Die Ära des „globalen Brodelns“ habe begonnen, warnt die UN. US-Präsident Joe Biden spricht von einer „existenziellen Bedrohung“.
„Existenzielle Bedrohung“Forscher sicher: Wir erleben den heißesten Monat „in der Geschichte der Menschheit“
Der diesjährige Juli ist nach UN-Angaben höchstwahrscheinlich der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und vermutlich seit tausenden Jahren „beispiellos“. Es sei „extrem wahrscheinlich, dass der Juli 2023 der heißeste Juli und auch der heißeste Monat in den Aufzeichnungen“ sei, teilten die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus am Donnerstag mit. Dies sei ein Vorgeschmack auf die Zukunft des Klimas auf der Welt, warnten die Beobachter.
„Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres in New York. Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.
Klimakrise spürbar wie nie: Weltweite Hitzewellen sorgen für Rekord-Temperaturen
In den ersten drei Wochen dieses Monats hatten die weltweiten Durchschnittstemperaturen angesichts von Hitzewellen in vielen Regionen bereits deutlich über den Werten der vergangenen Jahre gelegen. Insbesondere Teile von Europa, Asien und Nordamerika waren von Hitzewellen und verheerenden Waldbränden betroffen.
Alles zum Thema Europäische Union
- Nach umstrittener Wahl Opposition in Georgien ruft zu neuen Protesten auf
- Georgien, Türkei und Ukraine EU knüpft Beitritt an Bruch mit Russland
- Rundschau-Debatte des Tages Neue Zölle auf chinesische E-Autos – ein Fehler?
- Wahlen in Georgien Zehntausende gehen gegen Wahlergebnis auf die Straße
- Wahlen in Moldau Moldaus Präsidentin beklagt „Angriff auf Demokratie“ nach EU-Referendum
- Vor richtungsweisender Parlamentswahl Zehntausende demonstrieren für Europa in Georgien
- Starker Einfluss prorussischer Kräfte Präsidentenwahl und EU-Referendum in Moldau beendet
Copernicus-Direktor Carlo Buontempo erklärte, die Messungen in diesem Monat stächen aus den seit den 1940er Jahren registrierten Wetterdaten heraus und seien „bemerkenswert“. Die aktuellen Temperaturen seien so viel höher als in früheren Jahren, dass die Wissenschaftler sich schon vor Ende des Monats sicher seien, dass im Juli ein neuer Hitze-Rekord erreicht worden sei.
Weltweite Klimakrise: „Das sind die höchsten Temperaturen in der Geschichte des Menschen“
Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen „in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos“ seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte „sehr wahrscheinlich“ sogar für die vergangenen 120.000 Jahre. „Das sind die höchsten Temperaturen in der Geschichte des Menschen“, erklärte die stellvertretende Copernicus-Direktorin Samatha Burgess dem US-Sender CNN zufolge.
Nach Angaben der WMO waren die acht Jahre bis 2022 die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen – trotz der abkühlenden Wirkung des Wetterphänomens La Niña. Dieses wich nun dem wärmenden Phänomen El Niño, das sich allerdings voraussichtlich erst später im Jahr verstärkt zeigen wird.
Bereits der Juni war laut Copernicus der heißeste Juni weltweit seit Beginn der Aufzeichnungen. Es sei unwahrscheinlich, dass der Hitzerekord im Juli dieses Jahr ein isoliertes Ereignis bleibe, erklärte Copernicus-Direktor Buentempo. „Das extreme Wetter, von dem im Juli viele Millionen Menschen betroffen waren, ist leider die harte Realität des Klimawandels und ein Vorgeschmack auf die Zukunft“, erklärte der Generalsekretär der WMO, Petteri Taalas.
Heftige Hitzewellen erfassen Südeuropa, USA und Teile Chinas
Der britische Professor Jim Skea erklärte unterdessen, er werde „eine vernünftige Mischung aus Realismus und Optimismus“ in seine neue Rolle als Leiter des Weltklimarates IPCC mitbringen. Er sei der festen Überzeugung, dass die Menschheit gegenüber der globalen Erderwärmung nicht machtlos sei. „Wir müssen deutlich machen, dass die Menschen Entscheidungen treffen und über ihre eigene Zukunft entscheiden können“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Insbesondere der Mittelmeerraum, der Süden der USA und Teile Chinas haben in den vergangenen Wochen heftige Hitzewellen erlebt. Angesichts von Temperaturen von mehr als 40 Grad brachen etwa in Griechenland und Algerien zahlreiche heftige Waldbrände aus. Laut einer Schnellanalyse des Forschungsnetzwerks World Weather Attribution (WWA) wären diese Hitzewellen ohne den menschengemachten Klimawandel „praktisch unmöglich“ gewesen.
US-Präsident Joe Biden: „Niemand kann die Auswirkungen des Klimawandels leugnen“
Wetterextreme wie Hitzewellen nehmen Wissenschaftlern zufolge als Folge des globalen Klimawandels an Intensität und Häufigkeit zu. Die Erde hat sich seit Beginn des industriellen Zeitalters bereits um etwa 1,2 Grad erwärmt. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad zu begrenzen. Nach jetzigem Stand steuert die Erde aber auf eine gefährliche Erwärmung von etwa vier Grad zu.
US-Präsident Joe Biden bezeichnete am Donnerstag die Klimakrise als „existenzielle Bedrohung“ und kündigte lindernde Maßnahmen gegen Extremwetter an. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand mehr die Auswirkungen des Klimawandels leugnen kann“, sagte der US-Präsident. (das/afp)