Wochen alte wieder aufgewärmt. Die fünfte Staffel der Netflix-Serie „The Crown“, die Anfang September erschien, handelt unter anderem von der Ehe zwischen Diana und Charles und dessen Affäre mit Camilla. Sie erinnerte auch daran, wie umstritten Königin Elizabeth II. in den frühen 90er-Jahren war. Damals, so stellt es die Serie dar, hätten viele Menschen das Gefühl gehabt, dass die Queen den Bezug zum Volk verloren habe.
Als die Königin starb, überwog jedoch ganz klar das Wohlwollen und der Respekt für die Lebensleistung der 96-Jährigen, die viele Britinnen und Briten liebevoll als die Großmutter der Nation bezeichneten. Im Juni dieses Jahres hatte sie sich noch zweimal öffentlich bei den Feierlichkeiten zu ihrem 70. Thronjubiläum gezeigt – einem gigantischen Fest mit einer Flugshow, Paraden und einem Konzert zu ihren Ehren. Tausende Menschen jubelten ihr damals zu und sagten damit „Thank You Ma’am“ – „Vielen Dank“.