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„Deutschpflicht“Kinderarzt wehrt sich gegen Rassismusvorwürfe – umstrittenes Schild vor Praxis entfernt

Lesezeit 3 Minuten
Der Kinderarzt Ulrich Kuhn aus dem baden-württembergischen Kirchheim unter Teck muss sich wegen eines Hinweisschilds an seiner Praxis viel Kritik anhören. Er hatte angekündigt, bei fehlenden Deutschkenntnissen Kinder nur in Notfällen behandeln zu wollen.

Der Kinderarzt Ulrich Kuhn aus dem baden-württembergischen Kirchheim unter Teck muss sich wegen eines Hinweisschilds an seiner Praxis viel Kritik anhören. Er hatte angekündigt, bei fehlenden Deutschkenntnissen Kinder nur in Notfällen behandeln zu wollen.

Ein Kinderarzt hatte angekündigt, Kinder nur in Notfällen behandeln zu wollen, sollte es an den entsprechenden Deutschkenntnissen fehlen.

Ein Kinderarzt sieht sich nach einem umstrittenen Schild in seiner Praxis im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt. Ulrich Kuhn hatte in seiner Praxis ein Schild aufgehängt und erklärt, Kinder und Eltern ohne entsprechende Deutschkenntnisse nur in Notfällen behandeln zu können.

„Wir sprechen hier in der Praxis ausschließlich Deutsch! Sollte eine Kommunikation aufgrund fehlender deutscher Sprachkenntnisse nicht möglich sein und auch kein Dolmetscher persönlich anwesend sein, müssen wir eine Behandlung – außer in Notfällen – zukünftig ablehnen“, heißt es auf dem Schild, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet.

Rassismusvorwürfe: Kinderarzt führt Deutschpflicht für Behandlungen ein – Welle der Empörung

In den sozialen Medien hatte das Schild eine Welle der Empörung ausgelöst. Es sei diskriminierend und rassistisch, hieß es seitens einiger Nutzer. Auf der Gegenseite gab es auch viel Zuspruch für Kuhn und seine Praxis. Schließlich sei es wichtig, Deutsch zu sprechen, um auch eine vernünftige Behandlung durchführen zu können.

So begründet auch Ulrich Kuhn die Entscheidung gegenüber den „Stuttgarter Zeitung“: „Das Problem ist, dass Patienten einfach kommen und weder Eltern noch Kinder verstehen, was wir sagen. Diese Sprachbarriere ist Realität.“ Er habe schon immer Kinder jeder Hautfarbe und Herkunft versorgt.

Baden-Württemberg: Kinderarzt hängt umstrittenes Schild in Praxis auf – Mangel an Deutschkenntnissen

Durch zunehmende Belastung seien Praxen dazu gezwungen, mehr Kinder zu versorgen und somit effizienter zu agieren. Ärzte müssten Kinder und Eltern zu ihrer medizinischen Vorgeschichte und möglichen Vorerkrankungen befragen und auch über mögliche Risiken von Untersuchungen und Impfungen hinweisen.

„Das alles ist ohne, dass man sich sprachlich versteht, nicht möglich. Wenn wir nicht dafür sorgen, begeben wir uns nicht nur in eine rechtliche Grauzone, sondern in eine tiefschwarze“, führt Kuhn weiter aus. Die Eltern müssten bei einer Impfung einwilligen. Dabei muss sichergestellt werden, dass sie auch alles verstanden hätten.

Kritik an Deutschpflicht beim Kinderarzt: „Absurd, uns Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen“

Übersetzungs-Apps seien dabei nicht die Lösung: „Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man radebrechend in ein Restaurant geht, um sich etwas zu bestellen, oder ob wir rechtssicher behandeln müssen. Dazu muss ich selber wissen, was ich gesagt habe. Uns da eine Form der Diskriminierung zu unterstellen oder gar Fremdenfeindlichkeit ist absurd.“

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) erklärte, das Schild sei nicht auf Empfehlung des Berufsverbands aufgehängt worden. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg zeigt Verständnis: „Sie sind in einer Situation, die für sie kaum lösbar ist: Auf der einen Seite möchten sie Patienten behandeln. Auf der anderen Seite müssen sie Patienten aufklären, müssen sie über Behandlungen und Therapien informieren. Dafür ist ein Mindestmaß an Kommunikation erforderlich.“

Kuhn hat das Schild in seiner Praxis mittlerweile abgehängt. „Wir haben das Schild jetzt ausgetauscht, weil wir denken, dass die Botschaft – insbesondere durch den ganzen Medienrummel – jetzt all unsere Patienten erreicht hat, die es wissen müssen“, so der Kinder - und Jugendarzt weiter. (shh)